Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

01.08.2021, 07:15 Uhr

Die Berufsöffentlichkeit hat ein Recht zu erfahren, wo die Ursachen für das Desaster rund um die vermurkste Ausstellung der digitalen Impfzertifikate liegen. (Foto: Alex Schelbert)

Die Berufsöffentlichkeit hat ein Recht zu erfahren, wo die Ursachen für das Desaster rund um die vermurkste Ausstellung der digitalen Impfzertifikate liegen. (Foto: Alex Schelbert)


29. Juli 2021

Donnerstagnachmittag. Das Modul „digitales Impfzertifikat“ steht ab sofort wieder zur Verfügung. Teilt der Deutsche Apothekerverband mit. Endlich – doch das ist nicht die ganze Wahrheit, denn Zertifikate ausstellen kann noch lange nicht jede Apotheke. Da das Modul „Digitales Impfzertifikat“ in die Telematikinfrastruktur (TI) integriert wurde (was eigentlich hätte von Anfang an so sein sollen, aber nicht geschehen ist), benötigten viele Apotheken Unterstützung und Updates ihres Softwarehauses, um in die TI eingebunden zu werden. Mein liebes Tagebuch, und auf wessen Rechnung gehen die Kosten dafür? Für einige Apotheken war es einfach, so hörte man, wieder freigeschaltet zu werden und Impfzertifikate auszustellen, für andere kann es noch bis Mitte nächster Woche dauern, an die TI angeschlossen zu werden, ließ der Bundesverband der Apothekensoftwarehäuser wissen. So benötigen manche Apotheken ein Software-Update, um sich dann im DAV_Portal für die TI-Umleitung freischalten zu lassen.

 

Auch gut: Wie der IT-Experte Manuel Blechschmidt wissen lässt, hätte das Desaster vermieden werden können, hätte das alles nicht sein müssen, denn technisch gesehen hätten nach seiner Einschätzung die Apotheken alle Voraussetzungen gehabt, dasselbe System wie die Ärzte und Impfzentren zu nutzen, wenn man sie ließe. Tja, mein liebes Tagebuch, das sind einige „hätte“ zu viel. Aber unser Deutscher Apothekerverband war ja bekanntlich dem dringenden Wunsch des BMG gefolgt, mal rasch so ein Zertifizierungsportal zum Laufen zu bringen und hat seine eigene Parallellösung eingeführt – ohne Anbindung an die sichere Telematikinfrastruktur. Wie nennt man das so nett: quick and dirty. Die Quittung dafür hat er bekommen und wir alle müssen sie bezahlen. Mein liebes Tagebuch, warum hatte man sich nicht die kurze Zeit genommen, um die Apotheken in die TI einzubinden?

 

Mein liebes Tagebuch, was da in den vergangenen Tagen berufspolitisch und IT-technisch abgelaufen ist, ist gelinde gesagt ein mittleres Desaster. So erscheint es für Julia Borsch, Chefredakteurin von DAZ.online, nach dem überstürzten Abschalten des Portals auch unwahrscheinlich, dass seit dem Start des Portals parallel an einer tragfähigen Lösung gearbeitet worden sei, wie sie in ihrem Kommentar „Machtspiele zum Schaden aller?“ fragt. In der Tat mein liebes Tagebuch, die Vorgänge rund um dieses Portal rufen nach einer Aufarbeitung, damit sich solche Vorgänge möglichst nicht wiederholen. In der Politik würde in solche Fällen wohl ein Untersuchungsausschuss ins Leben gerufen werden. Und ja, ich finde, die Berufsöffentlichkeit hat ein Recht zu erfahren, was da wirklich abgelaufen ist,

Und mal abgesehen vom technischen Ärger in der Apotheke, von den notwendigen Erklärungen gegenüber den Kundinnen und Kunden: Wie geht es uns so kurz vor der Einführung des E-Rezepts, wenn wir nun erlebt haben, dass nicht einmal so bescheidene technische Abläufe wie die Ausstellung eines Impfzertifikats reibungslos ablaufen, sondern durch welche Spielchen und Interessen auch immer (da wird noch einiges zu klären sein!) torpediert werden. Ich halte das für einen immensen Image- und Vertrauensverlust. Wie sollen wir Apothekers vor Ort – die für die technischen Unzulänglichkeiten und Schlampereien der Verantwortlichen so gar nichts können – nun voller Überzeugung der Öffentlichkeit die Einführung des weitaus komplexeren E-Rezepts schmackhaft machen, wenn es schon bei der Digitalisierung der Impfzertifikate mächtig knirscht, zuckt und ruckelt.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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4 Kommentare

perfide

von Thomas Kerlag am 02.08.2021 um 7:51 Uhr

Die IT ler und ihre politischen Hintermänner taugen nichts.
..Personal abwerben. Das ist da nicht so leicht möglich wo anständige Gehälter gezahlt werden.
Also eher nicht in der Apo

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Nichtwähler

von D. Hänel am 01.08.2021 um 10:40 Uhr

Was ist denn die Ursache für die niedrige Wahlbeteiligung?
Ist die Basis nicht mit den Kandidaten einverstanden?
Ist die Basis enttäuscht über die langjährige Arbeit der Kammer?
Ist die Basis unzufrieden mit der Standespolitik?
Weil sich sowieso nichts verbessert eher verschlimmert?
Man sieht, hört und liest den Frust der InhaberInnen ob persönlich oder im digitalen Austausch, aber es ändert sich nichts, unsere Standesführung lebt in anderen Sphären…


» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

75 Prozent Nichtwähler !

von Ulrich Ströh am 01.08.2021 um 8:37 Uhr

Das Wahlergebnis in Baden Württemberg zementiert den Bundestrend :
Die Mehrheit zu Kammerwahlen repräsentieren die Nichtwähler !
75 Prozent Nichtwähler sprechen eine deutliche Sprache und schwächen uns in der Politik.

Auch in Schleswig-Holstein haben zwei Drittel bei den letzten Kammerwahlen -nicht- gewählt .
Aber manche scheinen sich gemütlich damit eingerichtet zu haben…

Und die Deutsche Apotheker Zeitung sollte zeigen, dass es noch kritische Redakteure zu diesem aktuellen Thema gibt

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: 75 Prozent Nichtwähler

von Conny am 01.08.2021 um 9:59 Uhr

Kritische Redakteure und Daz: finde den Fehler !

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