Studie zum Zyto-Skandal

Bottroper Krebspatienten erhielten durchschnittlich deutlich mehr Infusionen

Berlin - 14.04.2021, 09:15 Uhr

Im Mittel traten Rezidive bei den Brustkrebspatientinnen, die von der Bottroper „Alten Apotheke“ versorgt wurden, rund 2,5 Monate früher auf als in der Vergleichsgruppe. (Foto: Chanintorn.v / stock.adobe.com)

Im Mittel traten Rezidive bei den Brustkrebspatientinnen, die von der Bottroper „Alten Apotheke“ versorgt wurden, rund 2,5 Monate früher auf als in der Vergleichsgruppe. (Foto: Chanintorn.v / stock.adobe.com)


Längere Therapie, höhere Chance auf richtigen Wirkstoffgehalt?

„Es ist wichtig zu betonen, dass es sich hier um die Ergebnisse des Gruppenvergleichs handelt“, erklärt Haug: Es könne nicht geschlossen werden, dass die unterdosierten Zubereitungen aus der „Alten Apotheke“ bei keinem der betroffenen Patienten zu einem ungünstigeren Krankheitsverlauf geführt haben. „Man sollte aber auch bedenken, dass die längerfristigen Auswirkungen noch nicht abschließend beurteilt werden konnten. Dazu wäre eine noch längere Beobachtungszeit interessant.“ Laut Teilnehmern der Videokonferenz erwägt Laumann, weitere Untersuchungen zu finanzieren. 

Haug sieht einen möglichen Erklärungsansatz darin, dass bei den klinischen Verlaufskontrollen bei den von der „Alten Apotheke“ versorgen Patient:innen häufiger ein noch nicht ausreichender Therapieeffekt beobachtet wurde und deshalb länger therapiert wurde. Bei einer Razzia wies mehr als jede zweite sichergestellte Krebstherapie eine Unterdosierung auf, teils enthielten in der Apotheke hergestellte Infusionsbeutel nur Kochsalzlösung oder einen falschen Wirkstoff.

„Wenn es der Apotheker bei der Unterdosierung nicht gezielt auf bestimmte Patientinnen oder Patienten abgesehen hatte, wovon derzeit auszugehen ist, wäre es ein gewisser Zufallsprozess gewesen, welche Person wie oft eine Zubereitung erhielt, die nicht den ärztlich verschriebenen Wirkstoffgehalt aufwies“, heißt es in einer Zusammenfassung der Studie. Dementsprechend hätte sich bei einer Verlängerung der Therapie die Chance erhöht, dass die Person Zubereitungen mit normalem Wirkstoffgehalt erhielt. Dies könne erklären, warum die Häufigkeit des Auftretens von Rezidiven bei Brustkrebspatientinnen beziehungsweise des Versterbens bei Patienten mit nicht-soliden Tumoren nicht höher war als in der Kontrollgruppe. 

Patientinnen wie die Bottroperin Heike Benedetti, die auch in Demos vielfach eine gründliche Aufklärung des Skandals gefordert hatte, begrüßen die Studie: Auch da diese Schäden an Patienten und Patientinnen in den Vordergrund rückte, während es im Gerichtsprozess eher um Fragen des Abrechnungsbetrugs und von Verstößen gegen das Arzneimittelgesetz ging. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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