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Umwelt und Gesundheit
Wie Feinstaub zu Lungenkrebs führt
Luftverschmutzung schädigt die Lunge und begünstigt die Entstehung von Lungenkrebs. Wie eine umfangreiche Studie nun zeigt, jedoch nicht, indem Luftverschmutzung Mutationen auslöst, sondern indem eine anhaltende Entzündungsreaktion die Proliferation bereits mutierter Zellen fördert. Ein Interleukin scheint dabei eine prominente Rolle zu spielen – ist das ein möglicher präventiver Ansatz?
UV-Strahlung, Tabakrauch, Helicobacter pylori, Wurst und Alkohol – die Liste der von der Weltgesundheitsorganisation als für den Menschen als krebserregend eingestuften Noxen ist lang. Seit 2016 ist auch „outdoor air pollution“, also Luftverschmutzung, auf dieser zu finden. Kritisch an verschmutzter Luft sind unter anderem die als Feinstaub bezeichneten einatembaren Partikel, die mit einer Teilchengröße von ≤ 10 µm (PM10) die Lunge und bei ≤ 2,5 µm (PM2,5) sogar die Alveolen erreichen. Diese Partikel entstehen insbesondere bei Verbrennungsprozessen, aber auch durch Reifenabrieb.
Eine Assoziation zwischen der Feinstaubbelastung und der Häufigkeit von Lungenkrebs wurde unter anderem in einer europäischen und einer brasilianischen Studie gezeigt. Unklar war bislang, über welchen Mechanismus Feinstaub die Krebsentstehung begünstigt. Hier liefert nun eine am 5. April in „Nature“ veröffentliche Studie erste Antworten.
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Über 70 Forscher:innen werteten hierfür sowohl epidemiologische Daten als auch Ergebnisse aus Laborversuchen aus. Im Fokus stand dabei eine Lungenkrebsart, bei der eine Mutation des EGFR (Epidermal Growth Factor Receptor) vorliegt. Diese Krebsart tritt überwiegend bei Nichtrauchern auf, wodurch die Wissenschaftler:innen Verzerrungen durch den Einfluss von Tabakrauch in ihrer Auswertung reduzieren konnten.
Anhand von epidemiologischen Daten vierer Kohorten aus Großbritannien, Kanada, Taiwan und Südkorea mit insgesamt mehr als 32.000 Individuen konnten sie eine signifikante Assoziation zwischen der Inzidenz des EGFR-bedingten Lungenkrebses und der Belastung mit PM2,5 feststellen.
Interleukin-1β-Antikörper zur Lungenkrebs-Prophylaxe?
Anschließend kamen Versuchsmäuse zum Einsatz, bei denen die Wissenschaftler:innen künstlich EGFR-Mutationen erzeugt hatten. Einen Teil dieser Tiere setzten sie nun belasteter Luft aus. In der Folge entwickelten die Mäuse eine höhere Rate von Lungenkrebs als die Kontrolltiere. Auf Zellebene stellten die Forschenden einen Influx von Makrophagen in das Lungengewebe fest sowie eine Freisetzung des Interleukins 1β durch die Makrophagen. Dies begünstigt den Übergang bereits mutierter Alveolarepithelzellen des Typs II in einen der Progenitorzelle (Vorläuferzelle) ähnlichen Zustand und damit die Proliferation dieser Zellen. Die durch die Feinstaubbelastung ausgelöste Entzündungsreaktion des Lungengewebes fördert somit die Entstehung der Lungentumoren.
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Interleukin 1β schien dabei eine Schlüsselfunktion zuzukommen: Mäuse, die vor der Feinstaub-Exposition mit entsprechenden Antikörpern behandelt wurden, bekamen seltener Krebs als die unbehandelten Tiere. Theoretisch wäre also auch eine prophylaktische Behandlung von Menschen, z.B. in besonders belasteten Gebieten, denkbar. Sinnvoll ist dies in der Einschätzung von Experten nicht:
„Es scheint jedoch schwer vorstellbar, viele Menschen präventiv über Jahre oder Jahrzehnte zu behandeln, um das Auftreten weniger Fälle von Lungenkarzinomen zu verhindern.“
Vielmehr scheinen gut gewählte Grenzwerte für Feinstaub ein sinnvolles Mittel darzustellen. In Deutschland liegt der Jahresmittelgrenzwert für PM10 bei 40 µg pro Kubikmeter Luft und für PM2,5 bei 25 µg/m3 – und damit deutlich über den von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Werten von 15 bzw. 5 µg/m3. Ein Vorschlag für eine Überarbeitung der EU-Luftschutzrichtlinie wird derzeit auf europäischer Ebene geprüft.
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