STIKO-Empfehlung zur Corona-Impfung

Wer wird zuerst geimpft und warum?

Stuttgart - 18.12.2020, 17:50 Uhr

Der größte Risikofaktor für schwere bis tödliche COVID-19-Verläufe ist das Alter. Deswegen erhalten Menschen ab 80 Jahren die ersten Corona-Impfstoffe. (Foto: imago images / ANP)

Der größte Risikofaktor für schwere bis tödliche COVID-19-Verläufe ist das Alter. Deswegen erhalten Menschen ab 80 Jahren die ersten Corona-Impfstoffe. (Foto: imago images / ANP)


Es wird zunächst nicht genügend Corona-Impfstoffe für alle geben, sollten in Kürze die Zulassungen von BNT162b2 und mRNA-1273 in der EU kommen. Deswegen muss priorisiert werden, um den gesundheitlichen und gesellschaftlichen Schaden so gering wie möglich zu halten. Die STIKO hat zu diesem Zweck nun ihre Empfehlungen zur COVID-19-Impfung veröffentlicht. Obwohl Männer tendenziell eher an Corona sterben, sollen diese demnach nicht prioritär geimpft werden.

Am 21. Dezember 2020 will das CHMP der Europäischen Arzneimittelagentur seine Empfehlung zur Corona-Vakzine BNT162b2 von Biontech/Pfizer für die EU bekannt geben. Mit hoher Wahrscheinlichkeit rät der Humanarzneimittelausschuss zur bedingten Zulassung des Corona-Impfstoffs in der EU. Die EU-Kommission folgt in aller Regel den Empfehlungen des CHMP. Bereits am 27. Dezember könnte es also losgehen mit Corona-Impfungen auch in Deutschland.

Nicht alle können sofort geimpft werden

Nur wer soll als erstes geimpft werden? Dazu hat sich die STIKO Gedanken gemacht und ihre „STIKO-Empfehlungen zur COVID-19-Impfung“ im „Epidemiologischen Bulletin 2|2021“ veröffentlicht. „Grundsätzlich ist ein allgemeiner, gleichberechtigter Zugang zur Impfung für alle anzustreben“, aufgrund von anfänglicher Impfstoffknappheit sei jedoch eine Priorisierung nötig. Die Priorisierungsstrategie verfolge das übergreifende ethische Ziel, möglichst viel gesundheitlichen und gesellschaftlichen Schaden durch die COVID-19-Pandemie zu verhindern, begründet die Ständige Impfkommission ihre Empfehlungen. Durch die beginnenden COVID-19-Impfungen sollen fortan schwere COVID-19-Verläufe mit Hospitalisierung und Todesfällen verhindert werden, beruflich besonders exponierte Personen geschützt, die Übertragungen verhindert und das öffentliche Leben sowie staatliche Funktionen aufrechterhalten werden.

Die ersten beiden Ziele sind „aufgrund der Datenlage zu den zur Zulassung anstehenden Impfstoffen erreichbar“, erklärt die STIKO. Ihre Zuversicht liegt an den bislang veröffentlichten Wirksamkeitsdaten zu den Vakzinen. Die Wirksamkeiten der am besten erforschten und in der Entwicklung am weitesten fortgeschrittenen Impfstoffe liegt bei 94,1 Prozent (mRNA-1272, Moderna) und bei 95 Prozent (BNT162b2b, Biontech/Pfizer). Nicht sicher beurteilen kann die STIKO bislang, ob durch Impfungen auch die Ausbreitung des Virus verhindert wird (drittes Impfziel), für die mRNA-Impfstoffe liegen hierzu derzeit keine Daten vor. Ergebnisse aus Tiermodellen und Beobachtungen in einer ersten Phase-III-Studie mit einem COVID-19-Vektorimpfstoff ließen jedoch vermuten, dass die Impfstoffe auch die Transmission reduzierten. Und schließlich gibt es Daten von Impfstoffen gegen andere Infektionskrankheiten, durch die deren Eindämmung gelang: „Die Wirksamkeit anderer Impfstoffe hinsichtlich der Verhinderung der Transmission von Virus durch Geimpfte lässt mit Berechtigung vermuten, dass auch durch die COVID-19-Impfstoffe die Transmission von SARS-CoV-2 in der Bevölkerung reduziert wird“, denkt die STIKO.

Alles entscheidender Risikofaktor ist das Alter

Die STIKO priorisiert in sechs Stufen. Zunächst sollen deswegen diejenigen Menschen eine Impfung erhalten, die ein besonders hohes Risiko für schwere oder tödliche Verläufe einer COVID-19-Erkrankung haben. Gleichfalls sollen Personen als erstes geimpft werden, wenn sie beruflich besonders exponiert sind oder in engem Kontakt zu vulnerablen Personengruppen stehen:

  • Bewohner:innen von Senioren- und Altenpflegeheimen
  • Personen im Alter von ≥ 80 Jahren
  • Personal mit besonders hohem Expositionsrisiko in medizinischen Einrichtungen
  • Personal in medizinischen Einrichtungen mit engem Kontakt zu vulnerablen Gruppen
  • Pflegepersonal in der ambulanten und stationären Altenpflege
  • Andere Tätige in Senioren- und Altenpflegeheimen mit Kontakt zu den Bewohner:innen

Zuallererst: Menschen ab 80 Jahren und Bewohner von Alten- und Pflegeheimen

Innerhalb der ersten Stufe bewertet die STIKO Menschen ab einem Alter von 80 Jahren und die Bewohner:innen von Alten- und Pflegeheimen als „besonders gefährdet“. Deswegen sollten diese Personen ganz zu Beginn geimpft werden. Die STIKO erklärt: „Der alles entscheidende Risikofaktor für eine schwere COVID-19-Erkrankung ist das zunehmende Alter > 60 Jahre“. Vorerkrankungen und Schwangerschaft spielen nach Analyse der STIKO eine „untergeordnete Rolle“ bei COVID-19.

In Stufe zwei sollen – bei zunehmender, doch immer noch limitierter Impfverfügbarkeit – geimpft werden:

  • Personen im Alter von 75 – 79 Jahren
  • Personal mit hohem Expositionsrisiko in medizinischen Einrichtungen
  • Personen mit einer Demenz oder geistigen Behinderung in Institutionen
  • Tätige in der ambulanten oder stationären Versorgung von Personen mit Demenz oder geistiger Behinderung
  • Personen mit Down-Syndrom (Trisomie 21)

Personen mit Down-Syndrom hätten ein erhöhtes Mortalitätsrisiko, begründet die STIKO ihre Zuteilung. So sei für Menschen mit Down-Syndrom aufgrund zahlreicher Komorbiditäten (wie schwere angeborene Herzfehler, Störungen der Immun- und Lungenfunktion) das Risiko für COVID-19-bedingten Tod 10-fach [HR: 10,4 (95% KI 7,1 – 15,2)] erhöht, verglichen mit der Normalbevölkerung. Diese Sterblichkeit sei vergleichbar mit der von 75- bis 79-Jährigen (pOR 7,4 95% KI 2,97 18,4)].

Adipöse, Nierenkranke und Organtransplantierte in Stufe 3

In die ersten beiden Stufen fallen 8,6 Millionen (Stufe 1) und 7 Millionen (Stufe 2) Risikopersonen. In der dritten Stufe werden Personen im Alter zwischen 70 und 74 Jahren geimpft, Organtransplantierte, Personen mit Vorerkrankungen mit hohem Risiko (Adipositas ab 30 kg/m2, chronische Nierenerkrankungen) sowie Bewohner:innen und Tätige in Gemeinschaftsunterkünften (Asylunterkünfte, Kinder- und Jugendheime, Frauenhäuser). Auch enge Kontaktpersonen von Schwangeren sowie Pflegende von Personen mit hohem Risiko erhalten in Stufe drei eine Corona-Impfung, gleichermaßen Personal, das nur ein mäßiges Expositionsrisiko in medizinischen Einrichtungen hat und Teilbereiche des ÖGD (Öffentlicher Gesundheitsdienst).

Wie kommt die STIKO zu diesen Priorisierungen?

Für ihre Einschätzung hinsichtlich der Risikoerhöhung durch Vorerkrankungen für schwere oder tödliche COVID-19-Verläufe oder krankheitsbedingte Hospitalisierungen hat die STIKO zahlreiche Studien gesichtet. Sie fand für die meisten Erkrankungen nur moderate Risikoerhöhungen für Hospitalisierungen. Nur für Herzinsuffizienz, chronische Nierenerkrankungen, Diabetes mellitus und Organtransplantationen lag der Effektschätzer über 2 (Risiko doppelt so hoch), für Adipositas knapp unter 2. Im Hinblick auf die Mortalität erhöhen vor allem Organtransplantationen (Effektschätzer 4,2), Demenzen (Effektschätzer 2,24) und Adipositas (Effektschätzer 1,82) das Sterberisiko unter COVID-19.

Stufe vier berücksichtigt Lehrer und psychisch Kranke

In Stufe vier sollen bei weiterhin erforderlicher Impfpriorisierung

  • Personen im Alter von 65 – 69 Jahren
  • Personen mit Vorerkrankungen mit moderat erhöhtem Risiko (psychiatrische Erkrankungen, zum Beispiel bipolare Störung, Schizophrenie und schwere Depression), chronische Lebererkrankung, Immunkompromittierung, Diabetes mellitus, Arrhythmie/Vorhofflimmern, HIV-Infektion, Koronare Herzkrankheit, Herzinsuffizienz, zerebrovaskuläre Erkrankungen/Apoplex, Autoimmunerkrankungen, COPD, Krebserkrankungen, arterielle Hypertonie, rheumatologische Erkrankungen, Asthma bronchiale und deren engste Kontaktpersonen
  • Personal mit niedrigem Expositionsrisiko in medizinischen Einrichtungen
  • Lehrer:innen, Erzieher:innen und
  • Personen mit prekären Arbeits- und/oder Lebensbedingungen

gegen Corona geimpft werden.

In der vorletzten Kategorie, Stufe fünf, erhalten Personen im Alter zwischen 60 und 64 Jahren und Personal in Schlüsselpositionen der Landes- und Bundesregierungen eine Impfung. Des Weiteren fallen in diesen Impfzyklus Beschäftigte im Einzelhandel und Beschäftigte zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit mit erhöhtem Expositionsrisiko sowie Berufsgruppen der kritischen Infrastruktur.

Zuletzt, Stufe sechs, werden alle Unter-60-Jährigen geimpft. Die STIKO fand bei ihrer Studienanalyse, dass für jüngere Menschen unter 60 Jahren auch bei Vorliegen einer Vorerkrankung die Wahrscheinlichkeit, an COVID-19 zu sterben, deutlich niedriger ist als bei älteren Menschen, unabhängig davon, ob sie vorerkrankt sind oder nicht.

Trotz höherer Mortalität: Männer werden nicht bevorzugt geimpft

Auch wenn Männer eine gegenüber gleichaltrigen Frauen etwas höhere Hospitalisierungs- und Mortalitätsrate haben, hat die STIKO entschieden, Männer nicht zu priorisieren. Auch Kinder berücksichtigt die Ständige Impfkommission aktuell in ihren Impfempfehlungen nicht, da in absehbarer Zeit die COVID-19-Impfstoffe nicht für Kinder zugelassen sein würden. Allerdings laufen derzeit schon Studien, die die Wirksamkeit und Sicherheit von Corona-Impfstoffen auch bei Kindern untersuchen. Die STIKO will deswegen die Datenlage fortlaufend neu bewerten.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

Lungenerkrankungen

von Scherber Heike am 09.01.2021 um 18:54 Uhr

Sehr geehrtes Team,
Wie lange müssen die warten die eine
Lungenerkrankung haben und schon operiert sind?

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Corona impfung

von Günther Jauer am 19.12.2020 um 9:29 Uhr

Wo melde Ichi mich zur Impfung an wenn ich Sauerstoff abhängig bin und daher nicht in ein Impfzentrum gehen kann

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Corona impfung

von Martine *** am 31.12.2020 um 8:11 Uhr

Hallo, das müssen Sie am besten Ihren Arzt oder Facharzt fragen, der sich um Sie kümmert. Ihr Lungenarzt ? Oder Sie machen es kürzer, Sie buchen normal Ihren Termin zur Impfung je nachdem in welcher Gruppe Sie sind. Und wenn Sie erstmal dort sind, bekommen Sie vor der Impfung ein Gespräch mit dem zuständigen Arzt im Impfzentrum. Der wird Ihnen schon sagen ob Sie geimpft werden können oder nicht. Sie können aber auch schon mal jetzt an die Arbeit gehen, es gibt im
Internet eine Website wo man die ärztlichen Formulare zur Aufklärung und Vorerkrankungen ausfüllen muss. Die muss man dann mitnehmen oder Sie müssen die dort ausfüllen (besser im voraus !) Die verteilen wohl was dort. Diese Formulare sind zwar hier für NRW, aber ich denke mal das wird überall gleich sein ?! https://www.mags.nrw/coronavirus-impfablauf
Lassen Sie Ihre Ärzte/Fachärzte fallen, die wissen selber nix. Machen Sie das so wie ich es Ihnen rate, denn jeder Arzt erzählt ja was anderes. Noch ein Tip , buchen Sie Online (Link ist im Internet), da kommt dann eine Schnellprüfung, ob Sie in der richtigen Gruppe sind, dann 2 Code per SMS muss man dann eintragen und weiter, ist schwierig. Machen Sie’s mit jemandem zusammen. Die 2 Code müssen Sie zu beiden Terminen dort mitnehmen mit Bescheinigungen Ihrer Krankenakte, man muss alles schriftlich beweisen. Reisepass mitnehmen.
Die 2 Code habe ich, Problem, das Datum passt uns nicht, weil die machen für 6 Wo. weil nicht genug Impfstoff. Bei uns stand Termin bis zum 18.01.. nicht machbar wir haben anderes Januar zu tun und wollten Februar, ging nicht. 1 Code ist nur 2x verwendbar, d. h. nur 1x buchen und Sie können nur 1x absagen oder stornieren und neu buchen. Beim 2. Code für 2. Termin das Gleiche. Sie können 1 Code nicht ein 2. mal abändern, Ist dies der Fall verlieren Sie alle Codes und müssen alles neu machen. Rufen Sie besser nicht an, die fragen Sie sonst aus und Sie bekommen gar kein Termin mehr u. telefonisch dauert das eine Ewigkeit bis man überhaupt dran kommt. Online haben Sie Ihre Ruhe und da fragt Sie keiner. Den Termin, den Sie aber Online bekommen heißt aber nicht, dass Sie geimpft werden, der Arzt entscheidet das dort, der mit Ihnen die ausgefüllten Formulare durchgeht. Der Onlinetermin ist nur eine Erstentscheidung dort hinzukommen, die End-Entscheidung, ob Sie geimpft werden fällt dann dort.
Die Formulare in PDF zum Abspeichern u. Ausdrucken sind 1 Aufklärungsbogen durchzulesen und zu unterschreiben ob Sie einverstanden sind oder nicht und das 2. Formular sind Ihre Vorerkrankungen und Krankheiten auszufüllen und mitzunehmen.
So, wünsche viel Erfolg und guten Rutsch ins neue Jahr - Bleiben Sie gesund !!! Vielleicht erfährt than ob es bei Ihnen geklappt hat ? LG, Martine (weibl)

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