Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

15.08.2021, 07:30 Uhr

Mitten im Sommer: Winds of Change in der Apolandschaft – wie sich so manches auf einmal ändert... (Foto: Alex Schelbert)

Mitten im Sommer: Winds of Change in der Apolandschaft – wie sich so manches auf einmal ändert... (Foto: Alex Schelbert)


Apotheken-Plattform-Hype: Jetzt segelt sogar die Sanacorp mit ihren mea-Apotheken im Plattform-Boot der Noweda mit und bleibt trotzdem beim Wettbewerber gesund.de – was es alles gibt! Neues auch vom DAV: Ein digitaler Gesellschaftszauber ist ausgebrochen! Kommt die "GEDISA" als neue Digitalgesellschaft statt DAV-Portal? – das Geld dafür will man sich wieder einmal von den Verbänden holen, wo sonst. Weitere Überraschungen in dieser Woche: Noch viele Detailfragen beim E-Rezept offen. Apothekertagsanträge wollen mehr Grippeschutzimpfungen und auch Corona-Auffrischimpfungen in Apotheken. Und warum die alte Opiumtinktur den Untergang der Apotheke von heute bringen könnte.

9. August 2021

Apotheken sollen nicht nur digitale Impfzertifikate ausstellen können, sondern schon bald auch Covid-19-Genesenenzertifikate. Dafür macht sich die ABDA in einer Stellungnahme zur geplanten Änderung der Coronavirus-Testverordnung stark. Sobald das Bundesgesundheitsministerium per Verordnung den Abrechnungsweg angepasst hat, könnte es losgehen, meint die ABDA und verweist darauf, dass das DAV-Portal technisch dafür schon gerüstet sei. Ja sag mal, mein liebes Tagebuch, DAV-Portal, Technik, digitale Zertifikate – da gab’s doch erst vor Kurzem ein mittleres Desaster mit den Impfzertifikaten. Nichts funktionierte. Und nun soll das Portal auch für die Genesenenzertifikate technisch bereit sein. Wieder große Worte und nichts dahinter? Möge der Digital-Gott ein offenes Ohr haben, der ABDA, dem DAV und seinem Portal gewogen sein. Dann kann, wer will, auch schon bald in diese Dienstleistung einsteigen. Abgerechnet werden soll übrigens dann nicht über die Kassenärztlichen Vereinigungen, die bisher für Genesenenzertifikate zuständig sind. Das BMG will die Abrechnungswege von Impf- und Genesenenzertifikaten künftig über die Apothekenrechenzentren laufen lassen, was durchaus eine bürokratische Erleichterung mit sich bringen wird. Das könnte auch die Bereitschaft der Apotheken zur Erstellung von Genesenenzertifikaten fördern, ist die ABDA überzeugt, der Zugang zu solchen Zertifikaten könnte so für die Bürgerinnen und Bürgern verbessert werden.

 

Der Markt der Apotheken-Plattformen ist ständig in Bewegung. Da sortiert sich derzeit einiges. Neueste Nachricht: Der „Zukunftspakt Apotheke“ (mit der Plattform "ia.de") meldet ein neues Mitglied: „mea – meine Apotheke“, die Apothekenkooperation der genossenschaftlichen Pharmahändlers Sanacorp, schließt sich dem Zukunftspakt an. Das Delikate an dieser Nachricht: Sanacorp ist bekanntlich eines der Gründungsmitglieder des konkurrierenden Digitalbündnisses Pro AvO, das mittlerweile in „gesund.de" aufgegangen ist. Also, die mehr als 3000 Apotheken der Sanacorp-Kooperation „mea – meine Apotheke“ wechseln zur Konkurrenz. Das bedeutet, dass die beiden apothekereigenen Großhändler Noweda und Sanacorp ihre Kräfte im Plattform-Wettbewerb bündeln. Mein liebes Tagebuch, und was macht Sanacorp dann bei ProAvO bzw. gesund.de? Laut Sanacorp-Chef Herbert Lang wolle man Gesellschafter bei ProAvO bleiben: „Als Apothekergenossenschaft ist es unser Auftrag, unseren Mitgliedern und Kunden den sicheren und einfachen Zugang zu allen relevanten Gesundheitsplattformen zu ermöglichen.“ Das ist der Tanz auf zwei Hochzeiten, oder? Nun ja, da solche Tänze auf Dauer nicht gut gehen können: Vielleicht ist dies dann tatsächlich „ein weiterer Schritt in Richtung einer gemeinsamen Branchenlösung für die stationäre Apotheke in einem sich stark verändernden, digitalen Wettbewerbsumfeld“, wie es Lang ausdrückte – was immer diese sibyllinischen Worte bedeuten mögen? Eine Plattform für alle? Da kommt noch was auf uns Apothekers zu.

 

Nicht nur um Plattform-Markt geht’s rund, auch beim DAV-Portal des Deutschen Apothekerverbands (DAV) „mein-apothekenportal.de", das unlängst mit der Digitalisierung der Impfzertifikate einen mehr als holprigen Start aufs digitale Parkett gelegt hat und dabei auch schon mal abstürzte. Doch das soll sich nun ändern, man ist ja lernfähig. Das Portal, das demnächst neben der Digitalisierung der Impf- auch für die Genesenenzertifikate zuständig sein soll, will sich anders aufstellen: Brancheninsidern zufolge soll eine eigene Digitalgesellschaft namens GEDISA gegründet werden. Hintergrund ist wohl auch, dass es haftungsrechtlich und finanziell problematisch ist, wenn ein eingetragener Verein – wie es der DAV ist – so ein Portal betreibt. Mein liebes Tagebuch, dass man sich das nicht vorher überlegt hat? Nun ja, vielleicht hat das auch damit zu tun, dass es für die neu zu gründende Digitalgesellschaft GEDISA ein paar finanzielle Mittelchen braucht – und die will man sich nun von den Verbänden per Sonderumlage holen, wie es zu vernehmen ist. Verbandsmitglieder kennen das schon: Man hat dieses Verfahren der Geldbeschaffung bereits beim Aufbau des DAV-Portals genutzt und so 1 Million Euro von den Verbänden, sprich Verbandsmitgliedern eingesammelt. Und vermutlich wird die neue Umlage zum Aufbau der GEDISA deutlich höher ausfallen. Mein liebes Tagebuch, da stellt sich doch dann auch die Frage: Hätte man sich das DAV-Portal nicht gleich schenken können und hätte man da nicht besser gleich eine GEDISA oder GEDÖNSA oder wie auch immer aufbauen können? Und ja, braucht es überhaupt so eine zusätzliche Digitalgesellschaft, wenn unter dem Dach der ABDA schon die NGDA, die Netzgesellschaft Deutscher Apotheker mbh, die „zuverlässige, zentrale Vertrauensstelle im Apothekenmarkt“ (so ihre Eigendarstellung) arbeitet? Eine gute, zuverlässige Gesellschaft reicht! Was soll dieser digitale Gesellschaftszauber, der nur Geld kostet?

10. August 2021

Mein liebes Tagebuch, wer glaubt, mit der bevorstehenden bundesweiten Einführung des E-Rezepts am 1. Januar 2021 ist alles in Butter, der glaubt auch noch an den Weihnachtsmann. Was da noch alles zu klären ist, so kurz vor Schluss – Wahnsinn! So ist es zum Beispiel nicht Aufgabe der Gematik, den Weg des E-Rezepts zwischen Apotheken und Rechenzentren in die Telematikinfrastruktur zu integrieren. Da müssen sich nun Krankenkassen und der Deutsche Apothekerverband über Regelungen und die technische Umsetzung des Prozesses einigen. Noch viele Detailfragen sind offen, wie ein Interview mit dem Vorstandsmitglied des Bundesverbands Deutscher Apothekenrechenzentren (VDARZ), Klaus Henkel, zeigt. Beispielsweise verändern sich mit der Einführung des E-Rezepts die Modalitäten rund um den Versicherungsschutz. Vor allem muss angesichts der neuen digitalen Wege des E-Rezepts versucht werden, das wirtschaftliche Ausfallrisiko für alle Beteiligten so gut wie möglich zu minimieren. Mein liebes Tagebuch, man denke an die Unwetterkatastrophe und die zerstörten Apotheken: Ginge der digitale Verordnungsdatensatz einer Apotheke verloren, bevor er zur Abrechnung an die Kasse übergeben wurde, könne es schlichtweg keine Erstattung geben, d.h., „den Apotheken droht dann der Totalschaden“, bringt es Henkel im lesenswerten Interview mit DAZ.online auf den Punkt. Henkel ist auch überzeugt: „Die beste Lösung wäre, wenn die Rechenzentren täglich mit den Kostenträgern abrechnen dürften.“ Mein liebes Tagebuch, das würde auch Versicherungsprämien sparen. Läuft da nicht alles auf eine tägliche Abrechnung hinaus? Ja, mein liebes Tagebuch, und in diesem Fall wäre dann endlich auch der Zwangsrabatt von 1,77 Euro („Kassenabschlag“), den wir den Kassen für pünktliche Zahlung einräumen, Schnee von gestern!


Ab 11. Oktober soll es (abgesehen von wenigen Ausnahmen) keine kostenlosen SARS-CoV-2-Tests für Bürgerinnen und Bürger mehr geben – darauf haben sich Bund und Länder geeinigt. Hintergrund: Mittlerweile kann allen ein Impfangebot gemacht werden, eine dauerhafte Kostenübernahme durch den Steuerzahler sei nicht mehr angezeigt. Und da gleichzeitig geplant ist, Menschen, die nicht gegen Covid-19 geimpft sind, Zugang zu bestimmten Geschäften und Veranstaltungen nur dann zu gewähren, wenn sie ein negatives Testergebnis vorweisen können, wird so ein bisschen Druck auf Impfverweigerer und Impfmuffel ausgeübt. Dass dieses Vorhaben natürlich mächtig Diskussionen auslöst und je nach politischer Couleur begrüßt oder kritisiert wird, ist verständlich. Aber die Frage ist doch, mein liebes Tagebuch, wie erreichen wir einen höheren Durchimpfungsgrad unserer Bevölkerung, wodurch sich – darüber sind sich doch alle Fachleute einig – endlich eine Herdenimmunität einstellt und die Ansteckungsgefahr deutlich sinkt: Der Weg zurück zu mehr Normalität. Unsere Bundesapothekerkammer jedenfalls hat sich auf die Seite der Bundesregierung gestellt und begrüßt den Weg, Schnelltests für alle nicht mehr kostenlos anzubieten. „Es werden sich mehr Unentschlossene für eine Impfung entscheiden“, sagte BAK-Präsident Thomas Benkert, „dieser Weg ist gut, richtig und notwendig.“

 

Schon gehört? Die Coronavirus-Impfverordnung soll wieder eine Update erhalten. Neu: Laut Verordnungsentwurf soll der Impfanspruch gegen Covid-19 auf medizinisch notwendige Folge- und Auffrischimpfungen ausgeweitet werden. Und ab 1. Oktober sollen die Apotheken auch den öffentlichen Gesundheitsdienst und die Impfzentren beliefern. So weit alles klar. Der Verordnungsentwurf sieht aber auch eine Neuregelung für Nachtragungen von Covid-19-Impfungen im gelben Impfausweis (also nicht digital) vor: 2 Euro brutto könnten Apotheken dann künftig für die nachträgliche Erstellung einer Corona-Impfdokumentation abrechnen. Mein liebes Tagebuch, 2 Euro für eine quasi amtliche Dokumentation. Ist nicht üppig. Manche sprechen schon von einer Frechheit, vor allem, wenn man dieses Honorar mit dem vergleicht, was Behörden für Beglaubigungen und Eintragungen in Dokumente berechnen. Immerhin, wir Apothekers müssen dies nicht machen, es ist freiwillig. Aber wer will das ablehnen und dadurch möglicherweise Kunden verlieren? 

11. August 2021

„Wählen bringt nichts“  – meint mehr als ein Drittel derjenigen, die sich an unserer nicht repräsentativen Online-Umfrage beteiligt haben. DAZ.online hatte die Umfrage gestartet, weil die Wahlbeteiligung zur neuen Vertreterversammlung der Landesapothekerkammer Baden-Württemberg erschütternd gering ausfiel: Gerade mal knapp 25 Prozent hatten sich an der Wahl beteiligt. Mein liebes Tagebuch, ein bescheidenes Ergebnis. Aber warum hat sich so eine extreme Wahlmüdigkeit breit gemacht? Warum nehmen so viele Kolleginnen und Kollegen die Möglichkeit nicht wahr, in der Berufspolitik mitzubestimmen? Tja, „wählen bringt eh nichts“, viele wissen auch nicht, was da gewählt wird oder haben schlicht und einfach vergessen zu wählen. Und schaut man sich die angegebenen Gründe fürs Nichtwählen an, finden sich Antworten, die auch auf die Standesführungen zurückfallen: eine gewisse Ernüchterung bzw. Unzufriedenheit mit der Standesvertretung, man fühle sich von der Standesvertretung nicht repräsentiert, die Standespolitik tue nichts für den Berufsstand. Ja, mein liebes Tagebuch, solche Meinungen kann man durchaus vertreten, aber umso mehr müsste man doch eigentlich ein Interesse haben, zu wählen – damit sich etwas ändert. Und noch eins: Im Jahr 2021 sollte man in der Tat den Kammermitgliedern auch anbieten, digital wählen zu können – derzeit ist dies nur im Kammerbezirk Westfalen-Lippe möglich. Eine Online-Wahl, ein Maus-Klick geht leichter als sich um Briefmarke und Briefkasten kümmern zu müssen. 

 

Wieder Neues vom Plattform-Markt: "gesund.de", die von Phoenix und Noventi gegründete Apotheken-Plattform, will nun endlich auch bei den Endkunden sichtbarer werden. Die teilnehmenden Apotheken haben ein „Welcome-Kit“ erhalten mit Werbemitteln und einem gesund.de-Gütesiegel. Wie schön, mein liebes Tagebuch, dann kann’s ja losgehen. Nun ja, so richtig steppt der Bär noch nicht. Ein bisschen Arzt- und Apothekenfinder, ein bisschen vorbestellen und Gesundheitsakte (wer macht das derzeit schon?), für die man sich über DoctorBox einloggen muss – arg viel mehr gibt’s da noch nicht. Das E-Rezept kommt erst noch – vermutlich kommt dann der Auftrieb und dafür sollten die Vor-Ort-Apotheken dann in der Tat gut aufgestellt sein.

12. August 2021

Ein halbes Jahr vor Einführung des E-Rezepts möchte die Gematik von der sehr geehrten Frau Apothekerin, von dem sehr geehrten Herrn Apotheker in einer Umfrage wissen, welche Erwartungen sie mit dem E-Rezept verbinden. Konkret solle es darum gehen, welche Erwartungen die Nutzerinnen und Nutzer allgemein mit den zeitnah verfügbaren TI-Anwendungen wie zum Beispiel dem E-Rezept verknüpfen. Äh, ja, mein liebes Tagebuch, jetzt schon? Ein halbes Jahr zuvor? Mal im Ernst: Warum befragt man uns Apothekers erst jetzt, warum ist so eine Umfrage nicht schon längst gelaufen? Vielleicht hätte die Gematik dann besser auf Wünsche und Vorstellungen reagieren können. Aber ein halbes Jahr vor der Einführung?

 

Allzu oft wird sie wohl nicht mehr verordnet, die „Tinctura Opii“, vulgo Opiumtinktur. Gleichwohl, sie kommt vor. Und früher war das für die Apotheke kein allzu großes Problem: BtM-Schrank aufschließen, Opiumtinktur als Rezeptur abfüllen, etikettieren, die BtM-Verordnung dokumentieren und alles schön taxieren – fertig. Früher! Heute hat sich um eines der ältesten noch angewendeten Arzneimittel ein juristisches, wirtschaftliches und berufspolitisches Konstrukt zusammengebraut, das sogar eine Diskussion über die Zukunft des Rezepturprivilegs auslöst, wie DAZ-Redakteur Thomas Müller-Bohn in seinem lesenswerten Beitrag analysiert hat. Der Hintergrund: Früher gab’s die alkoholische Opiumlösung nur als Ware für die Rezeptur, bis eine dänische Firma Opiumtinktur als zugelassenes Fertigarzneimittel (Dropizol) auf den Markt brachte. Und dann begannen die Rechtsstreitigkeiten zwischen Herstellern und bald auch auf Apothekenebene. Im Mittelpunkt steht dabei meist die Frage, ob die abgefüllte Opiumtinktur ein zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel ist und gegebenenfalls an welcher Stelle sie dazu wird. Und letztendlich hat dies auch etwas mit dem Preis zu tun, der hinten dabei raus kommt. Und da kommen die Frage nach der Wirtschaftlichkeit ins Spiel und die Krankenkassen, die das bezahlen müssen. Und letztlich hat die Rezeptur ja auch eine zentrale Bedeutung für das Selbstverständnis der Apotheker und für die Versorgungssicherheit – da gibt’s dann grundsätzliche Fragen und Folgen, wie: Ist das Abfüllen eines Arzneimittels, das klassische Dispensieren, wie es seit Jahrhunderten praktiziert wird, nun eine Apothekertätigkeit in Urform, also eine Rezeptur oder nicht? Einige Gerichte wollen erkennen, das dies keine Rezeptur sei, sondern ein Fertigarzneimittel. Als ob ein Produkt wie die Opiumtinktur ein Fertigarzneimittel sein könne – sie stammt doch aus einer Zeit, in der es Fertigarzneimittel noch gar nicht gab. Was mit dieser Frage alles zusammenhängt – den Kommentar von Müller-Bohn sollten Sie sich nicht entgehen lassen. Er macht deutlich, dass auch das Abfüllen anderer Arzneimittel (Cannabisblüten!) infrage gestellt werden könnte. Und letztlich könnte auch die Rezeptur als Institution kippen und die Versender hätten ein willkommenes Argument: Ein wesentlicher Unterschied zwischen Vor-Ort-Apotheke und Versender wäre weg – eine Katastrophe für uns, eine Katastrophe für Patienten. Aber es gibt noch mehr dazu zu erzählen! Mein liebes Tagebuch, treiben wir es auf die Spitze: Die Opiumtinktur – bringt sie den Untergang der Apotheke von heute?

13. August 2021

In diesem Jahr gibt es ihn wieder: den Deutschen Apothekertag. Endlich! Am 22. und 23.  September wird das Apothekerparlament in Düsseldorf in einer hybriden Veranstaltung tagen: unter 3G-Regeln für die Delegierten, für das zur Organisation notwendige Personal und für einige Pressevertreter; alternativ können die Delegierten online teilnehmen und abstimmen. Spahn wird, so steht’s im vorläufigen Programm, kommen. Aber im Mittelpunkt des Apothekertags steht, wie früher auch, die Antragsberatung – ein Spiegel dessen, was die deutsche Apothekerschaft bewegt. Dieses Jahr sind das z. B. auch das E-Rezept, die pharmazeutische Dienstleistungen und Grippeimpfungen. Die Anträge liegen mittlerweile vor, die DAZ hat sie sich schon mal angesehen. Beim E-Rezept treibt uns vor allem um, das Makelverbot zu schärfen. Vor allem soll ein „früher Zugriff“ auf E-Rezeptdaten verhindert werden, wie es möglicherweise ausländische Unternehmen, die als Versender und als Plattformbetreiber agieren, versuchen werden.

Was sich auch unter den Anträgen findet: die sagenumwobenen honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen. Ein weitreichender Antrag des Geschäftsführenden ABDA-Vorstands wünscht, dass alles daran gesetzt werden solle, „honorierte pharmazeutische Dienstleistungen jetzt schnellstmöglich für Versicherte erlebbar zu machen“. Hui, mein liebes Tagebuch, wie putzig ist das denn! Für Versicherte erlebbare Dienstleistungen! Kann man so wollen, aber dafür müsste man erstmal wissen, um welche Dienstleistungen es sich eigentlich im einzelnen handelt! Da schwebt doch noch immer ein Nimbus der Geheimhaltung darüber, noch wissen selbst Kammerpräsidentinnen und Verbandschefs nichts Genaues, worum es sich da handelt. Immerhin fordert der Antrag schon mal vom Gesetzgeber, die Finanzierung für die Dienstleistungen „zeitnah zu erhöhen“ – mehr Geld ist ja nie verkehrt.

Ein weiterer Leitantrag greift die Grippeschutzimpfungen auf: Die Modellvorhaben sollen ausgedehnt werden, Grippeimpfungen in Apotheken sollen „zeitnah“ als Regelleistung vorgesehen werden. Und ja, Apotheken sollen sogar in die Corona-Auffrischimpfungen eingebunden werden. Mein liebes Tagebuch, auf einmal starten die Apothekers durch! Es sind noch keine zwei, drei Jahre her, da wollte die ABDA, da wollten so manche Chefs und Chefinnen von Kammern und Verbänden das Wort Grippeschutzimpfung nicht in den Mund nehmen. Die Angst, von unseren lieben Ärztinnen und Ärzten dafür gekreuzigt zu werden, ließ sogar gemeinsame Resolutionen von Ärzten und Apothekern aufkommen mit einem Nein zur Grippeschutzimpfung in Apotheken. Und nun soll sich der Apothekertag dafür einsetzen, Grippeschutz- und Coronaimpfungen in den Apotheken anzubieten. Wie schön und so schnell kann’s gehen, mein liebes Tagebuch.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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4 Kommentare

Wahlmüdigkeit

von Wolfgang Steffan am 16.08.2021 um 8:52 Uhr

Ich schließe mich dem Kommentar vom Kollegen Rodiger
voll an: Die PZ trieft von Hofberichterstattung, die DAZ ist immerhin etwas kritischer. Aber, gibt es denn in Apothekerkreisen irgendeine Oposition, die in wenigstens einer der beiden Medien, zu Worte kommt ? Wen soll ich wählen, wenn mir die jämmerliche, sog.Berufs- Politik "unserer" ABDA nicht paßt ? Wahlverweigerung ist die einzige Antwort in dieser berufl. Schein-Demokratie !

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Wo nichts zu wählen ist

von Reinhard Rodiger am 15.08.2021 um 11:55 Uhr

Genauso wenig wie der Apothekertag ein Parlament ist, ist eine Wahlenthaltung von 75% eine Legitimation der Führung. In "normalen" Parlamenten ist eine nicht legitimierte Führung abwählbar oder wirksam zur Rechtfertigung zu zwingen. Und zwar jederzeit.Bei uns nicht.Da wird nicht mal geantwortet.
Auf allen Ebenen.
Es fehlt ein echtes Parlament.Deshalb gibt es nichts zu wählen.Der Gleichklang ist zu stark.Ohne Chance gehört zu werden gibt es kein Bemühen, das anhält.
Da ein offener Diskurs fehlt,übernimmt die Presse einen Teil dieser Aufgabe.Ein Armutszeugnis für die Führung.

Das Problem, dass die Führung sich nicht fragt, woran diese Abstinenz liegt, ist Jahrzehnte alt.Es erledigt sich nicht von selbst, sondern verstärkt sich.Sie agiert zunehmend im legitimationsfreien Raum.

Solange Kammern eher die eigenen Leute drangsalieren , die Regierung hofieren und Diskurs unterbinden, solange ist es wohlfeil.die Wahlmüdigkeit zu beklagen.Denn sie wird ja erzeugt.
Ich kann kein Bemühen erkennen, in einen breiteren Diskurs etwa über mehr Augenmass zu treten.Jedenfalls gibt es keine Diskursplattform. Wo nur Applaus gefragt ist und Achtung anderer Meinung fehlt, entsteht kein Mitmachen.Das ist nicht das Problem derer, die nichts wählen,wo nichts zu wählen ist.Es bleibt ein konzeptionelles Führungsdefizit.

Solange das so ist, bleibt die Presse die einzige Hoffnung, die Gedanken zu artikulieren,die nicht gehört werden wollen.

Hier hat die DAZ leider Biss und Willen zu sehr geglättet.Die Chancen hier eine eklatante Lücke zu füllen, könnten überzeugend genutzt werden.Übrigens auch für die eigentlich verantwortlichen.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Wo nichts zu wählen ist

von Karl Friedrich Müller am 15.08.2021 um 14:57 Uhr

Super

Extreme Kammerwahlmüdigkeit

von Ulrich Ströh am 15.08.2021 um 9:35 Uhr

Lieber Herr Ditzel, die Deutsche Apotheker Zeitung sollte auch einen Beitrag gegen die ausgeprägte Wahlmüdigkeit bei Kammerwahlen leisten .
Die Berichtartikel in der DAZ über die Kammerversammlungen sollten für Leser interessanter geschrieben werden.
Wenn dann in der DAZ weitgehend nur der Bericht der
Kammerpräsidenten und deren Zukunftserwartungen Erwähnung finden, dann bleibt das Leserinteresse gering.

Kann man besser machen…
Und immer an den Leser denken…

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

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