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Beschluss des Parteivorstands
Linke will Bevorzugung der Homöopathie beenden
Während die Grünen sich mit ihrer Haltung zur Homöopathie schwertun, hat der Parteivorstand der Linkspartei sich eindeutig positioniert: In einem Beschluss fordert er, dass „Mittel und Therapien, deren Wirkung nicht nachgewiesen werden kann, (…) nicht von der Solidargemeinschaft finanziert werden“. Im Fokus steht dabei die Homöopathie.
Zur Homöopathie und insbesondere zur Erstattung der homöopathischen Medikamente durch die gesetzlichen Krankenkassen gehen in den politischen Parteien die Meinungen durchaus auseinander. Vor allem bei den Grünen entfaltet die Diskussion seit dem Jahr 2019 eine erhebliche Dynamik – die Parteiführung hat seither alle Hände voll zu tun, um zu verhindern, dass das Thema den bevorstehenden Wahlkampf negativ beeinflusst. Eine klare Positionierung, die weder die Homöopathie-Anhänger noch die wissenschaftsorientierten Wähler vor den Kopf stößt, steht nach wie vor aus.
Anders die Linke. Der Parteivorstand hat nun in einem Beschluss vom 11. April eindeutig seine Haltung zur Homöopathie festgelegt. Darin fordert er unter anderem „eine Erstattung aller nötigen Hilfsmittel – neben Rollstühlen etc. schließt das auch Brillen, Kontaktlinsen und Zahnersatz mit ein, die bisher nicht oder nur in geringen Teilen von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden“. Im Gegenzug sollen „Mittel und Therapien, deren Wirkung nicht nachgewiesen werden kann, (…) nicht von der Solidargemeinschaft finanziert werden, sondern bei Wunsch privat bezahlt werden“. Das bezieht sich vor allem auf die Homöopathie: Die Linke, heißt es weiter, „erkennt den wissenschaftlichen Konsens, dass Homöopathie nicht über den Placeboeffekt hinaus wirkt, an“.
Verpflichtende Beratung über fehlende Wirksamkeit
Im Folgenden wird eine Reihe von Forderungen erhoben. So soll es keine Erstattung „von Homöopathie und anderen nicht-evidenzbasierten Behandlungsmethoden durch die gesetzlichen Krankenkassen“ mehr geben. Zudem soll sich auf homöopathischen Mitteln ein verpflichtender Hinweis finden „auf die nicht nachweisbare Wirkung über den Placeboeffekt hinaus“. Für die Apotheker von besonderem Interesse ist die Forderung, Patienten sowie Kunden „über die fehlende Wirksamkeit von Homöopathika über den Placeboeffekt hinaus vor dem Verkauf oder der Verschreibung homöopathischer Mittel“ verpflichtend aufzuklären. Diese Regelung soll durch eine unabhängige Behörde regelmäßig stichprobenartig überprüft werden, bei Verstößen soll eine Geldstrafe verhängt werden.
Darüber hinaus setzt die Linke auf Aufklärung über grundlegende medizinische Themen wie Homöopathie etc. sowie „auf eine Sensibilisierung für Esoterik, Anthroposophie und andere pseudowissenschaftliche oder kultische Bewegungen“. Dies solle „insbesondere an Schulen, im Medizin- und Pharmaziestudium“ erfolgen.
Zulassung nur bei Wirksamkeitsnachweis
Zwar heißt es in der Einleitung des Beschlusses, dass die homöopathischen Mittel auf Wunsch privat bezahlt werden können. Doch zugleich setzt sich die Linke für entscheidende Änderungen bei der Zulassung ein. In dem Beschluss fordert sie:
- Eine Aufhebung der Sonderstellung von Homöopathie und anderen sogenannten „Besonderen Therapierichtungen“ durch das Arzneimittelgesetz, das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch und weitere Rechtsvorschriften.
- Damit verbunden ein Ende der Sonderstellung von homöopathischen Mitteln im Registrierungs- und Zulassungsverfahren für Arzneimittel und folglich die Anwendung der normalen Zulassungsvoraussetzungen (Nachweis von Wirksamkeit, Qualität und Unbedenklichkeit in wissenschaftlichen Studien).
- Den Entzug der Zulassung für bereits auf dem Markt befindliche Homöopathika bei Nichterfüllung der neuen Zulassungsvoraussetzungen binnen eines Jahres.
Käme es wirklich zu den geforderten Maßnahmen, dann würden die homöopathischen Arzneimittel völlig vom Markt verschwinden. Damit hätte sich dann auch die Diskussion um eine Erstattung durch die gesetzliche Krankenversicherung erledigt. Gut möglich, dass hier bewusst Raum für Kompromisse geschaffen wurde, das heißt: keine Erstattung mehr, aber auch kein Entzug der Zulassung.
Gabelmann: kein Humbug
Dass die Meinungen bei der Linken hier durchaus auseinandergehen, zeigt ein Interview auf der Website des Verbands klassischer Homöopathen Deutschlands e.V. mit der Apothekerin Sylvia Gabelmann, Sprecherin für Arzneimittelpolitik und Patientenrechte der Fraktion Die Linke im Bundestag, aus dem Jahr 2019. Bezugnehmend auf ihre eigenen Erfahrungen als Apothekerin sagte Gabelmann damals: „Insofern weiß ich, dass Homöopathie eben kein Humbug ist, sondern eine Therapieform, die ihre Berechtigung hat.“ Auch zum Thema Erstattung durch die Krankenkassen hat Gabelmann eine klare Meinung: „Die Erstattungsfähigkeit ist ja sowieso schon eingeschränkt und dies noch weiter einzuschränken, halte ich für falsch.“
Zuvor gab es aber auch schon andere Töne. So äußerte die Linke Fraktion im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 gegenüber „Homöopathie online“: „Wir sehen es grundsätzlich kritisch, wenn mit Solidargeldern umstrittene Behandlungen finanziert werden, während eindeutig notwendige Maßnahmen wie Brillen und nichtrezeptpflichtige Arzneimittel von der Erstattung grundsätzlich ausgeschlossen sind. Wir nehmen zwar den Wunsch nach Erstattung von homöopathischen Behandlungen in Teilen der Bevölkerung zur Kenntnis. Wir sehen aber auch die Gefahr, dass die Krankenkassen dadurch lukrative Versicherte anlocken möchten oder die Homöopathie nur deshalb erstatten, weil sie kurzfristig kostengünstiger ist als anerkannte Therapien.“
BPH: Homöopathie nur noch für Besserverdienende
Auf heftige Kritik stößt der aktuelle Beschluss des Bundesvorstands der Linken beim Bundesverband Patienten für Homöopathie e. V. (BPH). „Mit der Forderung, die Homöopathie aus der GKV-Erstattung zu nehmen – in der sie nicht einmal Regelleistung ist – werden die Patientinnen und Patienten benachteiligt, die Homöopathie anwenden. Und das sind viele!“, heißt es in der Stellungnahme vom 19. April. Zudem sei der Vorstandsbeschluss ungerecht, „da sich nur noch Besserverdienende eine homöopathische Therapie leisten können“.
Des Weiteren wirft der BPH der Linken vor, dass ihr Beschluss die Patientensicherheit gefährde. Da Homöopathika ohne Indikation im Handel seien, benötigten Patienten eine fundierte Beratung. Dabei zitiert der BPH sogar Thomas Benkert, Präsident der Bundesapothekerkammer, mit folgender Aussage: “Die Apothekenpflicht von Homöopathika ist wirksamer Patientenschutz.” Allerdings ist im Beschluss der Linken keine Rede davon, dass die Apothekenpflicht von homöopathischen Arzneimitteln aufgehoben werden solle.
7 Kommentare
Grippe
von Robert Schrey am 27.04.2021 um 7:52 Uhr
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AW: Grippe
von Claudia Arnold am 29.04.2021 um 10:46 Uhr
Homöopathie
von Kristine Joop am 24.04.2021 um 0:02 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten
AW: Homöopathie und Quantenphysik
von Florian König-Heidinger am 25.04.2021 um 11:46 Uhr
AW: Homöopathie
von Claudia Arnold am 29.04.2021 um 10:48 Uhr
Linke will Bevorzugung der Homöopathie beenden
von jutta fehring am 23.04.2021 um 21:12 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Linke will Bevorzugung der Homöopathie
von Gast am 26.04.2021 um 11:56 Uhr
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