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Eckpunkte für GKV-Finanzreform
Krankenkassen sind enttäuscht
Die heute vorgestellten Eckpunkte für die GKV-Finanzreform haben bei den Krankenkassen – die ja eigentlich von dem Gesetz profitieren sollen – keine Begeisterung hervorgerufen. Und auch beim grünen Koalitionspartner sieht man noch einigen Diskussionsbedarf.
Am heutigen Dienstag hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat heute die mit Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) abgestimmten Eckpunkte für eine „GKV-Finanzreform“ vorgestellt. Das geplante Gesetz, dessen Entwurf jetzt in die Ressortabstimmung geht und der bislang nicht an die Öffentlichkeit gelangt ist, soll das für das kommende Jahr erwartete Defizit der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Höhe von 17 Milliarden Euro ausgleichen. Dass auch die Apotheken dazu einen Beitrag leisten sollen, ist klar – doch wie dieser aussehen soll, ließ Lauterbach heute noch offen. Bei Kassen kommen diese Pläne gar nicht gut an.
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So erklärte Doris Pfeiffer, Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, in einer ersten Reaktion, dass der GKV „insgesamt allenfalls eine finanzielle Atempause“ verschafft werde. Dabei sei das zwangsweise Herunterfahren der Reserven der Krankenkassen nicht ohne Risiko. „Das Aufbrauchen von Rücklagen, ein kleiner Extra-Bundeszuschuss in Verbindung mit einem Bundesdarlehen und Beitragserhöhungen sind keine solide und nachhaltige Finanzierung der gesundheitlichen Versorgung von 73 Millionen gesetzlich Versicherten“, so Pfeiffer. Wichtig sei allerdings, dass Lauterbach Leistungskürzungen für Versicherte erneut ausgeschlossen hat.
Vor allem ist die GKV-Chefin enttäuscht, „dass der Staat bei der Finanzierung der gesundheitlichen Versorgung von ALG-II-Empfangenden einer seiner sozialen Kernaufgaben auch weiterhin nicht nachkommt“. Im Auftrag des Staats organisierten und bezahlten die Krankenkassen die gesundheitliche Versorgung der ALG-II-Empfänger:innen, erhielten dafür aber vom Staat pro Jahr 10 Milliarden Euro weniger aus Steuermitteln, als sie für diese Versorgung ausgeben müssen. „Wenn der Staat hier seiner Verpflichtung voll nachkäme, wäre schon viel erreicht. Hier hat es, trotz der Ankündigung im Koalitionsvertrag, keinerlei Bewegung gegeben. So bleibt es dabei, dass die Krankenkassen den Bundeshaushalt Jahr für Jahr mit rund zehn Milliarden Euro subventionieren“.
Lauterbach hatte zu dieser Forderung der Kassen heute erklärt, dass dies zwar im Koalitionsvertrag aufgegriffen sei – dies bedeute aber nicht, dass sie auch schon im ersten Jahr umgesetzt werde
AOK-Chefin: kurzfristiges Stückwerk
Carola Reimann, Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, zeigte sich ebenfalls enttäuscht: „Gefordert waren Lösungen für eine dauerhaft gesicherte Finanzperspektive der gesetzlichen Krankenversicherung. Geliefert worden ist aber nur kurzfristiges Stückwerk für das kommende Jahr“. Zwar nutze die Koalition einige Potenziale für Einsparungen und kündige sinnvolle Maßnahmen auf der Ausgabenseite an – insbesondere im Arzneimittelbereich. Der geplante Solidarbeitrag der pharmazeutischen Industrie erscheine angemessen. „Aber unter dem Strich läuft das Maßnahmenpaket vor allem auf eine enorme Zusatzlast für Beitragszahlerinnen und Beitragszahler hinaus“, so Reimann. Die Erhöhung der Zusatzbeiträge und die Aufnahme eines Darlehens, das die Beitragszahler 2026 wieder zurückzahlen müssten, habe „mit nachhaltiger Finanzierung nichts zu tun“. Es verschiebe die Lösung der Probleme nur in die nächste Legislaturperiode“, so Reimann.
BDA: Taschenspielertrick
Die Arbeitgeber sind ebenfalls nicht zufrieden. BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter sagte: „Anstatt mit nachhaltigen Strukturreformen und ausgabenbegrenzender Maßnahmen kräftig gegenzusteuern sollen die Beitragszahlenden stärker belastet und durch Darlehen Anleihen in der Zukunft genommen werden. Alleine durch die Anhebung des Beitragssatzes wird ein Teil der durch das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz, das Steuerentlastungsgesetz 2022, die Energiepreispauschale und den Kinderbonus vorgesehene Entlastung einfach wieder aufgefressen. Das kommt einem Taschenspielertrick gleich“.
Grüne-Fraktionsvize: noch keine hinreichende Antwort
Auch Maria Klein-Schmeink, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, nimmt die Eckpunkte „mit vielen offenen Fragen und einigem Diskussionsbedarf zur Kenntnis“. Das betreffe auch die Einbeziehung der Leistungserbringer in die Einsparungen. Die Eckpunkte seien eine „notwendige, aber noch keine hinreichende Antwort auf die vor allem von der Vorgängerregierung verursachten Finanzprobleme in der GKV“, sagte Klein-Schmeinck. Sie vermisst ebenfalls die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag, dass zur Stabilisierung der GKV-Finanzen der Bundeszuschuss dynamisiert und Beiträge von ALG-II-Bezieher:innen finanziert werden müssen.
Wenn nun über andere Maßnahmen zur Stärkung der Beitragseinnahmen geredet werde, sei eine faire Lastenteilung wichtig, bei der starke Schultern mehr tragen. „Gerechte Maßnahmen zur Steigerung der Beitragseinnahmen dürfen kein Tabu sein“, so Klein-Schmeink. „Die Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze etwa würde je nach Ausgestaltung einen erheblichen Teil der strukturellen Deckungslücke abdecken können. Auch intelligente Schritte, die Strukturreformen in der Versorgung mit mehr Effizienz verbinden, sollten ein wichtiges Element sein.“
1 Kommentar
GKV sollte froh sein
von ratatosk am 08.07.2022 um 10:22 Uhr
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