Arzneimittel-Lieferengpässe

Mehr Europa – und vor allem mehr Transparenz!

Stuttgart - 03.12.2020, 17:50 Uhr

Im Rahmen der „Konferenz zur zukünftigen Arzneimittelversorgung in der Europäischen Union“ wurde die Stellung Europas bei Arzneimittelengpässen erörtert und die Bedeutung von mehr Transparenz betont. (Foto: artjazz / stock.adobe.com)

Im Rahmen der „Konferenz zur zukünftigen Arzneimittelversorgung in der Europäischen Union“ wurde die Stellung Europas bei Arzneimittelengpässen erörtert und die Bedeutung von mehr Transparenz betont. (Foto: artjazz / stock.adobe.com)


Mehr Transparenz – nicht nur in Schwellenländern 

Am zweiten Konferenztag ging es schließlich darum, kurz- und langfristige Lösungsansätze zur Bewältigung von Lieferengpässen aufzuzeigen; ein Problem, das schon lange besteht, aber unter dem Brennglas der Corona-Pandemie noch stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit getreten ist. Das wurde von verschiedenen Teilnehmern der Konferenz betont.

Apotheker:innen, die das Lieferengpassthema gezwungenermaßen schon lange begleiten, wissen, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gerne den Unterschied zwischen Lieferengpässen und Versorgungsengpässen betont – auch wenn dieser Unterschied im Apothekenalltag oft nicht so direkt zu spüren ist. So erklärte BfArM-Präsident Karl Broich, dass man es mit echten Versorgungsengpässen wie in der Pandemie nur zu tun habe, wenn es nicht genügend Alternativen gebe.

Er betonte aber auch, dass es mehr Transparenz braucht, wenn man in Zukunft Lieferengpässe vermeiden möchte. Dabei geht es nicht nur um die Produktion in Schwellenländern. Er benannte in diesem Zusammenhang auch Norditalien und die Beispiele Melphalan, Epirubicin und Propofol

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Broich verwies zudem auf die Schritte – hin zu mehr Transparenz –, die man in Deutschland etwa im Rahmen der Nitrosamin-Krise bereits gegangen ist. Man habe extra die Gesetzgebung in Deutschland geändert. DAZ.online berichtete darüber: Mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) trat im Sommer 2019 auch eine neue Transparenzvorschrift in Kraft. Der oder die Wirkstoffhersteller von Arzneimitteln sollten künftig in einer öffentlichen Datenbank zu finden sein. Allerdings: Als DAZ.online im September dieses Jahres nachhakte, was aus der geplanten Datenbank geworden ist, teilte das BfArM mit, dass „es – bedauerlicherweise – noch keinen neuen Stand“ gibt. Man verwies auf ein laufendes Klageverfahren und konnte keine Aussage zum Zeithorizont machen, wann öffentliche Informationen über Wirkstoffhersteller verfügbar werden.

Außerdem hat der Gesetzgeber mit dem Fairer-Kassenwettbewerb-Gesetz den 2016 beim BfArM etablierten „Jour Fixe zu Liefer- und Versorgungsengpässen“ auf neue Füße gestellt. Er ist seit diesem Sommer ein gesetzlich verankerter Beirat der Behörde (§ 52b Abs. 3b Arzneimittelgesetz). Und Broich erwähnte auch die neue Befugnis des BfArM, Daten und Informationen zu existierenden und drohenden Lieferengpässen von pharmazeutischen Unternehmen und Großhändlern abzufragen. 

Den Aspekt der Transparenz griff schließlich auch Thomas Müller, Leiter der Abteilung Arzneimittel, Medizinprodukte, Biotechnologie des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG), auf. Man verfolge die im Rahmen der Nitrosamin-Krise gesetzten Transparenz-Ziele weiter, hieß es. Sie seien unverzichtbar für jede weitere Maßnahme. Eine entsprechende gesetzliche Regel sei auch auf EU-Ebene notwendig. Wie DAZ.online berichtete, dürften vor allem die Arzneimittelhersteller an dieser Stelle Einwände haben.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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