Ein Jahr Hämophilieversorgung in Apotheken

Hämophilieversorgung – wie klappt es in der Apotheke?

Stuttgart - 01.09.2021, 07:00 Uhr

DAZ.online hat mit Apotheker Nico Kraft gesprochen, wie die Versorgung von Hämophiliepatienten in der Apotheke klappt. (s / Foto: ChristArt / AdobeStock)

DAZ.online hat mit Apotheker Nico Kraft gesprochen, wie die Versorgung von Hämophiliepatienten in der Apotheke klappt. (s / Foto: ChristArt / AdobeStock)


Wie verhalten sich die Krankenkassen bei Retaxationen?

Wie sieht es mit Retaxationen aus – die können ja durchaus bitter sein. Gebaren sich die Krankenkassen bei dieser spezialisierten Versorgung kooperativ?

Ich habe tatsächlich noch keine Retaxation bei Hämophilierezepten erlebt. Wir arbeiten in der Süd-Apotheke bei der Kontrolle der Verordnungen nach dem 4-Augen-Prinzip und lassen uns dabei auch noch elektronisch unterstützen. Auch habe ich bislang von keinem Kollegen gehört, der retaxiert worden ist. Allerdings ist es für Aussagen dazu auch noch zu früh: Die Versorgung läuft erst seit September des letzten Jahres über die öffentlichen Apotheken, und Retaxationen können seitens der Krankenkassen bekanntermaßen auch ein Jahr später noch ausgesprochen werden. Ich hoffe aber das gerade bei solch hochpreisigen Rezepten die Kostenträger mit einem gewissen Augenmaß vorgehen, da mit einer Nullretaxtation jede Apotheke in eine wirtschaftliche Schieflage gerät.

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Nun sind Arzneimittel zur Hämophilieversorgung eher teure Arzneimittel und den Hochpreisern zuzuordnen. Das günstigste Fläschchen Hemlibra® liegt bei knapp 2.000. Euro im Einkaufspreis – und spezialisierte Apotheken haben sicher nicht nur ein Fläschchen Hemlibra® an Lager. Was macht man denn, wenn solche Arzneimittel verfallen?

In diese Bredouille bin ich glücklicherweise noch nicht gekommen. Wir arbeiten jedoch eng mit den Herstellern zusammen und versuchen uns hier gegenseitig zu unterstützen: Die Ware ist extrem aufwendig und teuer in der Produktion, und auch dem Hersteller liegt viel daran, dass seine Hämophiliepräparate vor Verfall den Patienten erreichen.

Gibt es keine Versicherung, die diese finanziellen Risiken – bei Verfall beispielsweise – abdeckt?

Versicherungen gibt es durchaus, allerdings sind die Policen derart hoch, dass die Kosten der Versicherung den Ertrag von 3 Prozent nach Arzneimittelpreisverordnung der Hämophiliepräparate bei Weitem übersteigen und somit diese Option nicht wirklich attraktiv ist.

Nun ist die Abrechnung mit der GKV klar, doch wie läuft es bei Privatpatienten? Müssen diese das Geld für die teuren Arzneimittel erst einmal vorstrecken?

Die Bezahlung bei Privatrezepten läuft ganz unterschiedlich. Teils lösen wir dies über eine Direktabrechnung mit den Krankenkassen, doch unterstützt nicht jede Private Krankenversicherung dieses System. Dann können die Patienten auch eine Rechnung von der Apotheke erhalten mit einem Zahlungsziel von vier bis sechs Wochen, sodass sie in dieser Zeit die Erstattung seitens der Kasse regeln und verbuchen können. Hierbei ist sicher einiges an Vertrauen und Kontrolle nötig, damit das Risiko des Ausfalls minimiert werden kann.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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