- DAZ.online
- News
- Debatte & Meinung
- Mein liebes Tagebuch
Für Apothekers gibt’s Überraschungseier zum Oster-Fest! Ein Ei der wohlschmeckenden Art: Die Bundesapothekerkammer hat ein Positionspapier vorbereitet für eine neue Approbationsordnung. Das Ziel: Ein Apothekerberuf mit mehr Nähe zum Patienten. Das könnte uns Apothekers in die Zukunft tragen! Und das Überraschungsei, das schon bei der organoleptischen Probe durch H2S-Dämpfe auffällt: Ein EU-Versender kauft einen Express-Kurierdienst. Und schon hat der Versender über die Partnerapotheken des Kurierdienstes direkten Zugang zum Vor-Ort-Geschäft. Vielleicht nutzen die „Partnerapotheken“ die Osterruhe, um darüber nachzudenken, ob sie das wollten…. In diesem Sinne: Fröhliche Ostern!
11. April 2022
Über eine Novellierung der Approbationsordnung für Apotheker (AAppO) wird gefühlt schon über eine Dekade gesprochen. Spätestens als Begriffe wie Medikationsplan, Medikationsanalyse und Medikationsmanagement von jeder Apothekerin, von jedem Apotheker wie im Schlaf über die Lippen kamen und spätestens als der Nachwuchs von Apothekerpaaren in der Kita auf die Frage, was Mama oder Papa denn so machen, ganz locker sagt, sie seien Arzneimitteltherapiesicherheitsexperten, spätestens seit dieser Zeit ist man sich bei der Bundesapothekerkammer, beim Verband der Professoren an Pharmazeutischen Hochschulen und anderen maßgeblichen Verbänden und Organisationen bewusst, dass die Ausbildung für Apothekerinnen und Apotheker einer Reform bedarf. Als vor ein paar Jahren die ABDA zurecht auf eine Novellierung drängte, da bremsten so manche Hochschullehrer noch und warnten davor, jede Veränderung der Approbationsordnung könne in gefährliche Richtungen laufen – das Bachelor-Master-Gespenst guckte um die Ecke. Man könne doch auch erstmal nur an den Inhalten der bestehenden Approbationsordnung ein wenig herumschrauben und versuchen, die neuen Anforderungen in Richtung mehr Patientenbetreuung einzubauen, vor allem auch im Dritten Ausbildungsabschnitt. Ja, es gab Ansätze und kleine Neuerungen, aber letztlich merkte man doch, dass sie die Apothekerausbildung nicht in eine zeitgemäße Apothekerzukunft tragen können. Vor gut zwei Jahren, im November 2019 machte die Mitgliederversammlung der Bundesapothekerkammer Nägel mit Köpfen: Sie beschloss, eine Novellierung der AAppO anzustreben. Zuvor hatte man sich Gedanken gemacht zum „Berufsbild der Apothekerin und des Apothekers“ und „Thesen zur Ausbildung des Apothekers“ formuliert. Das Thesenpapier war schließlich die Basis für den Beschluss der Mitgliederversammlung, eine neue Approbationsordnung anzugehen. Man holte Hochschulprofessor der Pharmazie, die Pharmaziestudierenden und weitere beteiligte Fachorganisationen an den Runden Tisch und diskutierte intensiv. Herauskam der Entwurf eines Positionspapiers „Novellierung der AAppO“, das derzeit zwischen den Beteiligten abgestimmt wird und am 10. Mai verabschiedet werden soll. Auf dieser Basis soll dann die Novellierung der AAppO beim Bundesministerium für Gesundheit (BMG) beantragt werden. Mein liebes Tagebuch, wenn man sich erinnert, welche gegensätzlichen Diskussionen noch vor wenigen Jahre geführt wurden, ob man überhaupt eine neue Approbationsordnung angehen soll und wenn ja, wie sie ausgestaltet werden soll, dann dürfte das vorliegende Papier ein Meilenstein für einen modernen, zukunftsgerichteten Apothekerberuf sein. Schon bei der ersten Durchsicht des Papiers stellt man fest: Ganz eindeutig zielen die Ausbildungsinhalte darauf ab, die pharmazeutische Betreuung der Patientinnen und Patienten in den Mittelpunkt zu stellen. Und, mein liebes Tagebuch, seien wir ehrlich: Eine andere Ausrichtung des Apothekerberufs als auf den Patienten hätte keinen Sinn gemacht. Nach der ersten Durchsicht des Positionspapiers lässt sich sagen: Mit dieser neuen Ausbildung wird der Apothekerberuf noch anspruchsvoller. Den umfangreichen Stoff sollen die Pharmaziestudierenden in zehn(!) Semestern an der Uni lernen. Schwerpunkte sind u. a. Klinische Pharmazie und Pharmakologie, die an Umfang deutlich zulegen sollen. Die Famulatur soll auf die Hälfte verkürzt werden (nur noch vier Wochen), das praktische Jahr soll auch in Teilzeit absolviert werden können. Ein weiterer neuer Vorschlag: Statt des Wahlpflichtfachs sollen die Studierenden künftig im Hauptstudium innerhalb von sechs Monaten eine wissenschaftliche Arbeit anfertigen. Woran man festhalten will: Die Einheitlichkeit der Approbation muss erhalten bleiben, so dass der Apotheker seinen Beruf in allen pharmazeutischen Tätigkeitsbereichen ausüben kann“, heißt es im Positionspapier. Und ja, man erteilt dem Bachelor-Master-System eine klare Absage. Mein liebes Tagebuch, so kann’s was werden. Vielleicht mag an der einen oder anderen Position noch ein wenig nachjustiert werden, aber unterm Strich: Das Positionspapier für eine neue Ausbildungsordnung kann sich sehen lassen – es bildet zum Apotheker der Zukunft aus, ist auf den Patienten ausgerichtet und äußerst anspruchsvoll. Jetzt kann man sich schon mal überlegen, wie man es schafft, die Apothekenhonorare anzupassen, damit die Apotheken ihre approbierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zukunftsgerecht honorieren können.
Dem E-Rezept sehen die meisten unserer Apotheken mit einem lachenden und einem weinendem Auge entgegen. Lachend, weil mit der Digitalisierung in der Tat vieles einfacher wird, sofern Internet und Technik mitspielen. Wenn da nur nicht – und das ist das weinende Auge – die Bastion der Arzneiversender an der niederländisch-deutschen Grenze wäre, die den Startschuss fürs E-Rezept kaum erwarten können: Sie versprechen sich vom E-Rezept ein deutliches Umsatzplus und endlich mal Gewinne. Dass sie darauf spekulieren dürfen, zeigt ein Blick nach Schweden, wo das E-Rezept längst etabliert ist – Nutznießer ist dort offenbar der Versandhandel. Das Handelsblatt prognostiziert, dass uns in Deutschland Ähnliches bevorstehen könnte. Laut Handelsblatt-Bericht landen mittlerweile 13 Prozent der Rezepte in Schweden bei einem Arzneimittelversender, Tendenz weiter steigend. Was man in Schweden auch sieht: Während der Versandhandel boomt, nimmt die Zahl der stationären Apotheken ab. Mein liebes Tagebuch, wir wollen nicht schwarzmalen, Schweden ist nicht Deutschland. Gleichwohl, die Affinität zum Digitalen nimmt auch in Deutschlands Bevölkerung deutlich zu, ebenso die Affinität, sich Waren nach Hause liefern zu lassen. Mein liebes Tagebuch, es wird mehr und mehr darauf ankommen, dass die Vor-Ort-Apotheke für ihre Kundinnen und Kunden Angebote entwickelt, die persönlich und nur vor Ort angeboten werden. Außerdem wird man sich etwas einfallen lassen müssen, wie man die Arzneimittellieferung zum Kunden nach Hause organisiert. Am besten wohl nicht über Fahrradkurierdienste… siehe weiter unten.
12. April 2022
Die steigenden Kosten auf allen Ebenen, vor allem im Energie- und Personalbereich, setzen auch den Pharmagroßhandlungen zu. Sanacorp hat bei der Belieferung bereits eine Kostenbeteiligung und Tourenoptimierung angekündigt, die Noweda ihre Konditionenkürzungen. Phoenix zieht da nun nach: Dieser Großhändler wird von Apotheken künftig eine Servicepauschale (150 Euro monatlich) verlangen, außerdem einen „Konditionensicherungsausgleich“. Hinzukommen ein Energiekostenzuschlag (2,13 Euro pro Tour) und eine "Optimierung der Tourenkonstellation“. Mein liebes Tagebuch, es war zu erwarten, dass die Großhandlungen ihre steigenden Energie- und Lieferkosten auf die Apotheken abwälzen. Jetzt steht die rhetorische Frage im Raum: An wen können wir die steigenden Kosten weitergeben?
Die allermeisten Versicherten können derzeit mit der Gematik-App noch gar nichts anfangen, geschweige denn ein E-Rezept damit in der Apotheke einlösen. Der Grund liegt bei den Krankenkassen: Sie müssen allen Versicherten eine NFC-fähige Versichertenkarte und eine PIN zusenden, denn nur damit kann der Versicherte sich übers NFC-fähige Smartphone und der Gematik-App authentifizieren. Bis jeder GKV-Versicherten seine moderne NFC-fähige Versichertenkarte samt PIN hat, wird es laut Gematik noch Jahre dauern! Mein liebes Tagebuch, unglaublich, an welchen Ecken und Enden immer wieder neue Hemmschuhe fürs E-Rezept auftauchen. Doch hier will die Gematik mit einer Übergangslösung Abhilfe schaffen: Die E-Rezept-Einlösung soll eine zeitlang ohne Authentisierung möglich sein. Vereinfacht dargestellt sieht der Ablauf dann so aus: Der Versicherte übernimmt den QR-Code auf dem E-Rezept-Ausdruck des Arztes in die Gematik-App, indem er ihn mit dieser App scannt. Dann schickt der Versicherte den Token über die Gematik-App an seine Apotheke. Über dieses vereinfachte Verfahren muss noch abgestimmt werden. Mein liebes Tagebuch, ob es dazu kommt, ist noch offen. Und es bleibt die Frage offen, was den Versicherten davon abhalten soll, den QR-Code auch mit anderen Apps zu scannen oder einfach nur abzufotografieren und zu versenden…
Was der Fernsehbeitrag des NDR-Magazins „Panorama 3“ thematisierte, sollte viel stärker in der Öffentlichkeit diskutiert werden: Finanzinvestoren kaufen immer mehr Arztpraxen. Gemäß den Recherchen des NDR arbeitet geschätzt etwa ein Fünftel aller in Deutschland ambulant tätigen Augenärzte in Praxen von Finanzinvestoren. Mein liebes Tagebuch, was das für die freie und unabhängige Arztwahl, aber auch für eine freie Therapieentscheidung von Augenärzten bedeuten kann, ist bedenklich. Wie die NDR-Journalisten herausgefunden haben, gibt es bereits Fälle, in denen es um offensiv angebotene Zusatzleistungen und möglicherweise sogar überflüssige Augenoperationen geht. Der Druck der Investoren auf ihre Augenärzte scheint immens zu sein. Eigentlich können sich Investoren nicht unmittelbar an Arztpraxen bzw. an Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) beteiligen. Aber es gibt ein Schlupfloch: Zugelassene Krankenhäuser dürfen ein MVZ betreiben, und Finanzinvestoren dürfen Krankenhäuser kaufen. Der NDR nennt hier das Beispiel einer kleinen Schlafklinik, die zahlreiche augenärztliche Praxen betreibe. Aber nicht nur Augenarztpraxen sind Spekulationsobjekte von Finanzinvestoren, auch Zahnärzte, Radiologen und Gynäkologen sind laut Virchowbund, dem Verband der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, dabei. Laut einer Studie des IGES-Instituts erbringen investorengeführte Praxisketten „vermehrt betriebswirtschaftlich attraktivere Leistungen, während sie weniger attraktive Leistungen vernachlässigen“. Das Gutachten kommt zu dem Schluss, dass eine Versorgung im MVZ „höhere Honorarumsätze nach sich zieht, was die These einer stärkeren Ausrichtung an ökonomischen Motiven stützt“. Mein liebes Tagebuch, da müssen doch bei Krankenkassen und in der Politik die Sirenen heulen. Warum reagiert die Bundesregierung nicht auf solche Erkenntnisse? Solche Gutachten belegen doch, dass kapitalgetriebene Medizinbetriebe keine Vorteile bringen, weder für die Patienten, die zu unnötigen Behandlungen gedrängt werden, noch für das Gesundheitssystem, das mit höheren Kosten belastet wird. Für den Apothekenbereich lässt sich daraus die Erkenntnis gewinnen, dass Fremdbesitz nicht zu Ersparnissen führt. Und man sollte im Blick haben, dass selbst die kleinste Lücke im Fremdbesitzverbot ausreicht, um dieses Prinzip auszuhöhlen.
13. April 2022
Interessante Frage: Wie nachhaltig ist das E-Rezept? Nach einer Recherche der Marketingagentur „The Medical Network“ könnte die Umstellung vom Papier- zum E-Rezept unter dem Aspekt Nachhaltigkeit deutliche Vorteile haben. Der Digitalisierungsexperte Florian Giermann rechnet vor, dass das Potenzial sogar noch größer sein könnte als bisher angenommen. So könnte beispielsweise deutlich mehr Papier eingespart werden als von der Marketingagentur angenommen. Außerdem müsste man auch die Ersparnis an Wegen in die Berechnungen mit einbeziehen. Interessante Gedanken, mein liebes Tagebuch, andererseits führen solche Gedankenspiele oft zu noch viel komplexeren Fragestellungen als anfangs gedacht. So fragt sich auch Giermann, wie es mit dem Stromverbrauch beim E-Rezept aussieht. Und noch weiter gedacht: Für IT-Geräte wie Server, Drucker, Smartphones, Notebooks und Co. werden Rohstoffe wie Kupfer, Wolfram oder seltene Erden benötigt. Wie umweltfreundlich und nachhaltig werden diese Geräte gebaut und die Rohstoffe gewonnen? Mein liebes Tagebuch, ist es überhaupt möglich, all die vernetzten Ketten mit in die Nachhaltigkeitsberechnungen miteinzubeziehen? Schwierig. Für Giermann überwiegen dennoch die Vorteile des E-Rezepts fürs Klima: Da ist vor allem weniger Feinstaubausstoß durch einen geringeren Papierverbrauch.
Gut, dass der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) wieder einmal auf die große Bedeutung der Selbstmedikation für unser Gesundheitssystem hinweist: „Gesamtgesellschaftlich setzt die Selbstmedikation bereits heute GKV-Ressourcen im Wert von 16 Milliarden Euro pro Jahr frei und vermeidet 4,8 Milliarden Euro an volkswirtschaftlichen Produktivitätsverlusten“, heißt es in einem BAH-Faktenblatt. Und es könnte noch mehr sein, denn das Potenzial der Selbstmedikation sei noch lange nicht voll ausgeschöpft. Da sind noch Wirtschaftlichkeitsreserven von bis zu 3,7 Mrd. Euro für die GKV und 1,1 Mrd. Euro für die deutsche Volkswirtschaft drin, heißt es im Faktenblatt weiter. In 82 Mio. Fällen könnten zusätzlich Arztbesuche durch Selbstbehandlung substituiert werden, also etwa ein Arztbesuch pro Einwohner weniger. Fazit: „Der Selbstmedikation sollte zukünftig ein steigender Wert zuerkannt und ihre Rahmenbedingungen verbessert werden.“ So fordert der BAH u. a., dass die Entlassung von Arzneistoffen aus der Verschreibungspflicht modernisiert werden müsste. Außerdem müsste die Apothekenpflicht und der niedrigschwellige Zugange zu wirksamen Therapien gestärkt sowie die Rolle der Apotheke als Ort der primären Gesundheitsversorgung weiter ausgebaut werden. Unbedingt, mein liebes Tagebuch, denn die Apotheken sind Teil der Selbstmedikation. Die Politik sollte diesen Zugang zur Selbstmedikation stärken. Sie könnte dadurch fürs Gesundheitswesen weitere Einsparungen realisieren.
14. April 2022
Oh, oh, kündigt ein Apothekenrechenzentrum an, dass es möglicherweise Verzögerungen bei der Auszahlung der Rezeptabrechnungen gebe, dann gehen bei vielen Apothekers die Alarmglocken an: Erinnerungen an die AvP-Pleite 2020 werden wach. Der Rezeptabrechner Noventi sorgte vor Kurzem für Unruhe: In einer Servicemeldung wies er auf eine möglicherweise verspätete Abrechnung hin: pandemiebedingte Personalausfälle und viele Rezepte, so die Begründung. Bald darauf Entwarnung, die Abrechnung erfolgte pünktlich. Die Kunden anderer Rechenzentren mussten allerdings teils länger auf ihr Geld warten. Der Grund dafür sind in der Tat eine Reihe von pandemiebedingten Herausforderungen. Mein liebes Tagebuch, nun denn, hoffen wir, dass die Einschränkungen bald abnehmen und das Geld auch weiterhin pünktlich auf den Konten erscheint. Ein AvP-ähnliches Desaster bei einem Rezeptabrechner wäre jetzt das, was wir am wenigsten brauchen.
Aus Sicht eines EU-Versenders mag es clever sein, sich einen Express-Lieferdienst einzuverleiben. So geschehen beim Versender Shop Apotheke, der den Start-up-Lieferdienst First A zu 100 Prozent übernommen hat. Wir erleben es gerade: Lieferdienste dieser Art, die mit Vor-Ort-Apotheken zusammenarbeiten und quasi den Botendienst erledigen möchten, drängen in Großstädten mit Macht auf den Markt. Kunden bestellen per App auf der Plattform dieser Lieferdienste ihre gewünschten OTC- und Kosmetikprodukte, Fahrradkuriere holen sie bei Partnerapotheken ab und bringen es den Kunden an die Haustür. Die Apotheke spielt bei diesem System namentlich kaum eine Rolle, nicht selten geriert sich die Plattform des Kurierdienstes als vermeintliche Apotheke. Bei dem jüngsten Deal von Shop Apotheke und First A verschafft sich der Versender Zugang zum Vor-Ort-Geschäft und zur Zusammenarbeit mit Vor-Ort-Apotheken. Und schwupps und über Nacht ist die Vor-Ort-Apotheke der Partner eines Erzkonkurrenten, eines EU-Versenders. Aber, mein liebes Tagebuch, will das die Apotheke überhaupt, kann sie sich dagegen wehren und aus dem First-A-Vertrag aussteigen? DAZ.online hat bei zwei Rechtsanwälten nachgefragt. Ohne Kenntnis der jeweiligen Verträge kann man dies natürlich nur schwer beurteilen. Aber beide Juristen kommen zu dem Schluss, dass ein sofortiger Ausstieg möglich sein sollte, eine Vertragsfortführung kann unter den neuen Bedingungen nicht mehr zugemutet werden. Abgesehen davon könnte die Apotheke wohl die Belieferung einstellen, weil sie aus Gründen der Kapazität nicht in der Lage sei, die erforderliche Beratung zu erbringen. Hinzukommt, dass auch eine umsatzabhängige Vergütung im Arzneimittelbereich problematisch sei, es könnte ein Verstoß gegen das Apothekengesetz vorliegen. Mein liebes Tagebuch, vielleicht ist das die Chance für Apotheken, die sich in der Zusammenarbeit mit Lieferdiensten irgendwelche Vorteile versprachen, noch schnell die Reißleine zu ziehen: Nichts wie raus aus diesen Verträgen. Und ja, was Shop Apotheke vorgemacht hat, ist die Blaupause für andere Versender – da werden mit Sicherheit über kurz oder lang noch mehr Übernahmen kommen. Jede Vor-Ort-Apotheke, die auch nur kurz darüber nachdenkt, mit einem Versender oder einem Express-Kurierdienst zusammenzuarbeiten, sollte da mal tief in sich gehen und sich fragen, ob es ihr Traumziel ist, Partner-Apotheke eines EU-Versenders zu werden – und damit am Ast zu sägen, auf dem sie selber sitzt.
Überhaupt, mein liebes Tagebuch, was sich da derzeit am Markt so zusammenbraut, kann uns Vor-Ort-Apothekers nicht österlich froh und munter stimmen. Solche Übernahmen wie die von First A durch den Versender Shop-Apotheke wecken Erinnerungen an die Übernahme der Teleclinic-Online-Ärzte durch die DocMorris-Mutter Zur Rose. Hier hat sich ein Versender eine Online-Arzt-Plattform hinzugekauft und schon stellen Zur-Rose-Ärzte E-Rezepte aus, die dann vom Zur-Rose-Versender beliefert werden. Mein liebes Tagebuch, da wird die Trennung zwischen Arzt und Apotheker durchs Hintertürchen aufgeweicht.
Einen weiteren Aspekt erwähnt Noweda-Chef Dr. Michael Kuck: Die Vor-Ort-Apotheke sollte bei der Wahl ihrer Geschäftspartner sehr genau überlegen, mit wem sie zusammenarbeitet und welche Konsequenzen dies für die Zukunftsfähigkeit der eigenen Apotheke hat. Die Übernahme von First A durch den Versender Shop Apotheke zeigt doch, wie gefährlich es ist, auf digitale Lösungen zu setzen, die nicht apothekenbeherrscht sind. Mein liebes Tagebuch, da kann man ihm nur zustimmen. Die Bedeutung von digitalen Lösungen für den Apothekenmarkt wird immer stärker. Umso mehr muss sich eine Apotheke auf den Partner verlassen können, der für sie die digitale Plattform bietet.
17. April 2022
Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern meines lieben Tagebuchs ein frohes Osterfest!
Angesichts der "Zeitenwende" mit zum Teil dramatischen Ereignissen, aber auch angesichts der anstehenden Umwälzungen durch Energie- und Klimakrise und Digitalisierung möge ein kurzes Innehalten an Ostern Kraft geben, um hoffen zu können.
Ihr Peter Ditzel
5 Kommentare
E-Rezept spart Papier
von Friedemann Ahlmeyer am 17.04.2022 um 10:57 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Mal was Neues wagen…beim Tagebuch
von Ulrich Ströh am 17.04.2022 um 9:24 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort
AW: Mal was Neues wagen…beim Tagebuch
von Conny am 17.04.2022 um 10:09 Uhr
Danke!
von Peter Ditzel am 17.04.2022 um 8:43 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Ostern 22
von Dr.Diefenbach am 17.04.2022 um 8:18 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.