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24. Juni 2022
Die kostenlosen Bürgertests kosten unseren Staat eine Menge Geld, von monatlich 1 Milliarde Euro ist da die Rede. Dem Bundesfinanzminister sind diese Kosten ein Dorn im Auge. Mein liebes Tagebuch, da leider kein „Sondervermögen“ für Tests zur Verfügung gestellt wird, musste Lauterbach handeln: Es gibt zwar weiterhin kostenlose Bürgertests, aber halt nicht mehr für alle. Ab Juli kann sich weiterhin jeder testen lassen, allerdings mit 3 Euro Eigenbeteiligung. Nur für vulnerable Personengruppen, Kinder bis 5 Jahren, Schwangere im ersten Trimenon, Besucherinnen und Besucher in Krankenhäusern und Pflegeheimen, Haushaltsangehörige von Infizierten und Personen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, sind die Schnelltests noch kostenlos. Eine Reduktion bei der Vergütung müssen die Teststellen hinnehmen, also auch testende Apotheken: Ab Juli gibt es nur noch 7 Euro für den Abstrich und 2,50 Euro fürs Material. Bei den Testungen, die für die Bevölkerung nicht mehr kostenlos sind, geht der Eigenanteil von 3 Euro an die Teststelle, der Staat vergütet dann nur noch 4 Euro. Mein liebes Tagebuch, einerseits verständlich, dass der Staat sparen will, andererseits stellt sich die Frage, ob da an der richtigen Stelle gespart wird. Beim Landesapothekerverband Baden-Württemberg (LAV) kommen die neuen Regeln nicht gut an: Er prognostiziert, dass sich viele Menschen nun gar nicht mehr testen lassen. Aus Sicht des Infektionsschutzes sei diese Entscheidung nicht nachvollziehbar, lässt LAV-Chefin Tatjana Zambo wissen. Da kann man ihr nur zustimmen. Fraglich ist wohl auch, ob weiterhin so viele Apotheken die Tests anbieten werden und anbieten können: Die Vergütung wird reduziert, aber die Aufgaben steigen – Teststellen müssen dann nämlich prüfen, ob der zu Testende Anspruch auf einen kostenlosen Test hat oder 3 Euro Eigenanteil bezahlen muss. Wenn die Inanspruchnahme nachlässt, werden wohl nicht mehr alle testenden Apotheken den Aufwand für die Tests vorhalten. Und so schwinden auch die Testmöglichkeiten für die Bevölkerung. Mein liebes Tagebuch, während noch vor nicht allzu langer Zeit der Slogan „testen, testen, testen“, die Richtschnur war, so scheint unsere Regierung nun diesen Weg der Teststrategie zu verlassen. Aber wie Frau Zambo richtig hinzufügt: „Einer Virus-Pandemie kann man nicht fiskalisch entgegentreten.“ Wir werden sehen, was der nächste Herbst bringt.
Die Digitalisierung geht weiter, auch im Gesundheitswesen. Die Gesundheitsministerkonferenz hat dazu einige Beschlüsse gefasst, die auch die Pharmazie betreffen. So sind sich die Gesundheitsminister einig, dass „das erhebliche wirtschaftliche Nutzenpotenzial der Digitalisierung im Gesundheitswesen zu heben ist“. Darunter fällt der Umgang mit Gesundheitsdaten, der Austausch mit Heilberuflern, die elektronische Patientenakte und anderes. Interessant ist der Beschluss, der Pharmaziestudierende betrifft: In der Approbationsordnung soll verankert werden, dass ein Teil der begleitenden Unterrichtsveranstaltungen künftig – regelhaft und unabhängig von einer pandemischen Lage – in Abstimmung mit der zuständigen Behörde in Online-Formaten durchgeführt wird. Da darf man gespannt sein, welche Veranstaltungen da online stattfinden werden. Die Gesundheitsministerkonferenz befasste sich darüber hinaus mit der Forderung, den Einfluss von privaten Investoren bei der Gründung und dem Betrieb von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) einzuschränken. Mein liebes Tagebuch, endlich, möchte man da ausrufen. Es wird höchste Zeit, dass hier der Gesetzgeber aktiv wird. Die Einflussnahme der Investoren auf MVZ wird immer dreister und dramatischer – die Unabhängigkeit einer ärztlichen Therapie ist gefährdet. Hoffen wir, dass sich da schnellstens etwas tut.
8 Kommentare
darf ich heute wieder langweilen zu eRezept?
von Karl Friedrich Müller am 26.06.2022 um 17:18 Uhr
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AW: darf ich heute wieder langweilen zu
von Karl Friedrich Müller am 27.06.2022 um 6:55 Uhr
AW: darf ich heute wieder langweilen zu
von Jürgen Weinberg am 27.06.2022 um 16:52 Uhr
Nachwuchs
von Dr. Radman am 26.06.2022 um 12:19 Uhr
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Arbeitskreise helfen nicht bei PTAs!
von Ulrich Ströh am 26.06.2022 um 9:09 Uhr
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AW: Arbeitskreise helfen nicht bei PTAs
von Dr.Diefenbach am 26.06.2022 um 10:07 Uhr
AW: Arbeitskreise helfen nicht bei PTAs
von Conny am 26.06.2022 um 11:07 Uhr
Inflationsausgleich
von Torben Schreiner am 26.06.2022 um 8:16 Uhr
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