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Streik in Apotheken. Aber leider nur ein bisschen. Auch ein bisschen zu spät. Aber immerhin: In vier Bundesländern schließen am kommenden Mittwochnachmittag die Apotheken. Warum dieser Protest gegen Lauterbach und seiner Erhöhung des Kassenabschlags, der für die Apotheken deutlich weniger Honorar bedeutet, erst jetzt kommt und auch nicht bundesweit – diese Frage bleibt uns die ABDA schuldig. Überhaupt, ist so ein zögerlicher Protest für die Politik, für die Öffentlichkeit überhaupt glaubwürdig? Warum sind wir Apothekers nicht selbstbewusster, mutiger? Nach dem Gesetz ist vor dem nächsten Gesetz – und das könnte uns noch mehr zusetzen, wenn wir uns nicht rechtzeitig dagegen stark machen.
10. Oktober 2022
Die Zeichen stehen auf Streik! Aber nur ein bisschen und nur in vier Bundesländern. Es trauen sich Brandenburg, Hamburg, Schleswig-Holstein und allen voran das Saarland. Der Saarländische Apothekerverein (SAV) hat bereits Anfang der Woche seine Protestaktion für den 19. Oktober angekündigt. Und so soll der Protest aussehen: Die Apothekervereine dieser vier Länder rufen ihre Apotheken dazu auf, am kommenden Mittwoch ab 12 Uhr zu schließen, um ein „deutliches Signal nach Berlin“ zu senden: ein Protest gegen das Lauterbachsche GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, gegen den erhöhten Kassenabschlag. Aber mal ehrlich, wie „deutlich“ kann so ein Signal sein, das viel zu spät, zu flau, zu zögerlich rüberkommt? Mein liebes Tagebuch, da hört man zwar vereinzelt Äußerungen von Kammer- und Verbandsseite, es gehe hier letztlich um unsere Existenz, aber wie glaubwürdig kommt das alles draußen in der Öffentlichkeit an: So ein bisschen Streik, in nur vier Bundesländern, und für durchsetzungsstarke politische Wirkungen dazu noch viel zu spät – meinen das die Apothekers im Land wirklich ernst? Geht es denen tatsächlich um die Existenz, wie sie immer tönen? Und so fragt man sich schon, warum haben sich nur die Apothekerverbände dieser vier eher kleineren Bundesländer dazu aufgerafft, eine Protestaktion zu organisieren? Warum ist kein richtig großer Verband dabei? Warum hat die ABDA nicht die Chance für einen bundesweiten Streik genutzt? Dabei ist doch die Bereitschaft unter den Apothekerinnen und Apothekern schon seit einigen Wochen sichtlich gut, mal wirklich deutliche Zeichen zu setzen und nicht nur in vier Bundesländern ein paar Plakate aufzuhängen und Handzettel zu verteilen – mit großzügiger Unterstützung der ABDA. Mein liebes Tagebuch, die Aktivitäten der vier Bundesländer in allen Ehren! Die Frage ist aber doch, ob solche Protestchen mit der notwendigen Wucht bei Karl Lauterbach und seinem Ministerium ankommen. Mich würde es nicht wundern, wenn sie ihn sogar noch in seiner Meinung bestärken: Die Apotheken trauen sich doch gar nicht zu protestieren, sie wissen um die guten Maskengeschäfte und ihre schönen Dienstleistungshonorare. Also, mein liebes Tagebuch, einen Daumen hoch für die Apothekerverbände im Saarland, Brandenburg, Hamburg und Schleswig-Holstein, die sich trauen, zum Streik aufzurufen. Und ja, ein dickes Danke an alle Apotheken in diesen Ländern, die dem Aufruf folgen und ein Zeichen setzen. Aber es bleibt die Frage: Warum haben wir nicht den Mumm und das Selbstbewusstsein und schließen unsere Apotheken für einen Tag zu – im ganzen Land!
Wir brauchen dringend eine Erhöhung unseres Apothekenhonorars. Aber die Politik will davon nichts wissen. Stattdessen kommen ständig neue Ideen um die Ecke, wie man uns Honorar wegnehmen könnte. Erst vor Kurzem hat die FDP-Bundestagsfraktion das Bundesgesundheitsministerium (BMG) gebeten zu prüfen, was eine Deckelung der 3-Prozent-Marge für Rx-Arzneimittel auf 45 Euro bringen würde. Wahnsinn! Wie absurd und abwegig solche Kürzungen wären und was mit so einer Deckelung zusammenhängt, rechnet DAZ-Wirtschaftsredakteur Dr. Thomas Müller-Bohn vor. Denn zum einen sind wir Apothekers auch Kaufleute und haben beim Erwerb unserer Waren, den Arzneimitteln, besondere Risiken und Kosten zu tragen, die mit der 3-Prozent-Marge aufgefangen werden müssen. Eine Deckelung würde vor allem die hochpreisigen Arzneimittel über 1500 Euro vollkommen unrentabel machen. Und letztlich würde mit einer Deckelung eine Belastung von etwa 270 Millionen Euro pro Jahr auf uns zukommen, also eine weitaus höhere Belastung als bei der geplanten Erhöhung des Apothekenabschlags. Mindestens ebenso irritierend ist eine weitere Frage der FDP-Fraktion an das BMG: „Um welchen Betrag müsste der Apothekenabschlag zusätzlich erhöht werden, um die Streichung der Importförderklausel daraus vollständig zu refinanzieren.“ Auch darauf weiß der Beitrag von Müller-Bohn klare Antworten. Also, unsere Standesvertretung sollte diese Prüf-Vorgänge peinlichst genau verfolgen. Mein liebes Tagebuch, es gibt für diese Fragen nur einen Weg – nämlich den in die Tonne.
11. Oktober 2022
In den Arztpraxen sind die Grippeschutzimpfungen schon angelaufen sind. In den Apotheken kann es im Rahmen der Regelversorgung erst jetzt losgehen: Der Deutsche Apothekerverband hat die mit den Krankenkassen verhandelten Konditionen für Grippeschutzimpfungen in Apotheken samt Honorar abgesegnet. Insgesamt erhält die Apotheke pro Impfung in den eigenen Räumlichkeiten 11 Euro (7,60 Euro für die Impfung plus 2,40 Euro fürs Verbrauchsmaterial plus 1,00 Euro für die Beschaffung der Impfdosis). Impfen darf jede Apotheke, die sich fürs Impfen durch eine entsprechende Schulung qualifiziert hat. Ob nun eine Apotheke die Grippeschutzimpfung anbieten will oder nicht, bleibt jedem Apothekeninhaber, jeder Apothekeninhaberin überlassen. Einen Bedarf in der Bevölkerung für Grippeschutzimpfungen in Apotheken gibt es, zudem ist der niedrigschwellige Zugang zur Impfung für die eine oder den anderen ein guter Anreiz, sich gegen Grippe impfen zu lassen. Sicher, die 11 Euro sind nicht der große Hit. Bei oberflächiger Betrachtung sieht es so aus, als ob dies sogar ein höheres Honorar sei als die Hausärzte fürs Impfen bekommen (zwischen 7,50 Euro und 9,50 Euro). Was natürlich wieder dazu führt, dass die Ärzteschaft kräftig dagegen wettert und eine Honoraranpassung fordert. Aber sie sollten da genau hinsehen: Denn für die reine Impfleistung erhalten wir Apothekers nur 7,60 Euro und dieses Honorar liegt am unteren Ende des ärztlichen Impfhonorars. Also, cool down, liebe Hausärztinnen und Hausärzte, wir bekommen mitnichten mehr als ihr. Außerdem lassen sich die Honorare nicht wirklich miteinander vergleichen. Und: In der Apotheke impfen Herr Apotheker oder Frau Apothekerin selbst, in Arztpraxen darf die Grippeschutzimpfung auch ans Assistenzpersonal delegiert werden.
Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hatte Geburtstag: 150 Jahre! Glückwunsch! Im Interview mit DAZ.online erläutert der derzeitige Vorsitzende des DAV, Thomas Dittrich, warum man den Verband gerade heute erfinden müsste, wenn es ihn nicht schon gäbe. Nun, mein liebes Tagebuch, zum Glück, es gibt ihn. Und er hat sich im Lauf der 150 Jahre mehrmals selbst erfunden. So war er anfangs ein Verein, der wissenschaftliche Ziele verfolgte. Erst im Zeitalter der fortschreitenden Industrialisierung entwickelte er sich zu einer Standes- und Interessenvertretung. Heute spielt er eine Rolle, die aus dem Dasein der öffentliche Apotheke nicht wegzudenken ist. Der DAV ist beispielsweise zuständig für den Abschluss von Arznei- und Hilfsmittelversorgungsverträgen, aber auch für die Verwaltung des Fonds zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes von Apotheken. Die Mitgliedschaft im DAV ist für Apotheken freiwillig, aber der Organisationsgrad ist hoch: Mehr als 90 % der Apotheken sind in den jeweiligen Landesverbänden vertreten. Dittrich im Interview: „Ich halte es für wichtig, dass wir gegenüber der Politik und in den Verhandlungen mit den Krankenkassen mit einer Stimme sprechen.“ Und das ist gut so, mein liebes Tagebuch.
12. Oktober 2022
Unsere Streiks und Protestaktionen gegen das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz kommen zu spät. Wenn am 19. Oktober in einigen Teilen der Republik die Apotheken nachmittags aus Protest schließen, wird der Gesundheitsausschuss das letzte Mal das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz beraten. So, wie es sich derzeit darstellt, gibt es kein Zurück bei unserer Honorarkürzung: Die Politik brummt den Apotheken für zwei Jahre einen erhöhten Kassenabschlag auf. Schon in der nächsten Woche wird der Gesundheitsausschuss des Bundestages über die bis dahin vorliegenden Änderungsanträge abstimmen und den Weg für die Verabschiedung des Gesetzes durch das Parlament bereiten. Für Apotheken sind derzeit keine Änderungen des vorliegenden Gesetzestextes zu sehen. Wir können, wir müssen uns also schon mal seelisch und moralisch auf weniger Apothekenhonorar einstellen. Was uns nun bleibt, ist die Erkenntnis: Nach dem Gesetz ist vor dem nächsten Gesetz. Und das hat Lauterbach bereits angekündigt: eine umfassende Strukturreform im Gesundheitswesen. Und die könnte, wie bereits von Experten angedeutet, noch wesentlich härter für die Apotheken ausfallen als das GKV-Finanzierungstabilisierungsgesetz. Mein liebes Tagebuch, da kann unsere Standesvertretung in ihrem Berliner Apothekerhaus schon mal die Heizung kräftig runterdrehen: Heiß sollte es dann durch die Gedanken werden, die sich die besten Köpfe zur Strukturreform machen müssen. Vor allem, wir dürfen nicht wieder warten, was uns die Politik überstülpen will, wir müssen stattdessen selbst mit einem Forderungskatalog antreten, wie wir uns die Apotheke und ihre Leistungen in Zukunft vorstellen und welches Honorar hierfür unabdingbar ist. Mit Selbstbewusstsein!
13. Oktober 2022
So musste es kommen: Der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) wollte sich partout nicht der Gedisa (Gesellschaft für digitale Services der Apotheken mbH) anschließen, u. a. wegen der nach seiner Ansicht unvorhersehbaren Kosten und einem fehlenden aussagekräftigen Businessplan. Nun werden die Mitglieder des AVWL mit monatlich 20 bzw. 75 Euro zur Kasse gebeten, wenn sie weiterhin die Dienste des Verbändeportals nutzen wollen. Vermutlich werden nicht wenige Apotheken diese Dienste in Anspruch nehmen wollen, z. B. die Nutzung des Apothekenportals zur Ausstellung von Covid-19-Imfzertifikaten oder für die Impfsurveillance für Covid-19-Impfungen. Mein liebes Tagebuch, ob es sinnvoll war, dass sich der AVWL als einziger der 17 Apothekerverbände gegen die Gedisa sträubte, weiß nur der AVWL selbst. Aber gut möglich, dass sich die Mitglieder dieses Verbands eines Tages doch noch durchringen werden und der Gedisa beitreten. Denn für die Mitglieder der anderen Verbände kostet die Beteiligung an der Gedisa pro Betriebsstätte und Monat etwa 50 Euro, mit mehr Rechten und Vorteilen. Und irgendwie wird man angesichts der Leistungen, die das Apothekenportal bietet, kaum daran vorbeikommen, sie in Anspruch zu nehmen. Ist es letztlich nicht eine gute Sache, wenn wir Apothekers selbst ein eigenes und unabhängiges Apothekerportal aufbauen?
14. Oktober 2022
Sollte ganz oben auf der To-Do-List des Deutschen Apothekerverbands stehen: Retax muss weg. Ein für alle Mal weg. Die heutige Retax-Maschinerie, die die Kassen im Lauf der Jahre installiert und verfeinert haben, darf es so in Zukunft nicht mehr geben. In keiner Branche wird ein Unternehmen so hart abgestraft für kleinste (und mitunter sogar nur vermeintliche) Unachtsamkeiten wie in der Geschäftsbeziehung zwischen Krankenkassen und Apotheken. Der zeitliche und damit auch finanzielle Aufwand für Apotheken, Retaxationsforderungen der Krankenkassen zu prüfen und abzuwehren, ist immens. Da sich in vielen Fällen herausstellt, dass Krankenkassen ganz offensichtlich eine nicht unerhebliche Anzahl von Rezepten zu Unrecht retaxieren, lässt sich durchaus vermuten, dass Krankenkassen Retaxierungen als Geschäft betreiben. Eine DAZ.online-Umfrage geht der Frage nach, wie viele Ressourcen die Retaxarbeit in den Apotheken bindet. Machen Sie mit!
9 Kommentare
Streik
von Gerhard Zibulak am 16.10.2022 um 17:16 Uhr
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AW: Streik
von Ulrich Ströh am 16.10.2022 um 21:30 Uhr
Einschätzung
von Conny am 16.10.2022 um 16:57 Uhr
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Mein liebes Tagebuch
von Bernd Haase am 16.10.2022 um 10:44 Uhr
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Das ist erst der Anfang!
von Linda F. am 16.10.2022 um 10:13 Uhr
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AW: Das ist erst der Anfang
von Conny am 16.10.2022 um 10:54 Uhr
Kurz gesagt
von Karl Friedrich Müller am 16.10.2022 um 8:53 Uhr
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AW: Kurz gesagt
von Roland Mückschel am 16.10.2022 um 9:23 Uhr
Die Zeit
von Holger Rummel am 16.10.2022 um 8:44 Uhr
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