Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

15.08.2021, 07:30 Uhr

Mitten im Sommer: Winds of Change in der Apolandschaft – wie sich so manches auf einmal ändert... (Foto: Alex Schelbert)

Mitten im Sommer: Winds of Change in der Apolandschaft – wie sich so manches auf einmal ändert... (Foto: Alex Schelbert)


13. August 2021

In diesem Jahr gibt es ihn wieder: den Deutschen Apothekertag. Endlich! Am 22. und 23.  September wird das Apothekerparlament in Düsseldorf in einer hybriden Veranstaltung tagen: unter 3G-Regeln für die Delegierten, für das zur Organisation notwendige Personal und für einige Pressevertreter; alternativ können die Delegierten online teilnehmen und abstimmen. Spahn wird, so steht’s im vorläufigen Programm, kommen. Aber im Mittelpunkt des Apothekertags steht, wie früher auch, die Antragsberatung – ein Spiegel dessen, was die deutsche Apothekerschaft bewegt. Dieses Jahr sind das z. B. auch das E-Rezept, die pharmazeutische Dienstleistungen und Grippeimpfungen. Die Anträge liegen mittlerweile vor, die DAZ hat sie sich schon mal angesehen. Beim E-Rezept treibt uns vor allem um, das Makelverbot zu schärfen. Vor allem soll ein „früher Zugriff“ auf E-Rezeptdaten verhindert werden, wie es möglicherweise ausländische Unternehmen, die als Versender und als Plattformbetreiber agieren, versuchen werden.

Was sich auch unter den Anträgen findet: die sagenumwobenen honorierten pharmazeutischen Dienstleistungen. Ein weitreichender Antrag des Geschäftsführenden ABDA-Vorstands wünscht, dass alles daran gesetzt werden solle, „honorierte pharmazeutische Dienstleistungen jetzt schnellstmöglich für Versicherte erlebbar zu machen“. Hui, mein liebes Tagebuch, wie putzig ist das denn! Für Versicherte erlebbare Dienstleistungen! Kann man so wollen, aber dafür müsste man erstmal wissen, um welche Dienstleistungen es sich eigentlich im einzelnen handelt! Da schwebt doch noch immer ein Nimbus der Geheimhaltung darüber, noch wissen selbst Kammerpräsidentinnen und Verbandschefs nichts Genaues, worum es sich da handelt. Immerhin fordert der Antrag schon mal vom Gesetzgeber, die Finanzierung für die Dienstleistungen „zeitnah zu erhöhen“ – mehr Geld ist ja nie verkehrt.

Ein weiterer Leitantrag greift die Grippeschutzimpfungen auf: Die Modellvorhaben sollen ausgedehnt werden, Grippeimpfungen in Apotheken sollen „zeitnah“ als Regelleistung vorgesehen werden. Und ja, Apotheken sollen sogar in die Corona-Auffrischimpfungen eingebunden werden. Mein liebes Tagebuch, auf einmal starten die Apothekers durch! Es sind noch keine zwei, drei Jahre her, da wollte die ABDA, da wollten so manche Chefs und Chefinnen von Kammern und Verbänden das Wort Grippeschutzimpfung nicht in den Mund nehmen. Die Angst, von unseren lieben Ärztinnen und Ärzten dafür gekreuzigt zu werden, ließ sogar gemeinsame Resolutionen von Ärzten und Apothekern aufkommen mit einem Nein zur Grippeschutzimpfung in Apotheken. Und nun soll sich der Apothekertag dafür einsetzen, Grippeschutz- und Coronaimpfungen in den Apotheken anzubieten. Wie schön und so schnell kann’s gehen, mein liebes Tagebuch.



Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


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4 Kommentare

Wahlmüdigkeit

von Wolfgang Steffan am 16.08.2021 um 8:52 Uhr

Ich schließe mich dem Kommentar vom Kollegen Rodiger
voll an: Die PZ trieft von Hofberichterstattung, die DAZ ist immerhin etwas kritischer. Aber, gibt es denn in Apothekerkreisen irgendeine Oposition, die in wenigstens einer der beiden Medien, zu Worte kommt ? Wen soll ich wählen, wenn mir die jämmerliche, sog.Berufs- Politik "unserer" ABDA nicht paßt ? Wahlverweigerung ist die einzige Antwort in dieser berufl. Schein-Demokratie !

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Wo nichts zu wählen ist

von Reinhard Rodiger am 15.08.2021 um 11:55 Uhr

Genauso wenig wie der Apothekertag ein Parlament ist, ist eine Wahlenthaltung von 75% eine Legitimation der Führung. In "normalen" Parlamenten ist eine nicht legitimierte Führung abwählbar oder wirksam zur Rechtfertigung zu zwingen. Und zwar jederzeit.Bei uns nicht.Da wird nicht mal geantwortet.
Auf allen Ebenen.
Es fehlt ein echtes Parlament.Deshalb gibt es nichts zu wählen.Der Gleichklang ist zu stark.Ohne Chance gehört zu werden gibt es kein Bemühen, das anhält.
Da ein offener Diskurs fehlt,übernimmt die Presse einen Teil dieser Aufgabe.Ein Armutszeugnis für die Führung.

Das Problem, dass die Führung sich nicht fragt, woran diese Abstinenz liegt, ist Jahrzehnte alt.Es erledigt sich nicht von selbst, sondern verstärkt sich.Sie agiert zunehmend im legitimationsfreien Raum.

Solange Kammern eher die eigenen Leute drangsalieren , die Regierung hofieren und Diskurs unterbinden, solange ist es wohlfeil.die Wahlmüdigkeit zu beklagen.Denn sie wird ja erzeugt.
Ich kann kein Bemühen erkennen, in einen breiteren Diskurs etwa über mehr Augenmass zu treten.Jedenfalls gibt es keine Diskursplattform. Wo nur Applaus gefragt ist und Achtung anderer Meinung fehlt, entsteht kein Mitmachen.Das ist nicht das Problem derer, die nichts wählen,wo nichts zu wählen ist.Es bleibt ein konzeptionelles Führungsdefizit.

Solange das so ist, bleibt die Presse die einzige Hoffnung, die Gedanken zu artikulieren,die nicht gehört werden wollen.

Hier hat die DAZ leider Biss und Willen zu sehr geglättet.Die Chancen hier eine eklatante Lücke zu füllen, könnten überzeugend genutzt werden.Übrigens auch für die eigentlich verantwortlichen.

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AW: Wo nichts zu wählen ist

von Karl Friedrich Müller am 15.08.2021 um 14:57 Uhr

Super

Extreme Kammerwahlmüdigkeit

von Ulrich Ströh am 15.08.2021 um 9:35 Uhr

Lieber Herr Ditzel, die Deutsche Apotheker Zeitung sollte auch einen Beitrag gegen die ausgeprägte Wahlmüdigkeit bei Kammerwahlen leisten .
Die Berichtartikel in der DAZ über die Kammerversammlungen sollten für Leser interessanter geschrieben werden.
Wenn dann in der DAZ weitgehend nur der Bericht der
Kammerpräsidenten und deren Zukunftserwartungen Erwähnung finden, dann bleibt das Leserinteresse gering.

Kann man besser machen…
Und immer an den Leser denken…

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