Eptinezumab in Vyepti

EMA empfiehlt vierten Migräne-Antikörper zur Zulassung – welchen Vorteil könnte er bringen?

Stuttgart - 16.11.2021, 16:45 Uhr

Eptinezumab könnte durch einen raschen Wirkeintritt in der Prophylaxe bei Migräne punkten. (s / Foto: IMAGO / Ikon Images)

Eptinezumab könnte durch einen raschen Wirkeintritt in der Prophylaxe bei Migräne punkten. (s / Foto: IMAGO / Ikon Images)


Eptinezumab (Vyepti) soll als nunmehr vierter Migräne-Antikörper in der EU zugelassen werden, das empfiehlt die EMA. Verabreicht wird der zur Prophylaxe von Migräne eingesetzte CGRP-Antikörper als intravenöse Infusion, während die bereits zugelassenen Migräne-Antikörper Erenumab, Fremanezumab und Galcanezumab sich für die subkutane Selbstapplikation eignen – warum könnte Eptinezumab dennoch punkten?

Mehr als drei Jahre, nachdem die EU mit Erenumab in Aimovig® (Novartis) den ersten Migräne-Antikörper zugelassen hatte, hat sich die Europäische Arzneimittelagentur EMA am 11. November 2021 für die Zulassung des mittlerweile vierten Antikörpers zur Migräneprophylaxe ausgesprochen – es geht um Eptinezumab in Vyepti®.

Prophylaxe bei mindestens vier Migränetagen im Monat

Eptinezumab soll Migräneanfällen bei Erwachsenen vorbeugen, wenn diese an mindestens vier Tagen im Monat an Migräne leiden. Die Gabe erfolgt als intravenöse Infusion mit 100 mg Eptinezumab im Abstand von drei Monaten. Der Humanarzneimittelausschuss der EMA sieht den Nutzen von Vyepti® in einer „monatlichen Verringerung der Migränetage“, zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Überempfindlichkeitsreaktionen und Nasopharyngitis.

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Wie auch die bereits zugelassenen und eingesetzten Migräne-Antikörper adressiert Eptinezumab das CGRP-System. CGRP steht für Calcitonin-Gene-Related-Peptide – ein Neuropeptid, das aktuellen Erkenntnissen zufolge eine wichtige Rolle in der Pathogenese von Migräne spielt. Zwischen den Migräne-Antikörpern gibt es sowohl Gemeinsamkeiten wie auch Unterschiede. So eint Erenumab, Galcanezumab (Emgality®), Fremanezumab (Ajovy®) und Eptinezumab ihr Anwendungsgebiet – alle dürfen ausschließlich bei erwachsenen Migränikern mit einer Mindestzahl von vier monatlichen Migränetagen angewendet werden.

Intravenöse vs. subkutane Applikation

Allerdings unterscheiden sich die Migräne-Antikörper in ihrer Verabreichungsart: Erenumab, Fremanezumab und Galcanezumab können subkutan appliziert werden – was eine Selbstverabreichung durch den Patienten erlaubt –, Eptinezumab hingegen erhalten die Migräniker als intravenöse Infusion, und das schließt eine Eigenapplikation aus. Erenumab und Fremanezumab liegen als Fertigpen und Fertigspritze vor, Lilly bietet bei Galcanezumab lediglich einen Fertigpen an. Auch müssen die Antikörper unterschiedlich häufig verabreicht werden: Für Erenumab sieht Novartis ein vierwöchiges Dosierintervall vor, Lilly hat für Galcanezumab die Zulassung zur monatlichen Verabreichung. Fremanezumab kann sowohl monatlich wie auch vierteljährlich gespritzt werden, Eptinezumab sieht ebenfalls ein dreimonatiges Dosierintervall vor.

Wie kann Eptinezumab punkten?

Auch wenn alle Antikörper im CGRP-System wirken, so neutralisiert nur Erenumab den CGRP-Rezeptor, die anderen drei Antikörper binden CGRP direkt. Bleibt die Frage, wie Lundbeck – der künftige Zulassungsinhaber von Vyepti® – Eptinezumab als vierten Antikörper in der Migräneprophylaxe noch etablieren will. Allerdings: So spät Eptinezumab auch kommen mag und so wenig patientenfreundlich die Verabreichung via intravenöser Infusion erscheint – Eptinezumab könnte letztlich einen anderen Benefit in die Migränetherapie bringen.

Schneller Wirkeintritt

Denn Eptinezumab scheint besonders rasch zu wirken, was vielleicht durch die intravenöse Gabe erklärbar ist. So hatten die Autoren der S1-Leitlinie „Prophylaxe der Migräne mit monoklonalen Antikörpern gegen CGRP oder den CGRP-Rezeptor“ Daten zum ungefähren Wirkeintritt der Migräne-Antikörper analysiert. Sie kommen für Erenumab und Galcanezumab zu einem Wirkeintritt zwischen ein und zwei Wochen nach Injektion. Besonders rasch wirkte aber Eptinezumab – und zwar bereits am Tag eins nach der Gabe der Studienmedikation.

Wirksam auch bei akuter Migräne?

Und mit einem weiteren Vorteil könnte Eptinezumab vielleicht aufwarten: Einer jüngst im amerikanischen Ärzteblatt „JAMA“ veröffentlichten Studie (RELIEF) zufolge half Eptinezumab nicht nur in der Vorbeugung von Migräneattacken. Der Antikörper wirkte auch bei akuten Migräneanfällen – die Migräniker waren häufiger, schneller und länger kopfschmerzfrei, auch verschwanden Migräne-Begleitsymptome wie Übelkeit, Photo- und Phonophobie unter Eptinezumab rascher.

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Ob Eptinezumab auch in der Indikation der Behandlung akuter Migräne einmal zur Zulassung gebracht wird, bliebt abzuwarten. Nun fehlt erst noch die Zulassung von Vypeti zur Prophylaxe der Migräne, diese muss die Europäische Kommission erteilen, sie folgt in der Regel der wissenschaftlichen Empfehlung der EMA.



Celine Müller, Apothekerin, Redakteurin DAZ.online (cel)
redaktion@daz.online


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