NDR-Fernsehbeitrag, IGES-Studie und Forderungen des Virchowbundes

Finanzinvestoren kaufen immer mehr Arztpraxen

Süsel - 12.04.2022, 10:45 Uhr

Eingangs- und Wartebereich einer modernen Arztpraxis (Foto: photowahn / AdobeStock)

Eingangs- und Wartebereich einer modernen Arztpraxis (Foto: photowahn / AdobeStock)


Krankenhäuser als Schlupfloch im Gesetz

Im Fernsehbeitrag wird auch beschrieben, wie die Übernahme von Arztpraxen durch Finanzinvestoren überhaupt möglich ist, obwohl sie nicht zum Kreis der zulässigen Betreiber von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) gemäß § 95 Abs. 1a SGB V gehören. Doch zugelassene Krankenhäuser dürfen ein MVZ betreiben, und Finanzinvestoren dürfen Krankenhäuser kaufen. Im NDR-Beitrag wird als Beispiel eine kleine Schlafklinik angeführt, die zahlreiche augenärztliche Praxen betreibe.

Virchowbund fordert Transparenz und Gemeinnützigkeit

Als Reaktion auf den NDR-Beitrag hat sich der Virchowbund, der Verband der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, in einer Pressemitteilung geäußert. Die „Renditejagd“ im Gesundheitswesen verschärfe sich. Arztpraxen würden zum begehrten Spekulationsobjekt, heißt es vom Virchowbund. 

Neben Zahnarztpraxen gehe es auch um Augenärzte, Radiologen, Nephrologen, Gynäkologen, Internisten und Hausärzte. Der Virchowbund fordere daher erneut Gesetzesänderungen. Denn es gebe „deutliche Hinweise“, dass MVZ in Investorenhand zu höheren Behandlungskosten führen würden. Dabei diene insbesondere die Abrechnung zur Gewinnmaximierung. 

Der Virchowbund verweist dazu auf eine Studie des IGES-Instituts von 2020, gemäß der investorengeführte Praxisketten „vermehrt betriebswirtschaftlich attraktivere Leistungen erbringen, während sie weniger attraktive Leistungen vernachlässigen“. Dr. Dirk Heinrich, der Vorsitzende des Virchowbundes, erklärt dazu, Investoren würden Gewinne erwarten, und führt weiter aus: „Dieses Geld muss im Gesundheitswesen erst verdient werden – auch auf dem Rücken der Versicherten.“ 

Um Patienten und inhabergeführte Arztpraxen besser zu schützen, fordert der Virchowbund ein Transparenzregister für MVZ. Jeder Patient müsse erkennen können, wer der „wirtschaftlich Berechtigte“ sei. Außerdem sollten MVZ-Neugründungen nur noch als gemeinnützige GmbH (gGmbH) zulässig sein, fordert der Virchowbund. Denn dann dürften keine hohen Renditen mehr an Anleger ausgezahlt werden.



Dr. Thomas Müller-Bohn (tmb), Apotheker und Dipl.-Kaufmann
redaktion@daz.online


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