G-BA

Kein Zusatznutzen für Vazkepa belegt

Stuttgart - 26.04.2022, 09:15 Uhr

In den USA schreibt man den Namen des hochdosierten und chemisch modifizierten Omega-3-Fettsäure-Präparats Vazkepa mit einem „s“: Vascepa. (x / Foto: picture alliance/AP Photo | Uncredited)

In den USA schreibt man den Namen des hochdosierten und chemisch modifizierten Omega-3-Fettsäure-Präparats Vazkepa mit einem „s“: Vascepa. (x / Foto: picture alliance/AP Photo | Uncredited)


Wäre eine Therapie-Eskalation besser gewesen?

Unter einer Therapieanpassung versteht der G-BA etwa eine Erhöhung der Statin-Dosis oder eine zusätzliche Gabe von Ezetimib. Dies war im Studienverlauf von REDUCE-IT bei Überschreiten eines LDL-C-Werts von 130 mg/dl (LDL-Cholesterol = LDL-C) in zwei aufeinanderfolgenden Messungen im Abstand von mindestens einer Woche zwar möglich. Vor dem Hintergrund der langen Behandlungsdauer von etwa fünf Jahren entspreche dieses Vorgehen jedoch weder dem Versorgungsstandard noch den Leitlinienempfehlungen für Patientinnen und Patienten mit (sehr) hohem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse, heißt es. Damit bleibe unklar, ob bei einem Teil der Patientinnen und Patienten eine weitere Therapieeskalation vorgenommen hätte werden können oder müssen. 

Tatsächlich seien die Prüfärztinnen und -ärzte im Studienverlauf gegenüber den LDL-C-Werten der Patientinnen und Patienten verblindet gewesen. Erst bei LDL-C-Werten > 130 mg/dl in zwei aufeinanderfolgenden Messungen erfolgte eine Entblindung der Prüfärztinnen und Prüfärzte hinsichtlich der LDL-C-Werte. „Es bestand dann die Möglichkeit, im Sinne einer Notfalltherapie entweder die Dosis des bestehenden Statins zu erhöhen oder die zusätzliche Gabe von Ezetimib zu erwägen“, heißt es. Laut der aktuellen ESC/EAS Leitlinie sei für Menschen mit hohem und sehr hohem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen neben einer Gewichtsreduktion und Änderung des Lebensstils die Absenkung des LDL-C-Werts von zentraler Bedeutung für die Reduzierung dieses Risikos. Dabei würden für Patientinnen und Patienten mit hohem Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse LDL-C-Zielwerte < 70 mg/dl bzw. mit sehr hohem Risiko LDL-C-Zielwerte < 55 mg/dl empfohlen. 

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Auch aus der Nationalen Versorgungsleitlinie gehe hervor, dass eine weitere Eskalation mit Ezetimib optional erwogen werden kann, insbesondere wenn keine hohen Statindosen vertragen werden oder wenn die Zielwerte < 70 mg/dl unter der maximal verträglichen Statindosis nicht erreicht werden. 

In der Studie sollen die Patient:innen jedoch schon zu Studienbeginn LDL-C-Werte im Median von 74 bis 75 mg/dl aufgewiesen haben. Diese sollen in jeweils beiden Studienarmen über den Studienverlauf weitgehend unverändert geblieben sein. „Eine weitere Reduktion bis < 70 mg/dl bzw. < 55 mg/dl hätte in der Studie REDUCE-IT beispielsweise noch durch eine Eskalation mit Ezetimib erreicht werden können“, erklärt der G-BA. Daten des pharmazeutischen Unternehmers zeigten, dass der Anteil von Personen mit LDL-C-Werten < 55 mg/dl zu Studienbeginn etwa 13 Prozent betrug.

Beim Stellungnahmeverfahren soll der pharmazeutische Unternehmer dann zwar nach der mündlichen Anhörung weitere Daten zu den Anteilen derjenigen Patientinnen und Patienten der REDUCE-IT Studie vorgelegt haben, die einen LDL-C-Wert 

  • unter 40 mg/dl,
  • über 100 mg/dl (bzw. 100 bis 130 mg/dl) und
  • über 130 mg/dl im Studienverlauf aufweisen.

Die vom pharmazeutischen Unternehmer dargestellten prozentualen Anteile seien jedoch unterschätzt, „da die Beobachtungszeiten in der Studie patientenindividuell unterschiedlich war und die Anzahl der Patientinnen und Patienten unter Risiko bereits ein Jahr nach Randomisierung sowie auch im weiteren Studienverlauf deutlich abnahm“. Den Daten sei zu entnehmen, dass etwa ein Jahr nach Studienbeginn ca. 19 Prozent der Patientinnen und Patienten im Icosapent-Ethyl-Arm und ca. 26 Prozent im Kontrollarm LDL-C-Werte > 100 mg/dl aufwiesen. Diese Anteile sollen im Studienverlauf weitgehend unverändert geblieben sein.

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Damit – „auch wenn davon ausgegangen wird, dass eine maximal tolerierte medikamentöse Therapie nicht für alle Patientinnen und Patienten angezeigt ist“ – geht aus den vorgelegten Unterlagen des pharmazeutischen Unternehmers für den G-BA nicht hervor, inwieweit für die Patientinnen und Patienten die noch bestehenden Therapieoptionen (Eskalation der Statintherapie oder Zugabe von Ezetimib) nicht geeignet oder ausgeschöpft waren. Insgesamt sollen so große Unsicherheiten bestehen bleiben darüber, ob bei einem Teil der Patientinnen und Patienten eine weitere Therapieeskalation vorgenommen hätte werden können oder müssen – insbesondere unter Berücksichtigung der langen Studiendauer, heißt es.



Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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