- DAZ.online
- News
- Debatte & Meinung
- Mein liebes Tagebuch
Bald ist es soweit: Die Priorisierung fällt, auch die Betriebsarztpraxen dürfen impfen und das Grüne Zertifikat, der digitale Impf-, Test- und Genesenen-Nachweis ist beschlossen und kommt – demnächst. Genau, da kommt was auf die Apotheken zu: die Belieferung der Betriebsarztpraxen mit Corona-Impfstoffen und die Wünsche von Geimpften, Getesteten und Genesenen, ihre Nachweise zu digitalisieren, sprich in die App eintragen zu lassen. Das sind neue Aufgaben für die Apotheken, also mehr Arbeit und wenig Holz. Die ABDA kann belegen, dass die Apotheken schon bei der Impfstoff-Logistik dramatisch unterfinanziert sind. Und dennoch, mein liebes Tagebuch: Impfnachweise zu digitalisieren sei zwar ein zusätzlicher Dienst, aber den wollen wir doch gerne leisten. Erleuchtung garantiert. Frohe Pfingsten!
17. Mai 2021
Der 7. Juni wird ein großer Tag! Mein liebes Tagebuch, dann fallen alle Schranken und Hüllen in unserer nationalen Impfkampagne. Am 7. Juni dürfen auch die Privat- und Betriebsärzte gegen COVID-19 impfen und die Priorisierung fällt. Jeder darf zur Impfung antreten in Impfzentren, in Arztpraxen jedweder Art, bei Betriebsarztpraxen – sofern er einen Termin bekommt und sofern es dann ausreichend Impfstoffe gibt. Und daher bittet unser Bundesgesundheitsminister auch weiterhin um Geduld: „Die Aufhebung der Priorisierung bedeutet nicht, dass alle innerhalb weniger Tage einen Termin bekommen.“ Nein, mein liebes Tagebuch, wäre auch zu schön. Aber ich gehe mal davon aus, dass unsere Impfzentren und alle Arztpraxen wirklich alles tun, quasi Tag und Nacht impfen werden, solange es Impfstoff gibt. Und das wird der limitierende Faktor sein, die Impfstofflieferungen. Hoffen wir, dass genug Nachschub kommt. Unsere Apotheken stehen bereit, die Impfstoffe an alle Arztpraxen zu verteilen.
18. Mai 2021
Demnächst in diesem Theater: Die Gültigkeitsdauer für ein normales GKV-Arzneimittelrezept (der „rosa Zettel“) und für ein Hilfsmittelrezept wird endlich vereinheitlicht und präzisiert. Ein solches Rezept ist dann nicht mehr wie bisher „einen Monat nach Ausstellung“ gültig (also je nach Monat 28 oder 30 oder 31 Tage), sondern immer 28 Tage. „Die Belieferungsfrist endet auch dann mit dem Ablauf ihres letzten Tages, wenn dieser auf einen Samstag, Sonntag oder einen gesetzlichen Feiertag fällt.“ Klare Ansage also und keine Retaxfalle mehr. Noch unklar ist allerdings, wann diese Regelung in Kraft tritt: Demnächst, wenn diese Arzneimittelrichtlinie im Bundesanzeiger veröffentlicht ist.
Das E-Rezept wirft seine Schatten voraus. Bereits seit Herbst 2019 läuft zum Beispiel ein E-Rezept-Modellprojekt im Rahmen der Initiative „Zukunftsregion Digitale Gesundheit“ in Berlin und Brandenburg, an dem rund 60 Apotheken und 25 Arztpraxen beteiligt sind. So um die 100 elektronische Verordnungen wurden bisher ausgestellt und eingelöst, wie die Chefin des Berliner Apotheker-Vereins, Anke Rüdiger, im DAZ-Interview sagt. Es sei schwieriger gewesen, die Ärzte für die Teilnahme an diesem Projekt zu gewinnen als die Apotheken und die Patientinnen und Patienten. Was sie auch sagte: Von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an diesem Projekt kam durchwegs ein positives Feedback. Mein liebes Tagebuch, das lässt sich gut an. Da ist es auch nicht verwunderlich, dass die Gematik die Region Berlin/Brandenburg für die finale Testphase zur Fokusregion auserkoren hat. Wie Frau Rüdiger wissen lässt, können sich interessierte Apotheken, die ab 1. Juli 2021 in der Fokusregion mitmachen möchten, noch an den Berliner Apothekerverein wenden. Na denn, wer jetzt mitmacht, hat einen Vorsprung.
19. Mai 2021
Die gute Nachricht der Woche: Grippeschutzimpfungen in Apotheken haben vor allem Menschen erreicht, die sich sonst nicht hätten impfen lassen. Und: Grippeschutzimpfungen in Apotheken sind sicher. Das sind die Ergebnisse des ersten Modellprojekts zur Durchführung von Grippeschutzimpfungen in Apotheken. Das Modellprojekt hatten der Apothekerverband Nordrhein und die AOK Rheinland/Hamburg beschlossen, die teilnehmenden Apotheken haben über 400 Impfungen durchgeführt. Wissenschaftlich begleitet hat das Projekt das Forschungsunternehmen May & Bauer. Das Fazit von Professor May: „In Anbetracht einer jährlichen Impflücke von rund 25 Millionen Menschen allein bei der Influenza können die Apotheken aus Versorgungssicht und aus gesundheitsökonomischer Perspektive einen entscheidenden Beitrag leisten, Erkrankungen und Todesfälle zu vermeiden und Kosten im Gesundheitswesen und der Volkswirtschaft einzusparen.“
Mein liebes Tagebuch, da nutzten auch die Unkenrufe der Ärzteschaft nichts: Die Apotheken haben die Grippeschutzimpfungen perfekt absolviert. Und Thomas Preis vom Apothekerverband Nordrhein freut sich darüber, dass mit dem zusätzlichen Impfangebot durch Apotheken mehr Menschen zur Grippeschutzimpfung bewegt werden konnten.
Mein liebes Tagebuch, wir haben es vernommen: Ab 7. Juni können auch die Betriebsärztinnen und Betriebsärzte gegen COVID-19 impfen. Wie schön! Für die Apotheken bedeutet das: Impfstofflieferungen in die Betriebsarztpraxen. Jaaa, das bedeutet mehr Arbeit, mehr Logistik. Und klar, es wird bezahlt, aber mit „kleinen“ Variationen nach unten: Ab der 101. Durchstechflasche im Monat gibt es 4,28 Euro netto und ab Vial Nummer 151 sind es 2,19 Euro netto. Für das Bundesgesundheitsministerin liegen die gekürzten Vergütungen auf der Hand: Mehr Vials in die gleiche Praxis bedeutet nur einen geringeren Mehraufwand, „der eine in der Höhe gestaffelte Vergütung in Abhängigkeit von der Liefermenge rechtfertigt“. Mein liebes Tagebuch, klar, eine Art Mengenrabatt. Andererseits eigentlich wollte das BMG doch prüfen, ob die „normale“ Vergütung von 6,58 Euro netto je Vial, ob Aufwand und Leistung im Verhältnis stehen. Die ABDA sollte dafür eine Erhebung vorlegen, wie hoch der tatsächliche Aufwand für die Impfstofflieferungen der Apotheke an Arztpraxen ist. Und das BMG wollte dann die Vergütung anpassen. Doch da ist bis jetzt noch nichts passiert, das BMG hat die ABDA-Erhebung wohl noch nicht angeschaut oder erschrocken zur Seite gelegt. Denn laut ABDA-Präsidentin Gabriele Overwiening habe man belegen können, dass die Apotheken in diesem Punkt „dramatisch unterfinanziert“ seien. Und so übergeht das BMG, wie zu erwarten war, das ABDA-Papier – zu einer raschen Anpassung der Vergütung für die Impfstofflogistik nach oben ist man im Hause Spahn sichtlich nicht bereit. Wie war das bei den Masken: Nach unten wurde umgehend gekürzt.
Kritik zu den Impfstoffvergütungen kommt auch von Holger Seyfarth, Chef des Hessischen Apothekerverbands. Er vermutet, dass die Kürzungen der von der Apotheke bestellten Liefermengen zunehmen werden, wenn die Betriebsärzte ab 7. Juni impfen dürfen. Schon heute werden die von den Arztpraxen bestellten Mengen an COVID-19-Impfdosen vor der Auslieferung über den Großhandel nach Vorgaben des BMG zum Teil drastisch gekürzt. Für die Apotheken bedeutet dies weniger Geld, da nur die gelieferten Vials bezahlt werden, aber Arbeit und Aufwand in der Apotheke bleiben gleich oder sind sogar größer. Mit der Belieferung der Betriebsarztpraxen und einem zweiwöchigen Bestellvorlauf wird, so Seyfarth, die Logistik weiter verkompliziert – und, mein liebes Tagebuch, für die Lieferungen an die Betriebsärzte gibt’s weniger Honorar pro Vial.
20. Mai 2021
Keine Expopharm als Präsenzveranstaltung, keine pharmazeutische Messe live in diesem Jahr – die Corona-Pandemie macht dem Veranstalter Avoxa und der ABDA einen Strich durch die Rechnung. Stattdessen soll es, wie schon im vergangenen Jahr, vom 12. bis 16. September eine digitale Alternative geben, die Expopharm Impuls: „Impulse zu ausgewählten Themenbereichen des Apothekenmarktes“. Nun gut, das ist das eine, und das andere, der Deutsche Apothekertag? Der findet in diesem Jahr statt! Alles andere wäre auch nicht erklärbar. Wir erinnern uns: Im vergangenen Jahr hatte man nicht die Traute, nicht den Mumm und vielleicht auch nicht die Lust für einen Apothekertag unter Pandemiebedingungen, als digitale oder zumindest als Hybrid-Veranstaltung. Doch die letztjährigen Ausreden zählen in diesem Jahr nicht mehr, und so findet der Deutsche Apothekertag ab 22. September in Düsseldorf statt. Die Eröffnungsveranstaltung und die Hauptversammlung mit Antragsdiskussion sollen unter entsprechenden Infektionsschutzauflagen in Präsenz durchgeführt werden. Zugelassen sind nur Delegierte und Organisationspersonal, aber keine Gäste. Alternativ sollen Delegierte aber auch online teilnehmen können. Und, mein liebes Tagebuch, da hoffen wir mal, dass zumindest eine Online-Teilnahme für alle Apothekers, die möchten, ermöglicht wird.
21. Mai 2021
Wenn es hoffentlich in naher Zukunft endlich den digitalen Impfpass gibt, trägt die impfende Person (also Arzt oder Ärztin) diese Impfung in das digitale COVID-19-Impfzertifikat ein, wenn es die geimpfte Person möchte. Auch Nachweise für Tests und für die Genesung sollen in Zukunft digital erfasst werden. Die EU hat den Weg frei gemacht für das sogenannte Grüne Zertifikat, mit dem EU-Bürgerinnen und -Bürger künftig ihre Corona-Impfung, ihre Genesung oder ihr negatives Testergebnis digital nachweisen können. Nun gibt es allerdings dieses digitale Dokument noch nicht, es muss noch durch einige Gremien der EU – und daher werden noch für einige Wochen solche Impf-, Test- und Genesungs-Nachweise auf Papier ausgestellt. Und jetzt aufgepasst, mein liebes Tagebuch, da kommt eine neue Aufgabe auf uns Apothekers zu: Wenn es denn im Sommer endlich soweit ist, dass es das Grüne Zertifikat gibt und wenn eine Person mit ihren Papierdokumenten zu uns in die Apotheke kommt und wünscht, dass der Nachweis einer COVID-19-Impfung oder einer Genesung im digitalen Impfzertifikat bescheinigt werden soll, dann haben wir das dort nachzutragen. Wir sind sogar gesetzlich dazu verpflichtet! Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass wir die Identität der geimpften Person (Personalausweis) und die Authentizität der vorgelegten Impfdokumentation prüfen konnten. Ist alles geprüft und im grünen Bereich, übermittelt die Apotheke diese Daten dann ans Robert Koch-Institut, das das Impf- sowie das Genesenenzertifikat technisch generieren wird. Was kommt da auf uns zu? Was fällt uns dazu ein? Einiges, mein liebes Tagebuch. Ich erinnere mich daran, dass wir oder zumindest der Apothekerverband noch vor zwei, drei Jahren (vor Corona) scharf darauf waren, die gelben Papier-Impfpässe zu kontrollieren und zu pflegen. Man wollte dies als eine Art von Präventionsleistung, als Unterstützung und Förderung von Impfungen verstanden wissen. Und jetzt dürfen, jetzt müssen wir. Von unserer ABDA-Präsidentin lesen wir: "Wenn wir Apothekerinnen und Apotheker vor Ort helfen können, dass wir die Impfnachweise in digitaler Form für die Menschen zur Verfügung stellen können, dann ist das hier ein zusätzlicher Dienst, den wir gerne leisten wollen." Sogar der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller begrüßt es, dass künftig auch die Apotheken die Nachtragungen im Impfausweis, im digitalen Impfzertifikat vornehmen dürfen.
Vor Ort in den Apotheken scheint die Freude darüber nicht von allen geteilt zu werden, bei manchen hält sie sich arg in Grenzen. Zum einen: Vor allem die Prüfung des Perso und der vorgelegten Dokumente auf Echtheit macht Arbeit, ebenso die elektronische Erfassung und Übermittlung ans RKI. Und zum andern: Wir müssen genau prüfen und dürfen keine offensichtliche Fälschung durchgehen lassen, denn das könnte Strafen nach sich ziehen. Die Apotheke muss die betreffende Person außerdem belehren, welche Konsequenzen es hat, wenn sie eine unrichtige oder gefälschte Dokumentation vorlegt. Zudem soll z. B. die Corona-Schutzimpfung in räumlicher Nähe erfolgt sein, also in der gleichen Gemeinde, in dem gleichen Landkreis oder einer umliegenden Gemeinde. Sinn dieser Einschränkung ist, dass die Form der Nachweise oder die ausstellenden Leistungserbringer bekannt sind – das soll der Apotheke also die Prüfung der Dokumente erleichtern. Mein liebes Tagebuch, die Ärzte wollen sich mit dem Nachtragen von solchen Dokumenten erst gar nicht herumschlagen, dafür haben sie keine Zeit, wie sie wissen ließen. Spahn setzt daher auf die Apotheken, wo er, wie er anmerkte, eine hohe Bereitschaft sieht, dies zu tun – sofern der zusätzliche Aufwand vergütet werde. Und er wird vergütet: Pro Zertifikat soll es 18 Euro geben. Ist das angemessen oder zu wenig? Nun ja. Sagen wir mal so: Die Apotheken werden es machen. Aber wie oft wird dies von den Apotheken verlangt werden, mit wie viel Nachtragungen müssen wir rechnen? Schwer zu sagen. Zunächst muss mal der elektronische Impfpass bzw. die neue CovPass-App fertig sein oder die Möglichkeit gegeben sein, die Zertifikate in die Corona-Warn-App einzutragen. Angeblich wird mit Hochdruck daran gearbeitet. Und bis dahin werden die Geimpften und Genesenen ihre Dokumente sammeln und dann, wenn es die App gibt, unsere Apotheken stürmen, um ihre Dokumente nachtragen zu lassen. Und wie sagte die Präsidentin so nett: Diesen zusätzlichen Dienst, den wollen wir gerne leisten.
3 Kommentare
hmmm
von Dr. House am 25.05.2021 um 8:22 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Macht der Mai ...
von Gunnar Müller, Detmold am 23.05.2021 um 13:00 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Macht der Mai
von Conny am 23.05.2021 um 13:41 Uhr
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.