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Makelverbot und Plattformen
Bundestag verabschiedet Digital-Gesetz
Der Deutsche Bundestag hat am heutigen Donnerstag das Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungsgesetz (DVPMG) verabschiedet. Darin bringt die Große Koalition unter anderem ein gesetzlich verankertes Makel- und Zuweisungsverbot für den E-Rezept-Token auf den Weg. Die Initiatoren der Vor-Ort-Apothekenplattformen begrüßen das Vorhaben und sehen darin kein Problem hinsichtlich ihrer Zukunftspläne.
Der Bundestag gibt grünes Licht für das nächste Digitalisierungspaket aus dem Hause Spahn: Am heutigen Donnerstag verabschiedete er das sogenannte Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz. Darin enthalten sind auch wichtige Neuerungen für die Apothekerschaft. Eine davon betrifft das Zuweisen von E-Rezepten: „Erlaubnisinhaber und Personal von Apotheken dürfen […] mit Dritten keine Rechtsgeschäfte vornehmen oder Absprachen treffen, die eine bevorzugte Lieferung bestimmter Arzneimittel, die Zuführung von Patienten, die Zuweisung von Verschreibungen oder die Fertigung von Arzneimitteln ohne volle Angabe der Zusammensetzung zum Gegenstand haben“, heißt es bereits in § 11 Absatz Apothekengesetz (ApoG). In § 11 Absatz 2 wird ergänzt: „Dies gilt auch für Rechtsgeschäfte oder Absprachen, die die Zuweisung von Verschreibungen in elektronischer Form oder von elektronischen Zugangsdaten zu Verschreibungen in elektronischer Form zum Gegenstand haben.“
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Trotz Makelverbot: Versender genießen Vorteile
§ 11 Abs. 1a ApoG enthält sodann das Makelverbot, das Dritten verbietet, Verschreibungen zu sammeln, an Apotheken zu vermitteln oder weiterzuleiten und dafür für sich oder andere einen Vorteil zu fordern, sich einen Vorteil versprechen zu lassen, anzunehmen oder zu gewähren. Dies gilt bislang auch für auch Verschreibungen in elektronischer Form – und künftig eben auch den E-Token. Ein Verstoß kann als Ordnungswidrigkeit mit bis zu 20.000 Euro geahndet werden.
Das Makelverbot auch auf den Token – also den Schlüssel zum E-Rezept – auszuweiten, war seit Langem eine Forderung der ABDA gewesen. „Bisher war gesetzlich nämlich nur klar geregelt, dass bei den E-Rezepten, nicht aber bei den E-Rezept-Token die freie Apothekenwahl der Patientinnen und Patienten gewährleistet ist“, zitiert die ABDA ihre Präsidentin, Gabriele Regina Overwiening, dazu in ihrem Newsroom. „Drittanbieter hätten das ausnutzen können.“ Dem sei nun ein Riegel vorgeschoben. „Aus Verbraucherschutzgründen ist das absolut wünschenswert!“
Seit Bekanntwerden dieser Änderungen Anfang der Woche wurden aber auch kritische Stimmen laut: Könnten die Apothekenplattformen durch eine möglicherweise zu weitreichende Formulierung des Makel- und Zuweisungsverbot erheblich eingeschränkt oder in ihrer Funktionalität gegenüber den Nutzern und Apotheken ausgehebelt werden? Neben dem „Zukunftspakt Apotheke“ von Noweda/Burda, arbeiten Noventi/Phoenix zusammen mit den Partnern von Pro AvO an einer solchen Plattform mit Namen „gesund.de“. Und auch der Deutsche Apothekerverband (DAV) beabsichtigt ein Apothekenportal zeitnah anzubieten.
Bremst das Makelverbot die Plattformen aus?
Doch allein vor dem Hintergrund des Makelverbots lässt sich diese Frage nicht abschließend beantworten. Denn sowohl bei der ABDA als auch bei den Initiatoren der Plattformprojekte ist man dem Vernehmen nach sehr gespannt auf eine angekündigte Rechtsverordnung aus dem Bundesgesundheitsministerium, die regeln soll, welche rechtliche Stellung sogenannte Drittanbieter-Apps genießen werden. Die Verordnung soll beispielsweise klären, ob es für E-Rezept-Token weiterhin eine „Teilen“-Funktion geben wird und inwiefern weitere Apps neben der Gematik-App E-Rezepte empfangen, verwalten und weiterleiten dürfen.
Bei den Initiatoren der Plattformprojekte ist man sehr zuversichtlich, dass das Makel- und Zuweisungsverbot aus Patienten- und Apothekensicht eine wichtige rechtliche Klarheit schafft und die Funktionalität sowie Vorteile der Plattformen nicht beeinträchtigen wird. Noventi-Chef und gesund.de-Initiator Hermann Sommer geht beispielsweise fest davon aus, dass Nutzer den Token über die in der Gematik-App eingebauten Funktionen teilen können werden. Damit könnte der Token dem Verbraucher auch innerhalb eines geschlossenen Bereichs von gesund.de zugänglich und einsehbar gemacht werden. Das Sammeln, Vermitteln und Weiterleiten der E-Rezepte je nach Wünschen des Verbrauchers sei zur optimalen Nutzung der Mehrwerte für den Endkunden auch zwingend notwendig, so Sommer gegenüber der DAZ. „Wir sind sicher, dass wir das auch mit einem Makelverbot erbringen können.“ Oberste Priorität sei dabei die Maxime, dass „der mündige Patient bzw. Verbraucher selbst und frei entscheiden kann, wohin er sein E-Rezept schicken möchte“.
Auch beim „Zukunftspakt Apotheke“ von Noweda/Burda zeigt man sich sehr erfreut über die Absicht des Gesetzgebers, die Patienten darin zu stärken, über ihre E-Rezepte und Token frei entscheiden zu können. „Der Zukunftspakt Apotheke hat sich die Stärkung der Vor-Ort-Apotheken auf die Fahne geschrieben und begrüßt daher die Ergänzung des Makelverbots“, so ein Sprecher. Und weiter: „Die Freiheit der Patientinnen und Patienten, ihre Wunschapotheke selbst zu wählen, war von Beginn an ein wesentlicher Bestandteil der Konstruktion des Zukunftspakts und der apothekerbeherrschten Plattform ihreapotheken.de.“ Die nun avisierte Änderung wirkt sich nach Einschätzung der Zukunftspakt-Verantwortlichen derzeit nicht auf die Arbeit und weitere Pläne aus.
Neuer Fahrplan für bestimmte Digitalisierungsschritte
Neben dem für die Apotheker:innen besonders wichtigen Makelverbot für E-Rezept-Token passt der Gesetzgeber mit dem DVPMG auch den Fahrplan der Digitalisierung im Gesundheitswesen noch einmal an. So soll die Frist zur Übertragung der Daten von der elektronischen Gesundheitskarte in Online-Anwendungen der Telematikinfrastruktur (TI) um sechs Monate bis zum 1. Juli 2023 verlängert werden. Dann müssen Krankenkassen den Versicherten eine Benutzeroberfläche bieten, um den E-Medikationsplan der TI und die Patientenkurzakte auch über den Zugang zur elektronischen Patientenakte nutzen zu können.
Die Versicherten sollen zudem die elektronische Gesundheitskarte länger als Datenträger nutzen können als bisher im ersten Entwurf vorgesehen. Der Medikationsplan, die Notfalldaten und Hinweise zu persönlichen Erklärungen sollen dort auf Wunsch der Versicherten noch bis zum 1. Juli 2024 gespeichert werden können. Die Frist soll damit um 18 Monate verlängert werden. Diese Daten sollen zudem auch für Patienten ohne Smartphone und in Situationen ohne Internetzugang abrufbar sein. Wenn die Karte vor dem 1. Juli 2024 abläuft, soll die neue Karte diese Nutzungsmöglichkeiten weiterhin bieten. Sie könnte dann im äußersten Fall bis Juni 2029 genutzt werden.
Unabhängig von den verlängerten Fristen für Krankenkassen soll die Frist für die Gematik bestehen bleiben, die Voraussetzungen für den E-Medikationsplan als eigene Online-Anwendung in der TI bis zum 31. Oktober 2021 zu schaffen. Außerdem soll sie das vorgesehene Verfahren für genehmigungspflichtige Verordnungen so erweitern, dass damit auch die genehmigungspflichtigen Verordnungen für cannabishaltige Arzneimittel und für Einzelimporte von Arzneimitteln bearbeitet werden können.
Nationales Gesundheitsportal, digitale Identitäten und Telemedizin
Aber der Gesetzentwurf enthält noch viel mehr: So soll etwa das schon bestehende Nationale Gesundheitsportal im Sozialgesetzbuch V verankert werden. Es soll auch über die TI zugänglich sein. Vorgesehen sind Schnittstellen zur elektronischen Patientenakte und zur E-Rezept-App der Gematik: Die Versicherten sollen dann direkt auf Informationen des Portals, z. B. zu Arzneimitteln, zugreifen können.
Weiterhin ist die Einführung sogenannter digitaler Identitäten geplant, die ab Anfang 2024 in gleicher Weise wie die elektronische Gesundheitskarte zur Authentisierung der Versicherten im Gesundheitswesen und als Versicherungsnachweis dienen soll. Digitale Identitäten soll es aber auch für Leistungserbringer geben. Mit einer solchen soll künftig z. B. der Zugriff auf elektronische Verordnungen ermöglicht werden.
Darüber hinaus beschäftigt sich das DVPMG mit der Telemedizin. Durch eine kleine redaktionelle Ergänzung soll klargestellt werden, dass die ergänzende Bereitstellung der Telemedizin die bisherigen Notdienstleistungen nicht beeinträchtigt. Das Angebot ärztlicher Sprechstunden im Videoformat soll auf 30 Prozent begrenzt sein, aber die Selbstverwaltung soll aufgrund der Erfahrungen mit der Pandemie die Möglichkeit erhalten, befristet von dieser Begrenzung abzuweichen. Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit über eine ausschließliche Fernbehandlung soll begrenzt werden. Die festgestellte Dauer der Arbeitsunfähigkeit soll nicht über drei Kalendertage hinausgehen, und es soll keine Folgefeststellung möglich sein.
Der Entwurf wurde mit den Stimmen von SPD, Union und Grünen angenommen. AfD und Linke votierten dagegen, die FDP enthielt sich. Ende Mai ist der letzte Durchgang im Bundesrat geplant. Dann könnte das DVPMG zur Mitte des Jahres in Kraft treten. Das Gesetz ist nicht zustimmungspflichtig.
1 Kommentar
Sind die Ärzte unter Strafbewehrung dabei mit berücksichtigt worden?
von Andreas Grünebaum am 06.05.2021 um 18:52 Uhr
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