Deutsche Gesellschaft für Ernährung

Was nutzen High-Protein-Lebensmittel?

Stuttgart - 18.10.2021, 14:45 Uhr

Tut man sich etwas Gutes, wenn man seinen Eiweißhaushalt etwas aufpeppt? Oder sollte man lieber auf natürliche Proteinquellen – Fisch, Hülsenfrüchte, Quark und Fleisch – zurückgreifen? (Foto: DAZ)

Tut man sich etwas Gutes, wenn man seinen Eiweißhaushalt etwas aufpeppt? Oder sollte man lieber auf natürliche Proteinquellen – Fisch, Hülsenfrüchte, Quark und Fleisch – zurückgreifen? (Foto: DAZ)


High Protein Pudding und Riegel oder eine extra Dosis Eiweiß im Brot – wie sinnvoll und gesund sind diese Protein-angereicherten Lebensmittel? Gibt es auch Risiken und ab wann gilt ein Nahrungsmittel als „high protein“? Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat sich dazu geäußert.

Immer häufiger „blitzt“ es einem beim Einkaufen entgegen – „High Protein“: Es prangt auf Puddings, Riegel, Brot und Müsli etc.. Tut man sich etwas Gutes, wenn man seinen Eiweißhaushalt etwas aufpeppt? Oder sollte man lieber auf natürliche Proteinquellen – Fisch, Hülsenfrüchte, Quark und Fleisch – zurückgreifen?

Braucht man Protein zusätzlich?

In einer aktuellen Pressemitteilung bezieht die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) zu dem Thema Stellung und kommt zu dem Schluss, dass aus ernährungsphysiologischer Sicht High-Protein-Produkte überflüssig sind. „Wer die Vielfalt herkömmlicher Lebensmittel nutzt, bekommt genug Protein und spart sich das Geld für die meist teureren Produkte“, erklärt Antje Gahl, Pressesprecherin der DGE. Dies gelte auch für Senioren oder Leistungssportler mit erhöhtem Proteinbedarf.

Die Kosten im Vergleich

100 g Proteinporridge (28 g Protein): etwa 1,40 €,
100 g Bio-Haferflocken (13 g Protein): etwa 0,20 €.

Natürlicherweise kommt Eiweiß in tierischen Produkten wie Fleisch, Fisch, Eiern oder Milch vor. Aber auch pflanzliche Lebensmittel wie Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide und Nüsse sind als natürliche Proteinquelle bekannt. „Eine gesundheitsfördernde, nachhaltige Ernährung liefert eine ausreichende Menge an Nährstoffen mit weitgehend naturbelassenen oder wenig verarbeiteten und abwechslungsreich ausgewählten Lebensmitteln“, so Gahl. Und selbst bei veganer Ernährung lasse sich laut DGE durch gezielte Kombination aus Getreide, Hülsenfrüchten und Kartoffeln eine ausreichende Versorgung sicherstellen.

Wie viel Protein braucht man?

Im Körper wird Eiweiß, bzw. die darin enthaltenen Aminosäuren, vor allem als Baustoff benötigt – z. B. für die Bildung von Muskeln, Transportproteinen oder Enzymen. Zur Aufrechterhaltung des physiologischen Zustands benötigt ein Erwachsener daher pro Tag im Schnitt 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht. Dies gilt im Übrigen auch bei moderater sportlicher Betätigung (unter fünf Stunden pro Woche). Erst darüber hinaus wird eine individuelle, sportartabhängige Anpassung der Proteinzufuhr notwendig. Auch für ältere Personen ab 65 Jahren wird eine erhöhte Zufuhr von 1,0 g/kg KG/Tag empfohlen. 

Gesund oder gefährlich?

Auch wenn uns Marketingkampagnen etwas anderes suggerieren: Zahlreiche High-Protein-Lebensmittel sind alles andere als gesund. Denn neben natürlichen Lebensmitteln mit hohem Proteingehalt – wie z. B. Quark – entwickeln Hersteller durch Kombination proteinreicher Zutaten oder gezielte Anreicherung herkömmlicher Lebensmittel High-Protein-Produkte. So sind laut Gahl hochverarbeitete Produkte wie z. B. Chips und Schokoriegel kein „gesunder Genuss“, nur weil viel Protein zugesetzt wurde.

Zudem befürchtet die DGE Gesundheitsfolgen, wenn durch die hochverarbeiteten High-Protein-Produkte Gemüse, Obst und Nüsse vom Speiseplan verdrängt würden. Denn dies könne sich langfristig kritisch auf die Zufuhr von sekundären Pflanzenstoffen, Nähr- und Ballaststoffen auswirken und mit ernährungsbedingten Krankheiten sowie ökologischen Nachteilen einhergehen.

Nicht nur viel Protein, meist auch viel Fett

Das Bundeszentrum für Ernährung weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass High-Protein-Lebensmittel im Vergleich zu herkömmlichen Produkten oft nicht nur mehr Protein, sondern auch mehr Fett enthalten. Bei Eiweißbroten kämen so z. B. je nach Sorte 20 Prozent mehr Kalorien auf den Teller. Vor der Kaufentscheidung sollte daher auch auf die gesamte Energiezufuhr geachtet werden.

Ab wann gilt etwas als „High Protein“ 

Zum Schutz der Verbraucher sind Werbeaussagen auf Lebensmitteln reguliert. So dürfen laut Health-Claims-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1924/2006) Produkte nur dann als „Proteinquelle“ beworben werden, wenn mindestens 12 Prozent des Energiegehalts auf Proteine entfällt. Die Kennzeichnung „High Protein“ bzw. „Hoher Proteingehalt“ ist nur dann zulässig, wenn 20 Prozent des Energiegehalts von Proteinen stammt.

Auch wenn der Proteinbedarf bereits durch eine ausgewogene Ernährung gedeckt werden kann und ein Proteinmangel in Deutschland eher eine Seltenheit ist, stellen High-Protein-Produkte für gesunde Erwachsene in der Regel keine Gefahr dar.

Ausreichend trinken

Wird zu viel Eiweiß aufgenommen, wird dieses abgebaut und der enthaltene Stickstoff in Form von Harnstoff über den Urin ausgeschieden. Aus diesem Grund weist die DGE auch daraufhin, bei hoher Proteinzufuhr auf eine ausreichende Trinkmenge zu achten. Ferner sollten Patienten mit Nierenfunktionsstörungen bei proteinreichen Lebensmitteln vorsichtig sein.

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Trotz allem könnten die neuen, proteinreichen Produkte laut Gahl für bestimmte Personengruppen nützlich sein: Menschen mit Zöliakie können aufgrund der Unverträglichkeit gegenüber Klebereiweiß aus Getreide von Linsen- bzw. Erbsennudeln profitieren. 



Nadine Sprecher, Apothekerin, Redakteurin PTAheute.de
redaktion@daz.online


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