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3. September 2021
Immer wieder mal nett, sich über das Thema Notdienst zu unterhalten, z. B. auch über die Frage, wie weit dürfen denn notdiensthabende Approbierte von der Apotheke entfernt sein, dass sie den Anforderungen der Apothekenbetriebsordnung genügen? Laut ApBetrO genügt es, sich „in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Apothekenbetriebsräumen“ aufzuhalten. Und was heißt „unmittelbare Nachbarschaft“? Kommt wohl auch drauf an, wie es die zuständige Behörde sieht. Eine Entfernung von 600 Metern ist demnach wohl nicht ausreichend. Sinn der Vorschrift ist es, dass die diensthabende Person innerhalb kurzer Zeit in der Apotheke ist. Und was heißt das nun wieder? Dem Kunden im Notdienst eine Wartezeit von zehn bis fünfzehn Minuten zuzumuten, wird in der einschlägigen Literatur akzeptiert, Rechtsprechung dazu gibt es nicht. Mein liebes Tagebuch, ehrlich gesagt, aus Sicht eines Kunden, der im Notfall für sein krankes Kind die Arzneimittel besorgt, sind zehn bis 15 Minuten ziemlich lange. Da gäbe es doch in digitalen Zeiten andere Lösungen, mögen jetzt so manche einwerfen, z. B die Versorgung über einen Videobildschirm und einen Arzneimittelabgabeautomaten der Apotheke. Theoretisch und technisch gesehen ja, aber das lässt die ApBetrO nicht zu. Denn den Videoschalter mit Abgabeautomaten wollen wir nicht wirklich – den könnte nämlich auch ein EU-Versender aus den Niederlanden aufstellen und fernsteuern. Und das haben wir doch erst vor Kurzem erfolgreich verhindert.
Rasant haben sich die Modellprojekte zur Grippeschutzimpfung in Apotheken – bundesweit betrachtet – nun wirklich nicht ausgebreitet. Nordrhein und das Saarland machten im vergangenen Jahr den Anfang, hinzu kamen die Oberpfalz in Bayern, Niedersachsen und eine Modellregion in Schleswig-Holstein (initiiert durch Gehe). Und ab dieser Saison wird auch in einigen Regionen von Baden-Württemberg (Mannheim, Ostwürttemberg und Esslingen/Göppingen) und im Bereich Westfalen-Lippe die Grippeschutzimpfung in Apotheken angeboten werden können. In allen anderen Bundesländern läuft nichts oder noch nicht. Und was man auch wissen muss: Bei diesen Modellprojekten wird die Grippeschutzimpfung nur den Versicherten bestimmter Kassen angeboten, in Baden-Württemberg gilt das Modellprojekt beispielsweise nur für Versicherte der AOK Baden-Württemberg. Schade, mein liebes Tagebuch, dass sich das alles so schleppend dahinzieht. Noch nicht mal in der Hälfte der Bundesländer gibt es Modellprojekte. Warum ist das so? Da kann man nur mutmaßen: Liegt’s am mangelnden Interesse, Engagement und Verhandlungsgeschick der Apothekerverbände? Liegt’s am Desinteresse der Krankenkassen? Liegt’s an einzelnen Personen, die blockieren? Am mangelnden Interesse der Apotheken liegt es jedenfalls nicht, da hat wohl ein Umdenken stattgefunden. Mittlerweile sind Umfragen zufolge mehr als die Hälfte der Apothekerinnen und Apotheker bereit, gegen Grippe zu impfen. Und selbst die ABDA ist inzwischen Feuer und Flamme fürs Impfen: Laut ABDA-Präsidentin Overwiening seien die Apotheken sogar bereit, auch gegen Covid-19 zu impfen – wenn man sie denn ließe. Übrigens, mein liebes Tagebuch, die ersten Auswertungen von der vergangenen Saison zeigen, dass die bisherigen Modellprojekte ein voller Erfolg waren: deutliche Steigerung der Zahl der geimpften Personen und große Zufriedenheit der Geimpften. Also, lassen wir nicht locker, hoffen wir auf mehr Modellprojekte und dann einen raschen Übergang vom Modell zur Regel.
4 Kommentare
Antragsrückzug
von Dr. Diefenbach am 06.09.2021 um 20:18 Uhr
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Schweigen
von Reinhard Rodiger am 05.09.2021 um 17:54 Uhr
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Lobenswert
von Ulrich Ströh am 05.09.2021 um 8:50 Uhr
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AW: Lobenswert
von Christiane Patzelt am 05.09.2021 um 15:45 Uhr
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