Superfoods-Beratungswissen – Teil 17

Buchweizen – das heimische Powerfood

05.07.2021, 10:45 Uhr

Ernährungswissenschaftlich betrachtet ist das nahrhafte Buchweizenkorn mit seinem für den Menschen vorteilhaften Proteinmuster gesund und eine Bereicherung des Speisezettels. Doch es ist keinesfalls ein Wundermittel, das zahlreiche Beschwerden lindern kann. (Foto: Maryna Osadcha / stock.adobe.com)

Ernährungswissenschaftlich betrachtet ist das nahrhafte Buchweizenkorn mit seinem für den Menschen vorteilhaften Proteinmuster gesund und eine Bereicherung des Speisezettels. Doch es ist keinesfalls ein Wundermittel, das zahlreiche Beschwerden lindern kann. (Foto: Maryna Osadcha / stock.adobe.com)


Blickpunkt Buchweizenkraut und Rutin

Entsprechend der Monografie im Europäischen Arzneibuch „Fagopyri herba“ besteht Buchweizenkraut aus den oberirdischen, ganzen oder zerkleinerten Teilen von Fagopyrum esculentum, die während der frühen Blütezeit und vor der Fruchtbildung geerntet und sofort getrocknet wurden. Sie müssen einen bestimmten Mindestgehalt an Rutosid (= Rutin) aufweisen. Buchweizenkraut hat den rechtlichen Status eines „traditionellen pflanzlichen Arzneimittels“ mit dem Anwendungsgebiet „traditionell zur Besserung des Befindens bei müden Beinen“. Entsprechende Produkte sind in Form von Tabletten und Tee auf dem Markt. Aus der langen Anwendung in der Volksmedizin und der ärztlichen Erfahrungsheilkunde liegen Hinweise darauf vor, dass eine Wirksamkeit bei der Verbesserung der Mikrozirkulation, bei Hämorrhoiden, Schwellungen der Beine, Venenschwäche und Krampfadern gegeben ist. Es gibt dafür aber keine wissenschaftlichen Beweise. Auch die Wirksamkeit des Flavonoids Rutin ist durch klinische Studien nicht belegt. 

Die Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln vermarkten Rutin aber exakt mit den genannten volksmedizinischen Anwendungsgebieten. In Erfahrungsberichten und Marketing-Stories wird dabei nicht unterschieden zwischen dem relativ hohen Rutin-Gehalt im Buchweizenkraut und dem eher niedrigen in den Samen,  die – verborgen in ihrer harten Samenschale – diesen pflanzlichen UV-Schutz auch weniger brauchen.

Blickpunkt Inositol

Im Zusammenhang mit Buchweizenkörnern oder anderen Buchweizenprodukten wird auch immer auf den Gehalt an Inositol (= myo-Inosit) abgehoben. Inositol ist ein Zuckeralkohol, den der menschliche Körper selbst herstellt und dem eine Rolle bei der Übertragung von Botenstoffen im Gehirn, aber auch ganz allgemein bei der Kommunikation der Zellen untereinander zukommt. Als Strukturelement von Phospholipiden dient Inositol als eine Art Anker für verschiedene Enzyme. Inositol wurde in den vergangenen Jahren unter verschiedenen therapeutischen Aspekten untersucht. So konnte bei einer kleinen Gruppe von Patienten mit Diabetes mellitus durch Einnahme von Inositol eine Verminderung der Insulinresistenz im Vergleich zur Kontrollgruppe gezeigt werden. Auch bei verschiedenen psychischen Erkrankungen wurde die Wirkung der Substanz untersucht. Die vorliegenden Daten rechtfertigen jedoch keine Empfehlung für eine gezielte Supplementierung. Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln verwandeln jedoch gerne jeden noch so kleinen Hinweis in Marketingkampagnen, die unkritische, wundergläubige Verbraucher als Wirksamkeiten interpretieren. 

Risotto, Grütze, Mehl – wirklich super

Im Vergleich zu der breiten Palette an Nahrungsergänzungsmitteln, die sich auf Bestandteile aus Buchweizen berufen, sind die geschälten Buchweizenkörner wirklich ein Superfood, nicht nur für Vegetarier und Veganer. Super nämlich, was den Gehalt an essenziellen Aminosäuren angeht, dazu reich an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralien. Die komplexen Kohlenhydrate und der hohe Proteingehalt sorgen für ein super Sättigungsgefühl. Wer auf Gluten verzichten will und muss, kann bedenkenlos zu Buchweizen greifen. Auch wenn Buchweizenmehl zum Backen mit glutenhaltigem Mehl gemischt werden muss – beim Backen dünner Fladen liefert es beste Ergebnisse, wie die vor allem in Frankreich so beliebten Galettes oder die russischen Blinis beweisen. Geschrotet schmecken die Buchweizenkörner als Grütze, herzhaft oder süß. Die ganzen, geschälten Samen lassen sich wie Reis oder Risotto zubereiten und sind fein-nussig im Geschmack. 

Abnehmen mit Buchweizen?

Auf einigen Internetportalen wird Buchweizen als „Abnehm-Glück“ oder „Russische Diät“ dargestellt – „Abnehmen ohne Verzicht“ heißt es weiter. Begründet wird der diätetische Einsatz zur Gewichtsreduktion durch den sättigenden Eiweißanteil, durch die ebenfalls gut sättigenden komplexen Kohlenhydrate und den nur gering ansteigenden Insulinspiegel, der zugleich noch durch Inositol unter Kontrolle gehalten werden soll. Außerdem soll Buchweizen ganz allgemein den Hormonhaushalt positiv beeinflussen. Mit Sicherheit ist Buchweizen ein qualitativ hochwertiges Lebensmittel, das im Rahmen eines Ernährungskonzepts auch bei der Gewichtskontrolle hilft. Garantiert ist es jedoch kein Wundermittel, das allein für sich die Pfunde purzeln lässt. 



Reinhild Berger, Apothekerin
redaktion@daz.online


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