Sachverständigenrat-Gutachten zur Digitalisierung

Daten teilen heißt besser heilen

Berlin - 24.03.2021, 15:30 Uhr

Digitalisierung nutzen – zum Wohle der Patienten und Patientinnen. Das fordert auch der Gesundheits-Sachverständigenrat. (Foto: Pcess609 / stock.adobe.com)

Digitalisierung nutzen – zum Wohle der Patienten und Patientinnen. Das fordert auch der Gesundheits-Sachverständigenrat. (Foto: Pcess609 / stock.adobe.com)


Sachverständige für Opt-out-Lösung bei elektronischer Patientenakte

SVR-Mitglied Professor Petra Thürmann zeigte die Probleme – ebenso wie die nicht genutzten Potenziale – anhand der elektronischen Patientenakte (ePA) auf. Es sei immerhin ein Anfang, dass die Krankenkassen die ePA seit diesem Jahr ihren Versicherten anbieten müssen. Es sei wichtig, dass die Leistungserbringer sektorenübergreifend auf die Daten zugreifen könnten. Bislang sei es in der Regel  Aufgabe der Patient:innen, die Informationen zu übermitteln. Digital laufe lediglich die Abrechnung, so Thürmann.

Doch so wie die ePA jetzt ausgestaltet ist, bringt sie aus Sicht des SVR wenig. Patienten und Patientinnen müssen selbst entscheiden, ob sie sie überhaupt nutzen – und dann müssen sie bei jedem Besuch eines Leistungserbringers selbst aktiv werden und eine Einwilligung erteilen, wenn sie wollen, dass diese Zugriff auf die Daten bekommen. „Viel zu kompliziert“, findet Thürmann diese „Opt-in“-Variante. Der Sachverständigenrat plädiert hier für eine Opt-out-Lösung: Mit der Geburt sollte jede:r eine ePA bekommen und Ärzte und Ärztinnen verpflichtet werden, diese auch zu befüllen. Wenn ein Patient oder eine Patientin es will, können sie Daten „verschatten“ lassen, aber nicht löschen. Thürmann wie auch Gerlach ist klar: Diese Idee ist hierzulande nicht konsensfähig. Aber sie müsse zumindest diskutiert werden. Zumal andere Länder, für die gleichermaßen die Datenschutz-Grundverordnung gilt, derartige Möglichkeiten durchaus schaffen – etwa Dänemark und Estland.

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Auch in der Pandemie wäre man mit guten Daten gut gefahren, sind die SVR-Mitglieder überzeugt. So hätte man zum Beispiel ermitteln können, wer bei der Impfung besonders schnell berücksichtigt werden sollte. In Israel, so Gerlach, beruhe die Impfstrategie auf digitalen Grundlagen. Man hätte zudem Gesundheitsdaten mit Kontaktdaten verknüpfen und so den Gesundheitsämtern die Arbeit erleichtern können.

Der Rat ist überzeugt, dass das Patientenwohl der Maßstab sein muss, an dem Digitalisierung im Gesundheitswesen ausgerichtet und gemessen werden muss. Forschung wie auch Versorgung bräuchten dazu verwertbare Daten, die über jene hinausgehen, die schon über Abrechnungsdaten verfügbar sind, etwa Arzneimittelverordnungen. Nämlich die zugehörigen Behandlungsdaten etwa über Allergien, Blut- und Röntgenuntersuchungen.

Auf die Frage, wie zufrieden der Sachverständigenrat mit der Arbeit der bereits 2005 etablierten Gematik sei, erklärte Gerlach lediglich, dass eine solche Bewertung nicht Gegenstand des Gutachtens sei. Es würde ihm daher schwerfallen, für den gesamten Rat eine Einschätzung abzugeben. Eine persönliche wollte er ganz offensichtlich ebenfalls nicht äußern.

Das aktuelle Gutachten befasst sich überdies intensiv mit der Nutzung und Kostenerstattung von digitalen Gesundheitsanwendungen. Zudem erörtert es, wie die digitale Gesundheitskompetenz gesteigert und gefördert werden kann – in den Heilberufen im Besonderen und bei den Bürgeri:nnen im Allgemeinen. Es skizziert ferner die normativen, rechtlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen der Digitalisierung und die strategischen Schritte, die aus Sicht des SVR auf ein dynamisch lernendes Gesundheitssystem hin zu tun sind.

Das Gutachten wird nun dem Bundestag und Bundesrat zugeleitet und am 17. Juni 2021 bei einem Symposium mit der Fachöffentlichkeit diskutiert. Es ist unter www.svr-gesundheit.de abrufbar – auch in Form eines „Executive Summary“.



Kirsten Sucker-Sket / dpa
redaktion@daz.online


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