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15. Oktober 2020
Wer wissen möchte, was dabei herauskommt, wenn im Gesundheitswesen das nackte Profitstreben, Shareholder value und Konzerndenken regiert, möge sich Zur Rose-Chef Walter Oberhänsli und seine Äußerungen auf dem Kongress der deutschen Versandapothekers zu Gemüte führen. Er meint allen Ernstes, man dürfe, ja man müsse die seit 800 Jahren gültige strikte Trennung vom Arzneiverordner (Arzt) und Arzneiabgeber (Apotheker) hinterfragen und prüfen, ob sie noch zeitgemäß sei. Mein liebes Tagebuch, wie entlarvend und durchsichtig ist das denn! Natürlich, man kann über alles nachdenken, man kann alles hinterfragen – vor allem, wenn solche Gedankenansätze von Außenstehenden, von neutralen Personen kommen. Aber wenn solche Fragen ein Konzernchef stellt, der unter seinem Dach Telemediziner und Arzneiversender vereint, dann ist klar, dass ein solches Hinterfragen nicht allgemeiner Natur ist, sondern Absichten dahinter stehen. Sein Vorstoß ist so simpel und billig – warum sagt er nicht gleich: Ich möchte die Trennung von Arzt und Apotheker abschaffen, oder noch besser: Ich möchte, dass unsere Teleärzte nur das verschreiben, was wir an Lager haben, was wir versenden können und was uns größtmöglichen Profit bringt. Mein liebes Tagebuch, nicht mehr und nicht weniger steckt hinter seinem „Man muss doch mal die Frage stellen dürfen…“ Also, um es auf den Punkt zu bringen – die einzige Antwort auf Oberhänslis Frage lautet: Das Edikt von Salerno, die Trennung des Arzt- und Apothekerberufs, ist so genial und perfekt, dass diese Trennung nicht nur weitere 800 Jahre Bestand haben sollte, sondern ewig. Unsere Patienten danken es uns.
Unser Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG), oder besser: das, was davon nach über eineinhalb Jahren noch übrig ist, scheint nun endgültig auf der Zielgeraden zu sein. Voraussichtlich am 29. Oktober wird das Plenum des Bundestags das VOASG verabschieden, Anfang November dürfte der Bundesrat folgen und dann könnte das Gesetz noch in diesem Jahr in Kraft treten. Mein liebes Tagebuch, Kritiker meinen: Das Beste an dem übrig gebliebenen Fragment ist sein Name – der allerdings nicht halten kann, was er verspricht. Wie auch! Denn das VOASG steht im Wesentlichen zum einen für ein viel zu niedriges Honorarvolumen für pharmazeutische Dienstleistungen, die die Krankenkassen nicht wollen und von denen die ABDA nur diffuse Vorstellungen hat, und zum andern für eine Gleichpreisigkeit bei Rx-Arzneimitteln, die nur für die GKV-Verordnungen gilt. Mehrere Gesundheitspolitiker und Juristen gehen davon aus, dass das VOASG schon bald beklagt werden wird und vor dem Europäischen Gerichtshof landet. Möglich, dass es der EuGH absegnet, aber auch gut möglich, dass es dann vorbei ist mit der Stärkung der Vor-Ort-Apotheken.
11 Kommentare
AvP ? -Pleite ; neee Systempleite
von Bernd Jas am 18.10.2020 um 21:52 Uhr
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In der Tat ...
von Gunnar Müller, Detmold am 18.10.2020 um 18:22 Uhr
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Perspektive
von Reinhard Rodiger am 18.10.2020 um 16:55 Uhr
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Überraschend niedriges Niveau, allenthalben
von Wolfgang Müller am 18.10.2020 um 14:33 Uhr
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AW: Überraschend niedriges Niveau,
von Reinhard Herzog am 18.10.2020 um 17:08 Uhr
AW: Überraschend niedriges Niveau,
von Wolfgang Müller am 18.10.2020 um 18:08 Uhr
Wettrennen der Bedenkenträger ...
von Reinhard Herzog am 18.10.2020 um 13:16 Uhr
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Lauter werden
von Friedemann Ahlmeyer am 18.10.2020 um 9:46 Uhr
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AW: Lauter werden
von Dr.Diefenbach am 18.10.2020 um 10:03 Uhr
.
von Anita Peter am 18.10.2020 um 8:25 Uhr
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AW: Das wird die Zeit zeigen...
von Andreas P. Schenkel am 18.10.2020 um 17:46 Uhr
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