5 Jahre EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung

Rückblick auf einen schwarzen Tag für die Apotheken

Berlin - 18.10.2021, 17:50 Uhr

Seit 2004 ist in Deutschland der Versandhandel mit jeglichen Arzneimitteln erlaubt. Doch für DocMorris & Co. war diese vom nationalen Gesetzgeber im vorauseilenden Gehorsam gewährte „Freiheit“ jedenfalls im Rx-Bereich kein Selbstläufer. (Foto: nmann77 / AdobeStock)

Seit 2004 ist in Deutschland der Versandhandel mit jeglichen Arzneimitteln erlaubt. Doch für DocMorris & Co. war diese vom nationalen Gesetzgeber im vorauseilenden Gehorsam gewährte „Freiheit“ jedenfalls im Rx-Bereich kein Selbstläufer. (Foto: nmann77 / AdobeStock)


Die politischen Folgen

Es dauerte keinen Tag, da priesen die EU-Versender ihre neuen Modelle zum „Geldsparen auf Rezept“ an. Für die deutschen Apotheken galt die Arzneimittelpreisverordnung weiterhin. Um den vom EuGH abgesegneten ungleichen Wettbewerb zu beenden, gab es aus Sicht der hiesigen Apotheken nur einen sicheren Weg: Der Gesetzgeber sollte den Arzneimittelversandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln wieder verbieten. Schließlich hatte der EuGH schon Ende 2003 entschieden, dass ein solches Verbot aus Gründen des Gesundheitsschutzes gerechtfertigt sein kann.

Keine Chance für Gröhe

Der damalige Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) stellte sich zwar sofort an die Seite der Apothekerschaft und legte einen Gesetzentwurf für ein Rx-Versandverbot vor. Doch der Koalitionspartner SPD blockierte. Hier schlug man stattdessen unter anderem einen befristeten Boni-Deckel für alle Apotheken vor. Auch das Justiz- und das Wirtschaftsministerium – beide SPD-geführt – verweigerten ihre Zustimmung zum Gesetzentwurf. Sogar das unter CDU-Leitung stehende Finanzministerium stellte sich daraufhin quer. Letztlich scheiterte das Vorhaben vor der Bundestagswahl. Danach schaffte es Gröhe zwar noch, dass das Rx-Versandverbot im Koalitionsvertrag von SPD und Union Erwähnung fand. Aber der dort versprochene „Einsatz“ für ebendieses fiel kläglich aus. Gröhes Nachfolger im Ministeramt, Jens Spahn, machte keinen Hehl daraus, dass er von einem Versandverbot gar nichts hält.

Das Rx-Boni-Verbot im Sozialrecht

Es dauerte weitere drei Jahre, ehe ein Kompromiss in Gesetzesform gegossen wurde: Mitte Dezember 2020 trat das Vor-Ort-Apotheken-Stärkungsgesetz in Kraft, das die Rx-Preisbindung an den Rahmenvertrag koppelt und ins Sozialgesetzbuch V verschiebt. Damit wurde zumindest für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung ein neues Rx-Boniverbot etabliert.

Ob Europa den Schachzug, die Preisbindung vom Arzneimittel- ins Sozialrecht zu verschieben, akzeptieren würde, bezweifelten viele. Doch bislang wurde die neue Regelung nicht auf den juristischen Prüfstand gestellt. Die Europäische Kommission zumindest hat bereits ein starkes Signal gegeben: Im September hat sie ihr Vertragsverletzungsverfahren eingestellt, mit dem sie die Bundesrepublik zuletzt Anfang 2019 aufgefordert hatte, die Preisbindung bei Rx-Arzneimitteln für EU-Versender aufzuheben.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

blauäugig

von Karl Friedrich Müller am 19.10.2021 um 10:12 Uhr

bitte schön, was ist "wiederhergestellt"?
DocMorris akzeptiert nach wie vor nichts und kämpft weiter für seine Vorteile. Dazu kommt die Hilfe von Spahn, der die Zwangsdigitalisierung einführt, damit der Versender noch leichter Rezepte abgreifen kann. Ups - kein HBA möglich für Nichtapotheken? Dann wird das schleunigst angepasst.
Alles in der Gesetzgebung läuft für die Bevorzugung der Versender zum Schaden der Apotheke vor Ort.
Es gibt keinen Grund zur Beruhigung oder dafür, uns Sand in die Augen streuen zu wollen.
Wir haben einen riesigen Teil unseres Umsatzes verloren und DocMorris arbeitet daran, uns zum großen teil endgültig fertig zu machen.
Aufwachen! ABDA! Impfen und andere defizitäre Aufgaben helfen uns nicht.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.