Lockdown-Effizienz

Warum die Inzidenz als einzige Kennzahl ausgedient hat

Düsseldorf - 26.07.2021, 09:15 Uhr

Professor Hans-Jörg Schmerer, Leiter des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Internationale Ökonomie an der Fernuniversität Hagen, untersuchte die Effizienz von Lockdown-Maßnahmen und erklärt, warum es noch Verbesserungsbedarf im deutschen Gesundheitssektor gibt und warum die Inzidenz als einzige Kennzahl anfangs nützlich war, aber nun ihren Wert verloren hat. (s / Foto: Hardy Welsch)

Professor Hans-Jörg Schmerer, Leiter des Lehrstuhls für Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Internationale Ökonomie an der Fernuniversität Hagen, untersuchte die Effizienz von Lockdown-Maßnahmen und erklärt, warum es noch Verbesserungsbedarf im deutschen Gesundheitssektor gibt und warum die Inzidenz als einzige Kennzahl anfangs nützlich war, aber nun ihren Wert verloren hat. (s / Foto: Hardy Welsch)


Gewicht auf Hospitalisierung und Todesfälle legen

DAZ online: Wie beurteilen Sie den Ansatz des RKI, einen neuen Krankheitslast-Wert aus Inzidenz, Hospitalisierungen und fatalen Fällen zu berechnen?

Schmerer: Ich denke, dass das Gewicht eindeutig auf der Hospitalisierung und den Todesfällen liegen sollte und dass ein solches Umdenken schon viel früher hätte stattfinden müssen. Der Inzidenz-Wert war vielleicht in der Anfangsphase ein ganz gutes Mittel, um das Infektionsgeschehen beurteilen zu können und um der Bevölkerung das Ausmaß der Gefahr bewusst zu machen, jedoch hätte man einem solch unverlässlichen Maß niemals zu viel Bedeutung zukommen lassen dürfen.

Hospitalisierung wichtiger als 7-Tage-Inzidenz

Kliniken sollen mehr Daten zu COVID-19-Fällen melden

Im Übrigen halte ich die starke Fixierung auf Kennzahlen für sehr gefährlich. Diese Fixierung hat zu viel Verunsicherung geschaffen, das sollte die Politik im Katastrophenfall doch besser vermeiden. Empirische Daten sollten eben immer mit der entsprechenden Sorgfalt und Vorsicht interpretiert werden.

In der Pandemie wurde das Bild vermittelt, dass man auf Basis einer einzigen Kennzahl die Situation jederzeit präzise einschätzen kann. Das halte ich für eine besonders gefährliche Entwicklung, denn es gibt aus gutem Grund Wissenschaftler, die sich ein Leben lang mit den Problemen bei der Interpretation von Zahlen beschäftigen.



Volker Budinger, Diplom-Biologe, freier Journalist
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.