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7. Januar 2022
Diese Verhandlungen gingen erfreulicherweise recht geräuschlos über die Bühne: Die Apothekengewerkschaft Adexa und der Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken ADA haben sich auf einen neuen Gehaltstarifvertrag für Apothekenmitarbeiterinnen und -mitarbeiter geeinigt. Sie dürfen sich in der Gehaltsabrechnung ab 1. Januar 2022 über ein Plus von 200 Euro, PKA über 225 Euro freuen. Und ab 2023 gibt’s dann nochmal eine Erhöhung. Mein liebes Tagebuch, ist das nun zufriedenstellend oder nicht? Klar, für den einen oder die andere Apothekeninhaber(in) ist das nicht leicht zu verkraften, je nach Personalbestand kommt da im Jahr schnell ein mittlerer fünfstelliger Betrag zustande – Apotheke muss man sich leisten können. Aber, mein liebes Tagebuch, nicht nur aus Sicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die in Apotheken gezahlten Tarifgehälter wirklich nicht in den oberen Sphären angesiedelt, bei den PKAs liegen sie sogar nur knapp über der diskutierten Mindestlohngrenze von 12 Euro. Und nicht nur Berufsanfänger, die sich im pharmazeutischen Arbeitsmarkt orientieren, stellen sehr rasch fest, dass die Industrie in anderen Gehaltsklassen mitspielt – da können nur wenige Apotheken mithalten. Andererseits, mein liebes Tagebuch, sind die Tarifgehälter das eine und die tatsächlich gezahlten Gehälter das andere: Nicht selten zahlen Apotheken gerne über Tarif, zehn, zwanzig oder noch mehr Prozent, abhängig auch vom Einsatz, der Leistungsbereitschaft und anderen Fähigkeiten der Mitarbeiterin, des Mitarbeiters. Oder die Apotheken müssen über Tarif zahlen, weil es der Markt will und weil sie nur so ihre Angestellten halten oder finden. Insofern spiegeln die Tarifverträge nicht unbedingt die Realität der in Apotheken üblichen Gehälter wider. Darauf haben unlängst auch der ADA und die Tarifgemeinschaft der Apothekenleiter Nordrhein (TGL) hingewiesen und angemerkt, ob es nicht sinnvoll wäre, wenn sich die Gehaltstarifverträge mehr der Realität annäherten. Mein liebes Tagebuch, so könnte auch die Politik deutlicher sehen, welche Kosten die Apotheken zu schultern haben und dass es genug Gründe gibt, die Apothekenhonorare zu erhöhen.
E-Rezept – war da was? Ach ja, es sollte mal am 1. Januar 2022 starten. Das wollten noch im letzten Dezember so einige glauben. Mit dem Glauben ist das so eine Sache. Ende des Jahres kam die Erlösung: Die Einführung wird verschoben auf … unbestimmt. Und das war gut so. Mein liebes Tagebuch, so ist das eben (leider) mit Prestigeobjekten im digitalen Universum. Wär’ zu schön gewesen, wenn es funktioniert hätte, aber angesichts der massiven Schwächen und der zahlreichen ungeklärten Fragen, ganz abgesehen von der überschaubaren Zahl an den E-Rezepten, deren Ablauf realiter getestet wurde, ist es gut so, dass wir noch ein Weilchen die rosa Rezeptformulare mit unseren Händen streicheln dürfen. Wir werden sehen, wie lange noch. Parallel zum Gematik-Projekt E-Rezept mühten sich übrigens auch einige Krankenkassen ab, ein Projekt namens „eRezept Deutschland“ auf die Beine zustellen und zu erproben. Deren Versicherte konnten sich bis vor Kurzem bei teilnehmenden Ärzten und Ärztinnen ein E-Rezept ausstellen lassen, das dann in die jeweilige Krankenkassen-App eingelesen und von einer teilnehmenden Apotheke eingelöst wurde. Rund 1.500 Rezepte seien so bereits erfolgreich ausgestellt und eingelöst worden, heißt es seitens der TK, die als eine der ersten das Projekt begonnen hatte. Das Kassen-E-Rezept hat angeblich gut funktioniert. Mein liebes Tagebuch, das wirft Fragen auf, beispielsweise warum man da Kassengelder eingesetzt, wenn es eh nicht zum Zug kommt. Oder warum letztlich Kassen und Gematik nicht ihr Know-how ausgetauscht haben. Und natürlich auch die Frage: Hätten wir wirklich lieber eine App der Kassen für unsere E-Rezepte gehabt mit allen Fragen und Szenarien, die sich daraus ergeben, oder ist uns eine unabhängige App der Gematik und ein E-Rezept-Prozedere ohne Kassenbeteiligung nicht auf jeden Fall lieber? Müßig, darüber zu sinnieren. Wir warten nun, ja, nicht auf Godot, sondern aufs E-Rezept. Irgendwann ist es soweit, mein liebes Tagebuch, da bin ich mir sicher.
15 Kommentare
Symbiose neu entdecken
von Reinhard Rodiger am 09.01.2022 um 19:47 Uhr
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Nachwuchs
von Bernadette Buchholz am 09.01.2022 um 18:18 Uhr
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AW: Nachwuchs
von Michael Reinhold am 09.01.2022 um 21:05 Uhr
Die Gehaltsfragen und Tarife und warum vieles so ist wie es ist
von Dr.Diefenbach am 09.01.2022 um 18:16 Uhr
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AW: Die Gehaltsfragen und Tarife und warum
von Karl Friedrich Müller am 09.01.2022 um 19:36 Uhr
Toll, was so ein Journalist alles weiß
von Karl Friedrich Müller am 09.01.2022 um 10:50 Uhr
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AW: Toll, was so ein Journalist alles wei
von Reinhard Rodiger am 09.01.2022 um 14:29 Uhr
3 Prozent Steigerung bei 5 Prozent Inflation ?
von Ulrich Ströh am 09.01.2022 um 10:04 Uhr
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AW: 3 Prozent Steigerung bei 5 Prozent
von PTA am 09.01.2022 um 12:40 Uhr
AW: 3 Prozent Steigerung bei 5 Prozent
von Karl Friedrich Müller am 09.01.2022 um 14:47 Uhr
AW: 3 Prozent Steigerung bei 5 Prozent
von Anita Peter am 09.01.2022 um 16:05 Uhr
AW: 3 Prozent Steigerung bei 5 Prozent
von Stefan Siebert am 09.01.2022 um 17:06 Uhr
AW: 3 Prozent Steigerung bei 5 Prozent
von Michael Reinhold am 09.01.2022 um 17:26 Uhr
AW: 3 Prozent Steigerung bei 5 Prozent
von PTA am 09.01.2022 um 18:04 Uhr
Mehr Attraktivität für Apothekenberufe
von H.K. am 09.01.2022 um 9:18 Uhr
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