Die Zweifel bleiben

Verhindern Omega-3-Fettsäuren kardiovaskuläre Ereignisse oder nicht?

Berlin - 07.12.2021, 07:00 Uhr

Fisch ist gesund, Fischölkapseln auch? (Foto: PhotoSG / AdobeStock)

Fisch ist gesund, Fischölkapseln auch? (Foto: PhotoSG / AdobeStock)


Fisch ist gesund, vorrangig wegen der enthaltenen mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Die Idee, eben diese Omega-3-Fettsäuren isoliert und gezielt zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen einzusetzen, hat in der Vergangenheit allerdings mehr Tiefen als Höhen erfahren. Glänzende Ausnahme: die europäische Zulassung und Markteinführung von Vazkepa® in diesem Jahr. Das Rx-Arzneimittel mit Icosapent-Ethyl soll bei Statin-behandelten Patienten den Triglyceridspiegel weiter senken und helfen, kardiovaskulären Ereignissen vorzubeugen. Die Zulassungsstudie erntete in der Fachwelt viel Applaus, aber auch Kritik. Wie die Datenlage einzuordnen ist, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der DAZ 48/2021.

Nahrungsergänzungsmittel auf Basis von Fischöl werden gern gekauft, mit der Erwartungshaltung, „Hirn und Herz“ etwas Gutes zu tun. Die Hoffnungen haben sich in den vergangenen Jahren jedoch zerstreut. So kam ein Cochrane-Review zu dem Schluss, dass die Zufuhr von Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) nur geringe oder gar keine Auswirkungen auf Todesfälle und kardiovaskuläre Ereignisse haben.1 Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) sprach sich im März 2019 gegen den Einsatz entsprechender Präparate in der Sekundärprävention aus.2 Doch Fischöl ist nicht gleich Fischöl. So gelangte die EMA zwei Jahre später zu einem anderen Urteil, als sie dem Präparat Vazkepa® die Zulassung erteilte.

Hoch gereinigt und hoch dosiert

Vazkepa® enthält den Wirkstoff Icosapent-Ethyl, einen Ethylester und Prodrug der Omega-3-Fettsäure EPA, die aus einer Kette von 20 Kohlenstoffatomen mit fünf Doppelbindungen besteht. Das Rx-Arzneimittel basiert im Gegensatz zu rezeptfreien Fischöl-Kombinationen ausschließlich auf chemisch modifizierter EPA in hoher Dosierung und enthält keine weiteren Omega-3-Fettsäuren wie DHA. Die Anwendung erfolgt laut Zulassung zur Verringerung des kardiovaskulären Risikos bei Erwachsenen, die ein hohes kardiovaskuläres Risiko sowie erhöhte Triglyceridwerte (≥ 150 mg/dl bzw. ≥ 1,7 mmol/l) haben und bereits mit einem Statin behandelt werden.3 Es muss eine nachgewiesene kardiovaskuläre Erkrankung vorliegen oder ein Diabetes mellitus und mindestens ein weiterer kardiovaskulärer Risikofaktor.

Eine Packung Vazkepa® enthält 120 Weichkapseln (pro Kapsel 998 mg Icosapent-Ethyl) und kostet im Verkauf 268,96 Euro. Bei einer empfohlenen Dosierung von zweimal täglich je zwei Kapseln ist mit jährlichen Therapiekosten von 3.227 Euro zu rechnen – eine Summe, die nur durch einen deutlichen Nutzen zu rechtfertigen ist. Die Zulassungsstudie REDUCE-IT schürte zumindest hohe Erwartungen.

Großer Beifall für REDUCE-IT

An der Doppelblind-Studie REDUCE-IT nahmen fast 8.200 Probanden teil, die bereits mit Statinen behandelt wurden (LDL zwischen 41 und 100 mg/dl), aber noch erhöhte Triglycerid-Werte über 135 mg/dl zeigten.4 Sie nahmen über eine mediane Dauer von knapp fünf Jahren zweimal täglich 2 g reines EPA (Vazkepa®, Amarin) ein. Die Placebogruppe erhielt Mineralöl-Kapseln. Im Ergebnis konnte das Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis in der Verumgruppe signi­fikant um 25 % gesenkt werden. Die Studienautoren betonten den primären p-Wert von 0,00000001, der auf eine äußerst hohe statistische Signifikanz hinweist.5 Auch der wichtigste sekundäre Endpunkt aus harten klinischen Ereignissen, nämlich Herzinfarkt, Schlaganfall und kardiovaskulär bedingtem Tod, hatte einen p-Wert mit sechs Nullen hinter dem Komma. Die absolute Risikoreduktion betrug 4,8 %, was einer Number Needed to Treat (NNT) von nur 21 entspricht.

Hinter dem Erfolg von Icosapent-Ethyl wird ein mulitfaktorieller Wirkmechanismus vermutet, darunter eine Verbesserung des Lipoproteinprofils mit einer Reduktion der triglyceridreichen Lipoproteine sowie entzündungshemmende und antioxidative Effekte. Auch eine Thrombozytenhemmung wird diskutiert, was neben den erwünschten Effekten auch Blutungen als Nebenwirkung erklären könnte.



Rika Rausch, Apothekerin
redaktion@daz.online


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