Arzneimittel-Lieferengpässe

Mehr Europa – und vor allem mehr Transparenz!

Stuttgart - 03.12.2020, 17:50 Uhr

Im Rahmen der „Konferenz zur zukünftigen Arzneimittelversorgung in der Europäischen Union“ wurde die Stellung Europas bei Arzneimittelengpässen erörtert und die Bedeutung von mehr Transparenz betont. (Foto: artjazz / stock.adobe.com)

Im Rahmen der „Konferenz zur zukünftigen Arzneimittelversorgung in der Europäischen Union“ wurde die Stellung Europas bei Arzneimittelengpässen erörtert und die Bedeutung von mehr Transparenz betont. (Foto: artjazz / stock.adobe.com)


FDA ist bei Qualitätsprüfung handlungsfähiger

Müller erklärte auch, dass die Sartan-Krise gezeigt habe, dass die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA in der Qualitätsprüfung vor Ort Europa überlegen sei. Sie sei handlungsfähiger, auch in Drittstaaten. Inspektionen sind im Rahmen der Pandemie zurückgefahren worden. Man könne die Zeit, also historisch gewachsene Lieferketten, nicht zurückdrehen, aber die Qualität müsse stimmen. Auch politische Maßnahmen können Lieferketten beeinflussen, das hat Corona gezeigt, aber auch erste Krankenkassen haben sich mit Rabattverträgen die Verbesserung von Lieferketten zum Ziel gesetzt.

Müller betonte auch, dass Europa nicht komplett abhängig von Drittländern ist – beispielsweise bei Impfstoffen sei dies nicht so. „Wir haben in Europa durchaus auch Bereiche in puncto Arzneimittel, in denen wir exportieren. Die EU ist tatsächlich Netto-Exporteur insgesamt betrachtet“, sagte er. Die Komplexität der Arzneimitteltherapie könne aber nicht komplett in der EU abgebildet werden. Vor allem im Bereich der Generika, Antibiotika und Intensivtherapie müsse man dennoch unabhängiger werden. Es bräuchte also eine Liste, auf deren Grundlage Maßnahmen erfolgen. Schließlich sei auch wichtig, dass die Arzneimittelherstellung in Europa nicht nur eine Frage der Versorgung, sondern auch des Know-hows ist.

Müller betonte zudem, dass Regeln, Meldepflichten und eventuelle Sanktionen nicht die Kommunikation mit Anwendern, Ärzten und Apothekern ersetzen könnten. Sanktionen würden nicht unbedingt die Versorgungssituation verbessern. 

Am Ende sei auch die EU nur ein Player auf dem globalen Markt. Man müsse sich also mit „Argumenten“ auf bestimmte Bereiche „konzentrieren“ – Produktionsstätten in bestimmten Drittstaaten könnten nicht einfach diskriminiert werden. Erpressbar dürfe man aber auch nicht sein. 

Auch der Diskussion um finanzielle Fragen und Innovationen muss man sich laut Müller als EU stellen. Die Impfstoffe seien im Rahmen der Corona-Krise ein gutes Beispiel: Während etwa Masken und Beatmungsgeräte eine Art Rückgrat bildeten, seien Impfstoffe und Innovationen die Hoffnungsträger. Man habe Technologien wie die mRNA-Impfstoffe über Risikokapital am Leben gehalten und forsche ja nicht erst seit Corona daran. Innovationen bräuchten stabile Förderung, wobei man sich nicht allein auf den Preis konzentrieren solle. Die wirtschaftlichen Anreize sollten mindestens so hoch sein wie etwa in der Automobilindustrie oder Telekommunikationsbranche.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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