Ausgabe von Schutzmasken

BMG begrüßt Urteile zum Verzicht auf Einzug der Eigenbeteiligung

Berlin - 04.03.2021, 13:45 Uhr

In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag stellt sich das Ministerium hinter ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf, wonach der Verzicht auf Einzug der Eigenbeteiligung bei der Ausgabe von Schutzmasken unzulässig ist. (Foto: IMAGO / Martin Wagner)

In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag stellt sich das Ministerium hinter ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf, wonach der Verzicht auf Einzug der Eigenbeteiligung bei der Ausgabe von Schutzmasken unzulässig ist. (Foto: IMAGO / Martin Wagner)


Die Werbeaktionen einiger Apotheken, die ihren Kund:innen die Eigenbeteiligung von 2 Euro bei Ausgabe der Schutzmasken erließen, sind dem Bundesministerium für Gesundheit nicht entgangen. In der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag stellt sich das Ministerium hinter ein Urteil des Landgerichts Düsseldorf, wonach diese Praktik unzulässig ist. Zudem behält sich das Ministerium vor, die Apotheken zu überprüfen, sollten sich Unregelmäßigkeiten bezüglich der ausgegebenen und abgerechneten Menge an Schutzmasken abzeichnen.

Die Ausgabe von Schutzmasken an insgesamt mehr als 35 Millionen Bundesbürger:innen stellt die Apotheken hierzulande vor enorme Herausforderungen. Zu allem Übel entwickelte sich daraus auch noch eine Kontroverse innerhalb des Berufsstands. Denn manch ein Betrieb warb zum Beispiel damit, mehr Masken auszugeben als vorgesehen oder auf die Eigenbeteiligung von 2 Euro je Berechtigungsschein für Senior:innen und Risikopatient:innen zu verzichten – sehr zum Ärger der Kolleg:innen.

Alsbald musste sich auch das Landgericht Düsseldorf mit dem Masken-Marketing von Apotheken befassen. Die Wettbewerbszentrale war in dieser Sache gegen die Easy Apotheke Holding vorgegangen – und die Düsseldorfer Richter verstanden beim Verzicht auf Einziehen der Eigenbeteiligung keinen Spaß: Sie untersagten diese Werbemaßnahme mit der Begründung, die Eigenbeteiligung solle zur verantwortungsvollen Inanspruchnahme der Schutzmasken durch die Bürger:innen beitragen und damit in deren Interesse das Marktverhalten der Apotheken regeln. Weitere Gerichte folgten inzwischen dieser Auffassung.

FDP hakt bei Maskenausgabe nach

In der Antwort auf eine Kleine Anfrage, die der Abgeordnete Wieland Schinnenburg federführend für die FDP-Fraktion im Bundestag eingebracht hatte, äußert sich nun das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) in dieser Angelegenheit. „Grundsätzlich ist zu bemerken, dass eine Bewertung der Zulässigkeit von Werbeaktionen der Prüfung im Einzelfall vorbehalten ist“, betont der unterzeichnende Parlamentarische Staatssekretär Thomas Gebhart zunächst. Doch auch er unterstreicht, dass die Eigenbeteiligung in Höhe von 2 Euro je Abgabe von sechs Schutzmasken „zur verantwortungsvollen Inanspruchnahme der Berechtigung zum Bezug von Schutzmasken“ beitragen soll. „Insofern ist es nach Auffassung der Bundesregierung wichtig, dass die Eigenbeteiligung tatsächlich eingezogen wird.“ Denn die Coronavirus-Schutzmaskenverordnung regele im Interesse der anspruchsberechtigten Personen, dass alle Apotheken flächendeckend und schnell und unter den gleichen Bedingungen Schutzmasken abgeben.

Auch zu der umstrittenen Festlegung der Erstattungspreise für die Ausgabe der Masken äußert sich Gebhart. Zur Erinnerung:  Zunächst waren für die Ausgabe bei Vorlage eines fälschungssicheren Vouchers 6 Euro je Maske eingeplant, inzwischen hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die Vergütung für die Apotheken um etwa ein Drittel gekürzt. Hierzu stellt Gebhart klar: „Der Erstattungspreis von 6 Euro je Maske einschließlich Umsatzsteuer ging wesentlich auf eine vom BMG in Auftrag gegebene Markterhebung zurück. Diese ergab zu den Preisentwicklungen in den unterschiedlichen Maskenklassen zum Stichtag 9. Oktober 2020 einen Durchschnittspreis für FFP2-Masken von 4,29 Euro netto, entsprechend einem Bruttopreis von 5,11 Euro.“ Zudem habe das Ministerium bei der Festsetzung der Vergütung unter anderem die Beschaffungskosten, die Kosten für die Beratungsleistung gegenüber den Anspruchsberechtigten und die Kosten für eine gegebenenfalls notwendige Umverpackung von Schutzmasken berücksichtigt.

Apotheken tragen wirtschaftliches Risiko

Darüber hinaus habe es ebenfalls eine Rolle gespielt, dass die Apotheken auch das wirtschaftliche Risiko der Abgabe der Masken tragen, schreibt der Staatssekretär. Dieses habe sich jedoch in der Zwischenzeit relativiert. Die anschließende Absenkung der Vergütung auf 3,90 Euro brutto je Maske „trägt dem Umstand Rechnung, dass durch die Ausweitung des Kreises der Anspruchsberechtigten auf Bezieherinnen und Bezieher von Arbeitslosengeld II sowie die Pflicht zum Tragen von medizinischen Masken im öffentlichen Raum für die gesamte Bevölkerung der zu erzielende Gewinn für die Apotheken aus der Abgabe von Schutzmasken weiter steigt und das wirtschaftliche Risiko, beschaffte Schutzmasken nicht abgeben zu können, deutlich sinkt“.

Auch habe sich die Marktverfügbarkeit von FFP2-Masken erheblich verbessert und somit seien die Beschaffungskosten gesunken. „So haben vom BMG in Auftrag gegebene Stichproben ergeben, dass der durchschnittliche Großhandelspreis für FFP2-Masken bis Ende Februar 2021 von 1,62 Euro bei nachgewiesener Zertifizierung auf eine Preisspanne von 40 bis 80 Cent gefallen ist. Im Einzelhandel liegt demnach die Preisspanne derzeit zwischen 90 Cent und 1,50 Euro.“

Warum wurden die Masken nicht einfach verschickt?

Die FDP-Fraktion wollte des Weiteren wissen, weshalb das Ministerium die Ausgabe in den Apotheken gewählt hat und nicht etwa den Versand der Masken per Post oder Paketdienst. Dazu erläutert Gebhart: „Die Bundesregierung hat sich für die dezentrale Abgabe der Schutzmasken durch Apotheken entschieden, weil mit der Abgabe von mehreren hundert Millionen Schutzmasken innerhalb von nur vier Monaten erhebliche Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der Beschaffung der Schutzmasken, der Prüfung ihrer Qualität und der Beratung der Anspruchsberechtigten verbunden sind. Die Apothekerschaft verfügt neben den dafür erforderlichen Selbstverwaltungs- und Distributionsstrukturen auch über die notwendigen Beschaffungswege. Dies ist bei Paketdiensten nicht der Fall.“

Dass sie Anspruch auf die Masken haben, weisen Senior:innen und Risikopatient:innen durch Vorlage von Gutscheinen nach, die sie von ihrer jeweiligen Krankenkasse zugeschickt bekommen. Das ist zumindest seit dem 6. Januar der Fall: Zuvor hatten Apotheken in der ersten Phase der Ausgabe selbst prüfen müssen, wer zum Kreis der Begünstigten zählt. Auf die Voucher mussten sie und ihre Kund:innen eine ganze Weile warten – denn Spahn hatte entschieden, bei der Bundesdruckerei fälschungssichere Gutscheine für die Berechtigten zu ordern. Das erforderte neben Zeit auch Geld – und die FDP-Abgeordneten fragen, wie viel es denn gewesen ist.

Bei Auffälligkeiten droht Prüfung

„Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat zwischenzeitlich die vereinbarte Bestellmenge angepasst“, ist in der Antwort auf die Kleine Anfrage zu lesen. Sie belaufe sich nunmehr auf 35,3 Millionen Berechtigte à zwei Gutscheine, von denen bis auf einen Restbestand von 115.000 Stück (Stand: 22. Februar 2021) alle von der Bundesdruckerei versendet worden seien. Und das hat seinen Preis: „Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 9,6 Millionen Euro für den Druck der Berechtigungsscheine sowie auf weitere rund 360.000 Euro für ihre Lieferung von der Bundesdruckerei an die gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungsunternehmen beziehungsweise an die von ihnen mit der Versendung der Berechtigungsscheine beauftragten Dienstleister.“ Zudem erhalten die Krankenkassen und Krankenversicherungsunternehmen den Angaben zufolge je versendeten Brief einen Verwaltungskostenersatz in Höhe von 60 Cent.

Apotheken: Kein Interesse, mehr Masken abzugeben als vorgesehen

Insgesamt belaufen sich die Kosten für die über Berechtigungsscheine abzugebenden Schutzmasken laut BMG für den ersten Gültigkeitszeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 28. Februar 2021 auf rund 1,2 Milliarden Euro sowie für den zweiten Gültigkeitszeitraum vom 16. Februar bis zum 15. April 2021 rund 0,8 Milliarden Euro ohne Verwaltungskosten der Kassen, wobei diese „in erheblichem Ausmaß davon abhängen, in welchen Maße Berechtigungsscheine in den Apotheken eingelöst werden“. Es sei davon auszugehen, dass die Anspruchsberechtigen darauf achten, für die von ihnen vorgelegten Berechtigungsscheine nicht weniger als jeweils sechs Schutzmasken zu erhalten. „Die Apotheken wiederum haben angesichts der mit der Beschaffung und Abgabe der Schutzmasken verbundenen Kosten im Regelfall kein Interesse, mehr Schutzmasken als von der SchutzmV vorgesehen abzugeben.“

Vor diesem Hintergrund ist nach Auffassung der Bundesregierung eine Überprüfung nicht zwingend erforderlich. „Sollte es dennoch Hinweise auf Unregelmäßigkeiten geben, sind Überprüfungen möglich“, betont das BMG. „Apotheken und Rechenzentren haben die rechnungsbegründenden Unterlagen zur Abrechnung bis zum 31. Dezember 2024 unverändert zu speichern oder aufzubewahren, um eine Überprüfung der rechtmäßigen Verwendung der vom Bund erstatteten Mittel überprüfen zu können.“

„Bürokratische Katastrophe“ darf sich nicht wiederholen

Der drogenpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Wieland Schinnenburg, hält das gewählte Verfahren für rausgeschmissenes Geld. „Es ist richtig, vulnerable Gruppen zum Corona-Schutz mit Masken zu versorgen“, stellt er klar. „Gesundheitsminister Spahn hat aber ein viel zu bürokratisches und teures Verfahren gewählt.“ Insgesamt hat die Aktion den Staat rund 2,5 Milliarden Euro gekostet – viel zu viel, findet der Abgeordnete. „Es wäre deutlich günstiger gewesen, die Masken direkt per Post oder Paketdienst an die berechtigten Personen zu versenden. Dies hat die Bundesregierung aber nicht einmal geprüft. Ich fordere Gesundheitsminister Spahn auf, Masken und demnächst auch Corona-Selbsttests unbürokratisch und günstig zur Verfügung zu stellen. Eine wirtschaftliche und bürokratische Katastrophe wie bei der Schutzmaskenverteilung darf sich nicht wiederholen.“



Christina Müller, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (cm)
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

eher würde mich interessieren

von Karl Friedrich Müller am 04.03.2021 um 15:12 Uhr

Was ist mit den Scheinen, die zu spät verschickt wurden? Nach dem Ablaufdatum? Eigentlich haben die Leute ein Recht drauf?
Wo ist die pragmatische Lösung, dass die als Gutschein 2 abgerechnet werden können?
Man lässt uns und die Kunden im regen stehen

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