Apotheke statt Aldi

Mattheis setzt bei Corona-Selbsttests auf Apotheken

Berlin - 25.02.2021, 13:45 Uhr

Könnten Corona-Schnelltests ein Baustein sein, um die aktuell geltenden Beschränkungen teilweise zu lockern? Die Bundespolitiker sind uneins. (Foto: IMAGO / photonews.at)

Könnten Corona-Schnelltests ein Baustein sein, um die aktuell geltenden Beschränkungen teilweise zu lockern? Die Bundespolitiker sind uneins. (Foto: IMAGO / photonews.at)


Statt bei Aldi in der Schütte, soll es Corona-Selbsttests lieber in den Apotheken geben. Das meint zumindest die SPD-Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis. Sie schlägt vor, zum Beispiel Schüler:innen Gutscheine bereitzustellen, die diese dann in den Offizinen einlösen können.

Schnelltests für jedermann – das ist der Plan von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Ursprünglich wollte er seine Nationale Teststrategie bereits zum 1. März erweitern. Vorgesehen sind unter anderem für die Bürger:innen kostenlose PoC-Antigentests zum Beispiel in Apotheken und die Ausgabe von Selbsttests gegen eine „geringe Eigenbeteiligung“. Die ersten drei Corona-Schnelltests für den privaten Gebrauch hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte inzwischen zugelassen, theoretisch ist der Verkauf an medizinische Laien seit einer Anpassung der Medizinprodukte-Abgabeverordnung Anfang Februar erlaubt.

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Wann nun die Gratis-Tests für alle kommen, steht allerdings in den Sternen: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte Spahn ausgebremst. Sie will das Vorhaben zunächst bei der nächsten Bund-Länder-Schalte mit den Ministerpräsidenten der Länder besprechen. Dennoch beschäftigte sich heute das Plenum im Bundestag mit der Schnelltest-Offensive. Anlass war ein von der FDP-Fraktion vorgelegter Antrag, in dem die Liberalen fordern, im Zuge der Ausweitung der Corona-Tests auch Lockerungen der derzeit geltenden Beschränkungen des öffentlichen Lebens zu ermöglichen.

Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann, der den Antrag federführend für seine Fraktion eingebracht hatte, betonte heute in Berlin, bei Vorliegen eines negativen Testergebnisses und Einhalten der Hygieneregeln sollte die Bundesregierung den Menschen ein Stück Freiheit zurückgeben und zum Beispiel den Besuch von Restaurants und Fitness-Studios gestatten. Dem widersprach der CSU-Abgeordnete Stephan Pilsinger: Er erwarte trotz aller Euphorie über die Schnelltests schon bald einen erneuten Anstieg der Fallzahlen – nämlich dann, wenn die britische Virus-Mutante den Wildtyp weitgehend verdrängt haben werde.

Apothekenpflicht für Heimtests?

Nach dem aktuellen Wissensstand sei die britische Mutante im Vergleich etwa 50 Prozent ansteckender und bringe oftmals schwerere COVID-19-Verläufe mit sich. Die Schnelltests seien ein gutes Instrument, wenn man etwa täglich in Kitas teste, mehr aber nicht. Denn das Ergebnis sei eine Momentaufnahme und dürfe niemanden von den Corona-Maßnahmen entbinden. Zudem ließen sich mit Schnelltests hauptsächlich hochansteckende Personen herausfiltern, bei asymptomatischen Anwendern seien sie dagegen im Vergleich zur PCR-Testung weniger aussagekräftig.

Was den Stellenwert der Schnelltests in Bezug auf mögliche Lockerungen betrifft, wurden jedoch auch andere Stimmen aus der Großen Koalition laut. Die SPD-Gesundheitsexpertin Hilde Mattheis sieht in den Zulassungen der ersten Heimtests einen „Einstieg in die Normalität“. Dabei bezieht sie sich insbesondere auf Kinder und Jugendliche. Für sie wünscht sich Mattheis tägliche Tests, die „neben der Zahnbürste“ stehen müssten. Vorab gelte es jedoch sicherzustellen, dass auch tatsächlich genügend Tests verfügbar seien, mahnte sie mit Blick auf Spahn. Zunächst müsse alles gut organisiert und durchgeplant sein. Zudem solle die Einführung von einer breit angelegten Aufklärungskampagne begleitet werden.

Mattheis: Test-Gutscheine für Schüler:innen

Wie die Tests vertrieben werden sollten, steht für Mattheis fest: Dass die Bürger:innen sich in jedem Discounter bedienen können, lehnt sie ab. Stattdessen, so die Sozialdemokratin, müssten etwa Schüler:innen Gutscheine für die Tests bekommen, die sie dann in den Apotheken einlösen können. „Wir müssen die Tests so implementieren, dass sie Vertrauen schaffen“, sagte Mattheis. Vorher bleibe jedoch zu klären, wie die Apotheken die Ausgabe der Tests abrechnen sollen. Denn für die Anwender:innen müssten die Tests in jedem Fall kostenlos sein, unterstrich sie. Dass ausgerechnet Mattheis nun indirekt eine Apothekenpflicht für Corona-Selbsttests fordert, überrascht: Noch vor knapp einem Monat hatte sie den Apotheker:innen unterstellt, bei dem Gedanken an die Schnelltests schon die „Dollarzeichen in den Augen“ zu haben.



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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3 Kommentare

AW: AW: Alternativen?

von Gefrusteter am 01.03.2021 um 11:43 Uhr

Ich kann Ihnen versichern, dass Apotheker, die Ihren Job ernst nehmen, am Markt nicht "reussieren"!
Wenn's gut läuft, gleicht das Coronageschäft die Verluste des letzten Jahres und das ausgefallene Erkältungsgeschäft irgendwie aus - und auch das kann man eigentlich nicht laut sagen, weil Sozis und Grüne sonst sofort wieder losplappern, dass es den Apotheken viel zu gut geht. Was aber garantiert nicht stimmt!

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Politischer Knieschuß für schnelle möglichst sichere Eigentests.

von ratatosk am 25.02.2021 um 18:39 Uhr

Durch die Entscheidung die Discounter mit hinzuzuziehen hat Spahn wieder einmal eine sinnvolle Aktion zerschossen. Denn durch die höheren Einkaufsvolumen sind diese sicher billiger, Beratung fällt ja auch weg !! Daher sind aber alle Apotheken gehemmt Tests zu bestellen und zu investieren, da der Discounter nebenan eben kurz nach Eintreffen der Tests diese billiger in Schütte schmeißt und man dann auf den Tests sitzenbleibt und tausende Euros schnell mal abschreiben kann. Man kann also auf billig und beratungslos setzen, dann muß man das auch so sagen !
Von der Seriosität des Internetbezugs, Lieblingsplatz der Grünen , brauchen wir nicht mal zu reden, wenn schon Banden Impfstoffe gegen Corona zu faken beginnen. Aber die Lernkurve hier ist leider negativ.
Den vernünftigen Weg hohe Einkaufsmengen zu realisieren indem man über den Bund oder die Bundesländer einkauft und dann wie bei den Masken über die Apotheken abgeben zu lassen, will man aus schwer verständlichen Gründen nicht gehen. Schade, wieder mal verbockt.

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AW: Alternativen?

von Holger am 26.02.2021 um 9:49 Uhr

Die Tests halte ich, im Gegensatz zu den Masken, für beratungsbedürftig und es gäbe eine erheblichen Mehrwert, wenn man die über die Apotheken anbieten würde. Und wenn diese Qualität politisch gewünscht ist, muss man es eben auch apothekenexclusiv machen, weil sonst genau das eintritt, was der Vorredner prognostiziert.

Den Apothekern sei aber der Zahn gezogen, dass sie einerseits staatlich gesicherte und alimentierte Abgabestelle mit garantiertem Ertrag sein, andererseits aber als freier Unternehmer am Markt reüssieren können - entweder, oder.

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