Testmethoden im Überblick

PCR, PoC-NAT und PoC-PCR – was ist eigentlich was?

Stuttgart - 28.01.2022, 07:00 Uhr

Der PCR-Test gilt als Goldstandard beim Nachweis von SARS-CoV-2. (x / Foto: IMAGO / Müller-Stauffenberg)

Der PCR-Test gilt als Goldstandard beim Nachweis von SARS-CoV-2. (x / Foto: IMAGO / Müller-Stauffenberg)


PCR, PoC-NAT und PoC-PCR – dass hinter diesen Begriffen Verfahren stecken, die unter anderem bei Tests auf SARS-CoV-2 zum Einsatz kommen, ist wohl allen klar. Dass sie genauer sind als die überall verfügbaren Schnelltests, ist auch noch hinlänglich bekannt. Doch was ist der Unterschied zwischen PCR und NAT?

Es gibt mittlerweile eine Reihe von Testverfahren, um SARS-CoV-2 direkt nachzuweisen. Neben den Antigentests, oft auch als Schnelltests bezeichnet, gibt es verschiedene Methoden, die virale Nukleinsäuren detektieren. Dabei macht man sich sogenannte Nukleinsäure-Amplifikations-Techniken (oder eng. NAAT= Nucleic Acid Amplification Tests) zunutze, kurz NAT.

Bekannteste NAT ist die PCR. PCR steht für Polymerase Chain Reaction. Bei der PCR wird, wie viele im Studium gelernt haben, das in Form von Nukleinsäuren vorliegende Erbgut so vervielfältigt, dass es nachgewiesen werden kann. Die Technik kommt nicht nur bei der Diagnostik von Infektionen zum Einsatz, sondern beispielsweise auch bei der Untersuchung von biologischem Spurenmaterial in Kriminalfällen und beim Vaterschaftstest. Ist heute von PCR die Rede, ist in vielen Fällen, die sogenannte Realtime-PCR genannt. Sie kommt auch beim Nachweis von SARS-CoV-2 zum Einsatz. Vor der Amplifikation wird die virale RNA übrigens mithilfe des Enzyms Reverse Transkriptase in komplementäre DNA umgeschrieben.

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Ct-Wert als Maß für die Infektiosität

Die Real-Time-PCR erlaubt mittels Fluoreszenzmessung eine Quantifizierung der vervielfältigten Nukleinsäuren bereits während des laufenden Prozesses, indem spezifische Sonden an die neu gebildete DNA binden, die mit einer fluoreszierenden Substanz markiert sind. Bei Zunahme der DNA-Menge steigt die Intensität der Fluoreszenz, bis sie messbar wird. Nach wie vielen Zyklen sie messbar wird, ist ein Parameter für die Ausgangskonzentration, im Fall von SARS-CoV-2 der Viruslast. Das spiegelt sich im sogenannten Ct-Wert (Ct = Cycle threshold, auch Cq = Quantifizierungszyklus genannt) wider. Je höher die Ausgangskonzentration, desto geringer die Anzahl der erforderlichen Temperaturzyklen, bis die Fluoreszenz ansteigt, desto geringer also der Ct-Wert.

PCR als Goldstandard

Für die PCR wird üblicherweise die Probe an ein Labor gesendet, das die Untersuchung dann durchführt. Bis das Ergebnis vorliegt, dauert es im Regelfall einen Tag, bei hoher Auslastung auch länger. Sie gilt als Goldstandard der SARS-CoV-2-Diagnostik. Wenn es darum geht, den Zugang zu beschränken oder zu priorisieren, weil die Laborkapazitäten begrenzt sind, ist diese Methode gemeint.

Grundsätzlich können Labore auch andere NAT als die PCR anwenden, die Testverordnung deckt dies auch ab. So können beispielsweise isotherme Techniken zum Einsatz kommen. Im Gegensatz zur PCR, bei der auf 95 °C erhitzt, dann auf eine Temperatur von 50 bis 60 °C abgekühlt, im dritten Schritt die Temperatur wieder angehoben wird, in der Regel auf 72 °C, und dies dann mehrfach wiederholt wird, arbeitet man dort nur mit einer Temperatur.

Point of Care Tests

Neben den Untersuchungen, bei denen Probenmaterial in ein Labor gegeben wird, gibt es noch die sogenannten PoC-Tests. PoC steht für „Point of Care“. Hier wird die Analytik vor Ort vorgenommen. Das Ergebnis kann in weit weniger als einer Stunde vorliegen. Unter dem Begriff PoC-NAT versteht man also Tests, die ebenfalls auf Nukleinsäure-Amplifikations-Technik basieren, aber eben kein Labor benötigen. Für SARS-CoV-2 werden sie unter anderem in Apotheken durchgeführt.

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Welche NAT zum Einsatz kommt, hängt vom Gerät ab. So arbeitet beispielsweise Vivalytics von Bosch mit Real-time-PCR, analog zu den Laborgeräten gibt es auch einen Cq-Wert. Das Ergebnis liegt innerhalb von knapp 40 Minuten vor.

Isotherme Verfahren als Alternative

Darüber hinaus können auch hier isotherme Techniken zum Einsatz kommen. Das ist im Hinblick auf die benötigten Gerätschaften von Vorteil, weil die eben nur eine konstante Temperatur herstellen müssen. Ein Beispiel hierfür ist die „loop-mediated isothermal amplification“, kurz LAMP.

Wie war das nochmal mit der PCR?

1. Denaturierung

Erst wird auf 95 °C erhitzt, um die DNA in ihre Einzelstränge aufzutrennen. (Denaturierung). Weil Coronaviren RNA-Viren sind, muss die RNA vorher noch mithilfe des Enzyms Reverse-Transkriptase in komplementäre DNA umgeschrieben werden.

2. Annealing

Dann wird auf 50 bis 60 °C abgekühlt. Die Temperatur muss geringfügig unter der Schmelztemperatur der verwendeten Primer liegen. Nun können sich die komplementären Primer an die Einzelstränge der Ziel-Sequenz anlagern. 

3. Elongation

Später wird die Temperatur wieder angehoben, in der Regel auf 72 °C. Da ist die Polymerase besonders aktiv. Sie baut eine Kopie der durch die Primer markierten charakteristischen DNA-Sequenz auf.

Bei der Transcription-mediated Amplification (TMA) wird ebenfalls bei konstanter Temperatur gearbeitet. Darüber hinaus gibt es noch eine ganze Reihe anderer isothermer Amplifikationsechniken (nicking endonuclease amplification reaction = NEAR, Helicase-dependent amplification= HDA,  clustered regularly interspaced short palindromic repeats = CRISPR,  Strand displacement amplification= SDA). Auch ID-Now von Abbott nutzt eine angeblich eigene, nicht näher spezifizierte isotherme NAT-Technologie. Das rein qualitative Ergebnis liegt nach weniger als 15 Minuten vor. 

Zudem sind Verfahren mit Biochips denkbar. 

Anwendungsgebiete und Limitationen

All diese Tests werden unter dem Begriff PoC-NAT zusammengefasst. Die Bundesregierung misst ihnen offensichtlich für die Zukunft eine große Bedeutung bei. So wurde kürzlich ein Förderprogramm für Produktionsanlagen für PoC-NAT-Schnelltestgeräte und für die dazu notwendigen Testkartuschen zum Nachweis von SARS-CoV-2 aufgelegt.

Die Spezifität von PoC-NAT-Tests reicht nahezu an die Spezifität von PCR-Tests heran, die Sensitivität ist jedoch etwas geringer. Nach Ansicht des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) bieten sie sich daher zur Verifizierung positiver Schnelltestergebnisse an, wie es auf seiner Webseite schreibt. Außerdem seien sie besonders gut in Situationen geeignet, in denen man schnell ein relativ sicheres Testergebnis innerhalb kurzer Zeit benötige, wie zum Beispiel bei Testungen in Notaufnahmen, Ambulanzen und Pflegeeinrichtungen, heißt es weiter. 

PoC-NAT-Schnelltests böten im Vergleich zu Antigenschnelltests auch im Reiseverkehr eine höhere Sicherheit, so das BMG. Allerdings werden PoC-NAT-Tests nicht überall anerkannt, auch eine Übernahme der Ergebnisse zum Beispiel in die Corona-Warn-App ist zumindest bei testenden Apotheken nicht möglich. Weil es falsch-negative Ergebnisse geben kann, sollte in sensiblen Bereichen  zum Schutz eines Eintrags in Bereiche mit Personen, die ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf haben, der PCR-Testung Vorzug gegeben werden. Auch bei Zweifeln an einem negativen PoC-NAT-Test, etwa aufgrund einer Persistenz von Symptomen, sollte eine PCR-Testung erwogen werden, rät das BMG.

Sind PoC-NAT-Tests nur in Einzelfällen eine Alternative?

Kritik an den PoC-NAT-Tests kommt, wenig überraschend, auch von Labormedizinern. So erklärt der Direktor des Instituts für Labormedizin am Stuttgarter Marienhospital, Matthias Orth, gegenüber dem SWR, dass PoC-NAT-Tests nur in Einzelfällen eine Alternative zur PCR darstellten, weil sie auf Einzelmessungen ausgelegt seien. Das werde dem aktuellen Bedarf nicht gerecht. Ein weiteres Problem ist in seinen Augen, dass die Tests nicht quantitativ sind und folglich keine Ct-Werte liefern – was im Übrigen gar nicht für alle Verfahren stimmt. Ct-Werte geben bei PCR-Tests an, wie hoch die Viruslast der getesteten Person ist. Damit ließe sich nicht abschätzen, wie infektiös eine Patientin oder ein Patient sei, erklärt der Labormediziner beim SWR. Daher könne mit den PoC-NAT-Tests niemand freigetestet werden.



Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Probenmaterial

von Monika Schmid am 31.01.2022 um 8:51 Uhr

Kann man auch den Hotspot getragener Masken als Probenmaterial einsetzen?
Oder bekommt man von der Wattestäbchenfolter wirklich keinen Nasenkrebs?

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