„eRezept Deutschland“

Kassen wollen eigenes E-Rezept-Projekt fortführen

Berlin - 07.01.2022, 09:15 Uhr

Das E-Rezept-Projekt der Techniker Krankenkasse hatte vor drei Jahren in Hamburg-Wandsbek mit nur einer Apotheke und den Ärzten und Ärztinnen eines Diabetes Zentrums begonnen. (Foto: IMAGO / epd)

Das E-Rezept-Projekt der Techniker Krankenkasse hatte vor drei Jahren in Hamburg-Wandsbek mit nur einer Apotheke und den Ärzten und Ärztinnen eines Diabetes Zentrums begonnen. (Foto: IMAGO / epd)


Die bundesweite Einführung des E-Rezepts der Gematik zum 1. Januar 2022 ist nicht geglückt. Dagegen läuft bereits seit einiger Zeit das von der Techniker Krankenkasse angestoßene Projekt „eRezept Deutschland“, an dem mittlerweile sieben Kassen beteiligt sind – allerdings ist die Ausstellung und Einlösung der E-Rezepte seit Jahresbeginn nicht mehr möglich. Die Kassenchefs werben nun beim Bundesgesundheitsminister für eine Fortsetzung ihres Projekts unter Verwendung der TI.

Begonnen hatte das E-Rezept-Projekt der Techniker Krankenkasse vor drei Jahren in Hamburg-Wandsbek mit nur einer Apotheke und den Ärzten und Ärztinnen eines Diabetes Zentrums. Doch es ging Stück für Stück weiter. Seit Dezember 2020 sind neben der TK auch die Barmer, die DAK-Gesundheit auch die Hanseatische Krankenkasse (HEK), Big Gesund, die IKK classic sowie die AOK Bayern am Projekt „eRezept Deutschland“ beteiligt. Ihre insgesamt etwa 34 Millionen Versicherten konnten sich bis vor kurzem bei teilnehmenden Ärzten und Ärztinnen ein E-Rezept ausstellen lassen, das dann in die jeweilige Krankenkassen-App eingelesen und einer teilnehmenden Apotheke eingelöst wurde. Das vorübergehende Fazit zum Jahresende: Es konnten Erfahrungen mit dem elektronischen Rezept gesammelt und gezeigt werden, dass der Prozess zwischen allen Partnern technisch und unter Beachtung von Datenschutz und Datensicherheit funktioniert. Rund 1.500 Rezepte seien erfolgreich ausgestellt und eingelöst worden, heißt es seitens der TK.

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Doch mit der Rezeptausstellung und -einlösung ist seit dem Jahreswechsel Schluss – schließlich sollte ab dem 1. Januar 2022 das E-Rezept der Gematik kommen. Daher hatten die projektbeteiligten Kassen zuvor die teilnehmenden Apotheken, Ärztinnen und Ärzte über die neue Situation informiert, die PVS-Partner schalteten entsprechend die Möglichkeit zur Rezeptausstellung ab.

Mitte Dezember entschied das Bundesgesundheitsministerium – größter Gesellschafter der Gematik – jedoch, dass die Pflichteinführung des E-Rezepts verschoben wird. Die Technik läuft bekanntlich noch nicht rund, im Pilotprojekt wurden über ein halbes Jahr hinweg keine 50 E-Rezepte abgewickelt. Die Chefs und Chefinnen der am „eRezept Deutschland“ beteiligten Kassen sind nun der Meinung, dass diese Ankündigung dem eigenen Projekt neue Möglichkeiten gibt. Diese bewerten sie aktuell mit ihren Projektpartnern. Zugleich veranlasste es die Kassenvorstände, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach anzuschreiben.

Nutzung der Telematikinfrastruktur, aber mit kasseneigenen Apps

In ihrem Brief vom 17. Dezember zeigen sie sich zunächst erfreut, dass der Koalitionsvertrag der neuen Regierungsfraktionen vorsieht, die Einführung des E-Rezepts zu beschleunigen. Leider deuteten die aktuellen Entwicklungen aber darauf hin, dass eher das Gegenteil geschehe. Dabei, so schreiben sie, gebe es „voll funktionsfähige und bewährte Lösungen für das E-Rezept“: nämlich das eigene Projekt – das „größte und erfolgreichste E-Rezept-Projekt Deutschlands“ mit etwa 1.500 beteiligten Praxen und Apotheken. „Wir bieten an, unser funktionierendes Projekt eRezept Deutschland unter Verwendung der Telematikinfrastruktur fortzusetzen und zu erweitern, damit in Deutschland weiterhin und zunehmend E-Rezepte ausgestellt werden können“, heißt es im Brief. Voraussetzung sei lediglich, „dass, wie bisher in unserem Projekt, das E-Rezept den Versicherten auch über die schon genutzten und akzeptierten Kassen-Apps zur Verfügung gestellt werden kann (und nicht nur über die E-Rezept-App der Gematik)“.

Die Vorstände erklären, dass das Projekt nach einer Abstimmung mit den Technikpartnern den Anpassungen zur Telematikinfrastruktur kurzfristig wieder reaktiviert werden könnte. Sie verweisen drauf, dass es ansonsten vorerst faktisch kein E-Rezept geben wird. „Das wäre nach der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein weiterer Rückschlag für die Akzeptanz der digitalen Prozesse der Telematik bei den Leistungserbringern und Versicherten“. Diese Akzeptanz werde gegenwärtig ohnehin durch die Sicherheitslücke in vielen Anwendungen erneut stark strapaziert.

Die Kassenchefs empfehlen daher dringend, „den Einführungstermin des bundesweit verpflichtenden E-Rezepts später, nicht aber vor dem 1. Januar 2023 zu realisieren“. Das Jahr 2022 müsse genutzt werden, um die gesamten Prozesse des E-Rezepts auf breiter Basis und in hoher Anzahl erfolgreich zu erproben. Gesetzliche Anpassungen seien hierfür nicht erforderlich.

Eine Reaktion aus dem Bundesgesundheitsministerium haben die Kassenvorstände bislang allerdings nicht erhalten.



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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