Kommentar

Volles Risiko – darum muss der Apotheken-Protesttag ein Erfolg werden

Berlin - 15.05.2023, 17:50 Uhr

Tür zu für Wertschätzung und eine faire Vergütung: Am 14. Juni müssen die Apotheken bundesweit zusammenstehen. (Foto: picture alliance / ZB | Jens Büttner)

Tür zu für Wertschätzung und eine faire Vergütung: Am 14. Juni müssen die Apotheken bundesweit zusammenstehen. (Foto: picture alliance / ZB | Jens Büttner)


Die ABDA ruft zum Apotheken-Protesttag auf, wohl auch, weil der Druck von der Basis schlichtweg zu groß geworden ist. Damit geht die Apothekerschaft ein hohes Risiko ein, meint DAZ-Redakteurin Christina Grünberg. Scheitern ist keine Option – jetzt muss der Berufsstand etwas zeigen, das ihm nicht unbedingt im Blut liegt: Geschlossenheit.

Maximale Eskalation: Die ABDA erklärt den 14. Juni zum Apotheken-Protesttag. Auch Schließungen werden unterstützt – dazu aufrufen kann sie naturgemäß nicht, da auch die 17 Apothekerkammern zu ihren Mitgliedsorganisationen zählen. Doch zwischen den Zeilen ist die Botschaft sehr deutlich. Nun ist es an den Inhaberinnen und Inhabern zu zeigen, wie ernst es ihnen mit der Forderung nach einer fairen Vergütung ist.

Dabei steht viel, wenn nicht alles auf dem Spiel: Floppt das Projekt Apothekenstreik, braucht sich die Apothekerschaft auf absehbare Zeit mit Honorarforderungen in Berlin nicht mehr blicken lassen. Denn warum sollte die Politik Geld in eine Infrastruktur stecken, deren Akteure sich mit der aktuellen Situation offenbar arrangieren können? Dieser Eindruck darf auf keinen Fall entstehen, will man wirklich etwas verändern. Darum muss die Apothekerschaft dieses eine Mal etwas zeigen, das ihr nicht unbedingt im Blut liegt: Geschlossenheit.

Als Verstärker des Aufrufs in den Berufsstand hinein sind jetzt die Verbände gefragt. Sie stehen den Inhaberinnen und Inhabern deutlich näher als die Bundesorganisation in der fernen Hauptstadt, kennen die regionalen Besonderheiten und genießen im Idealfall das Vertrauen ihrer Mitglieder. Während den Kammern als Körperschaften des öffentlichen Rechts ein Stück weit die Hände gebunden sind, müssen die Verbände als private Vereine kein Blatt vor den Mund nehmen. Dieser Verantwortung gilt es sich jetzt zu stellen.

Initiative vor Ort gefragt

Zugleich ist es an den Apothekenteams vor Ort, den Protest mit Leben zu füllen. In den vergangenen Monaten war die ABDA immer stärker unter Druck geraten. Viele Kolleginnen und Kollegen hatten vehement einen bundesweiten Streikaufruf ihrer obersten Standesvertretung gefordert. Nun spielt die ABDA den Ball zurück zur Basis – und diese muss jetzt beweisen, dass sie bereit ist, diesen Schritt wirklich zu gehen, auch in den Ballungszentren und ganz besonders in Berlin vor der Haustür der Bundestagsabgeordneten.

Möglichst flächendeckende Schließungen können dabei nur das Minimalziel darstellen. Ein wichtiges Element wird sein, auch die (lokalen) Medien, die Politik und letztlich die Patientinnen und Patienten abzuholen und über die Hintergründe des Protests aufzuklären. Diesen Einsatz müssen die Teams vor Ort bringen. Noch ist genug Zeit, um E-Mails zu schreiben, Einladungen auszusprechen und sich zu überlegen, wie man welche Botschaften knackig und für Laien verständlich transportieren kann. Und auch wer zum Notdienst verdammt ist, kann an diesem Tag zumindest allen Patientinnen und Patienten einen Infoflyer in die Hand drücken. Wegducken kann sich jetzt niemand mehr.


Christina Grünberg, Apothekerin, Redakteurin DAZ (gbg)
cgruenberg@daz.online


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11 Kommentare

Streik

von Shavaa am 16.05.2023 um 17:01 Uhr

Ja mein Gott dann bestellen die Patienten bei Shop Apotheke. So verliert ihr noch mehr Patienten. Glückwunsch. Das Problem liegt eher am grundliegenden Konzept. Vor 100 Jahren war der Arzt für die Diagnostik etc. verantwortlich und der Apotheker für die Herstellung der Medikamente. Heutzutage ist der Apotheker kein Heilberuf mehr sondern ein Betriebswirt.

Entweder alle Apotheken tun sich zusammen und stellen Synergieeffekte her (Economics of Scale and Scope) oder ihr werdet gnadenlos durch Amazon Pharmacy und diverse online Händler wegrationalisiert.
Es ist hart aber Apotheken haben in den letzten Jahren keine innovativen Konzepte hervorgerufen.

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AW: Na und

von Stefan Haydn am 16.05.2023 um 20:33 Uhr

Kein Problem.

Wenn der Patient im Notfall und bei Rezepturen vom Arzt und in allen anderen Beratungsfragen auch bei Shop-Apotheke bestellt und diese bemüht.
Wer das Geld gerne ins Ausland trägt, statt es in sein eigenes Sozialsystem zurückfließen zu lassen, nur zu. Kann ich mit leben.
Nur muß die Rosinenpickerei der Patienten und Krankenkassen ein Ende haben. Wenn Versand, dann mit aller Konsequenz.
Wird aber nicht passieren, da alles außer reiner Logistik für die Versender nicht lohnenswert.
Die Preise für Non RX werden nach einer gewissen Zeti allerdings auch anziehen. Ist so bei Oligopolen.

Viel Spaß in der "schönen neuen Welt". Ein zurück wird nicht mehr möglich sein, da dann zu teuer im Wiederaufbau.

Risikoanalyse

von Kleiner Apotheker am 16.05.2023 um 8:19 Uhr

Warum soll die Eskalation bei einem Streiktag am Mittwoch enden? Dann braucht der Verhandlungspartner einfach nur abwarten und es passiert nichts weiter.
Falls es eine Strategie gibt, muss sie lauten: die nächste Stufe besser vorbereiten und durchziehen.

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AW: Keine Angst bzgl. Eskalation

von Stefan Haydn am 16.05.2023 um 10:08 Uhr

Ich kann Sie beruhigen, die Eskalation geht im Hintergrund weiter. Die vor einiger Zeit von Kollege Detampel erwähnte Klagemöglichkeit ist in Vorbereitung.
Einzig finanzielle Fragen sind noch zu klären.
Aber im Interesse von uns Allen sollte auch dies machbar sein.
Genauere Informationen folgen, wenn dieser Punkt geklärt ist.
Sicher auch noch mal in DAZ online und apotheke ad hoc.

Wir jungen Kollegen haben nichts mehr zu verlieren!

Wichtige Protestaktion

von Daniela Hänel am 16.05.2023 um 7:43 Uhr

Es ist unsere einzige Chance, der Politik zu zeigen, dass wir auch anders können als abnicken und still sein.

Jeder Inhaber und jede Inhaberin sollte sich unbedingt an der Protestaktion beteiligen und die eigene Apotheke(n) an dem Tag schließen.

Wer hier nicht mitmacht, darf sich nie wieder beschweren und irgendwas fordern.

Ich persönlich bin froh, dass die ABDA zum Protest aufgerufen hat und wir sollten hier Geschlossenheit zeigen und alle mitmachen.

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Von Schleswig Holstein lernen

von Ulrich Ströh am 15.05.2023 um 19:43 Uhr

Wir hatten ja in Schleswig-Holstein bereits einen eigenen Probelauf in Sachen
Apothekenschliessungen.

Der ABDA kann man nur empfehlen, den 14. Juni besser vorzubereiten .

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Volles Risiko – darum muss der Apotheken-Protesttag ein Erfolg werden

von Bernd Haase am 15.05.2023 um 19:24 Uhr

Niemand kann im Ernst erwarten das ein Protesttag das BMG und das BMWI an den Verhandlungstisch bewegen werden.

Um das zu erreichen muß deutlich mehr Druck ausgeübt werden.

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Volles Risiko – darum muss der

von Ka El am 15.05.2023 um 20:02 Uhr

Vollkommen richtig, ich bin aber wie der Autor der Meinung, dass wenn der 14.6. nicht geschlossen funktioniert, man sich weitere Bemühungen sparen kann.

Deutsche Allgemeine Verunsicherung ( DAV )

von Dr. Radman am 15.05.2023 um 18:22 Uhr

“ Damit geht die Apothekerschaft ein hohes Risiko ein “
Liebe Frau Grünberg , ein hohes Risiko geht man ein, wenn man nichts tut. Was wir am wenigsten von unserer Fachpresse brauchen ist die Verunsicherung der Kolleginnen und Kollegen . Ich hoffe, das war ein Ausrutscher!

» Auf diesen Kommentar antworten | 2 Antworten

AW: Missverständnis?

von Christina Grünberg am 15.05.2023 um 20:28 Uhr

Lieber Herr Radmann, ich glaube, es handelt sich um ein Missverständnis: Natürlich muss jeder Einzelne etwas tun, ich denke, das geht aus dem Kommentar auch hervor. Aber wenn man als Apothekerschaft diesen Weg wählt, ist man zum Erfolg verdammt. Dessen muss man sich bewusst sein, was aber gerade nicht dazu führen sollte, nichts zu tun, ganz im Gegenteil. Die ABDA setzt auch auf Druck der Basis hin alles auf eine Karte. Jetzt muss der Berufsstand ge- und entschlossen mitgehen, sonst nimmt man ihn in Berlin nicht mehr ernst mit seinen Forderungen. Das Risiko liegt also gerade im Nichtstun, das wäre fatal.

AW: Deutsche Allgemeine Verunsicherung ( DAV

von Siggigold am 15.05.2023 um 20:29 Uhr

Also ich hab es jetzt komplett anders wahr genommen, eher als Ermutigen und Einschwören, da sieht man mal wie der subjektive Eindruck abweichen kann.

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