Halbjahresergebnis 2023

DocMorris ringt um Marktposition

München - 17.08.2023, 12:15 Uhr

DocMorris hat innerhalb eines Jahres 2,5 Millionen aktive Kundinnen und Kunden verloren. (Foto: DocMorris)

DocMorris hat innerhalb eines Jahres 2,5 Millionen aktive Kundinnen und Kunden verloren. (Foto: DocMorris)


Der Schweizer Arzneimittel-Versandhändler DocMorris (ehemals Zur Rose Group) befindet sich wirtschaftlich nach wie vor in schwerem Fahrwasser. Im ersten Halbjahr 2023 musste das Unternehmen sowohl in Deutschland als auch in Europa deutliche Umsatzrückgänge hinnehmen. Das Betriebsergebnis vor Abschreibungen und Wertminderungen fiel zwar etwas besser als in der Vorjahreszeit aus, ist aber nach wie vor tiefrot. Bemerkenswert ist auch, dass die Zahl der aktiven Kunden deutlich nachgegeben hat.

Das Management des Schweizer Arzneimittelversenders DocMorris gibt sich Mühe, die positiven Entwicklungen der Geschäftsentwicklung im ersten Halbjahr 2023 herauszustellen: „DocMorris hat im ersten Halbjahr 2023 die Basis für nachhaltiges, profitables Wachstum gefestigt“, heißt es in der Pressemitteilung zum aktuellen Verlauf. Begründet wird dies damit, dass sich nach der Konzentration der Logistik im neuen Distributionscenter im niederländischen Heerlen sowie einer „fokussierten Markenstrategie“ die Produktivität und Profitabilität sowie die Marketingeffizienz „weiter deutlich“ verbessert haben. Demnach sei die Bruttomarge im ersten Semester im Vergleich zur Vorjahresperiode um 5,5 Prozentpunkte auf 21,6 Prozent gestiegen.

Umsatzrückgänge auf breiter Front

Der nüchterne Blick auf die Geschäftszahlen zeigt aber, dass beim Umsatz die Minuszeichen dominieren und das Betriebsergebnis unter dem Strich nach wie vor deutlich negativ ausfällt. So sank im ersten Halbjahr der Außenumsatz gegenüber den ersten sechs Monaten 2022 um 21 Prozent auf 501,4 Millionen Schweizer Franken. Prozentual ähnlich stark sank das Geschäft in Deutschland von 594,3 Millionen Franken im ersten Halbjahr 2022 auf nunmehr 468,5 Millionen Franken in den ersten sechs Monaten 2023. Dabei spiegelt die Umsatzreduktion laut DocMorris die Optimierung der Marketingausgaben und die Fokussierung auf profitablere Umsätze wider. Parallel verlief die Entwicklung im Europageschäft, das mit zuletzt 31,4 Millionen Franken allerdings nur eine marginale Rolle bei DocMorris spielt.

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Immerhin verweist DocMorris darauf, im zweiten gegenüber dem ersten Quartal 2023 ein Umsatzplus von zwei Prozent erreicht zu haben. Damit habe das Unternehmen „den Wendepunkt im ersten Quartal erreicht und eine neue Ausgangslage für profitables Wachstum geschaffen“. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Umsätze und das operative Ergebnis des Schweizer Geschäfts, das im Mai an die Migros-Tochter Medbase verkauft wurde, nicht mehr konsolidiert werden.

Der Außenumsatz setzt sich zusammen aus dem konsolidierten Umsatz von DocMorris zuzüglich der Versandhandelsumsätze von Apotheken, die von DocMorris beliefert werden, abzüglich des Umsatzes für deren Belieferung.

Ergebnis tiefrot

Die Entwicklung des Ergebnisses weist zwar aufwärts, liegt aber nach wie vor deutlich im negativen Bereich. So stieg das bereinigte Betriebsergebnis vor Abschreibungen und Wertminderungen (Ebitda) von -54,7 Millionen Franken in der ersten Jahreshälfte 2022 auf nunmehr -20,8 Millionen Franken. Dennoch fällt auch das Unternehmensergebnis, also nach Steuern und Abschreibungen, mit -58,2 (1. Halbjahr 2022: -83,6) Millionen Franken noch tiefrot aus.

Kapitalstruktur gestärkt

Mit dem Verkauf des Schweizer Zur Rose-Geschäfts flossen DocMorris nach eigenen Angaben bisher knapp 300 Millionen Franken zu. Damit habe sich die Eigenkapitalquote deutlich von 31,9 Prozent am 31. Dezember 2022 auf nunmehr 48,9 Prozent am 30. Juni 2023 erhöht.

Zahl der aktiven Kunden sinkt

Bei den Kunden konzentriert sich das Unternehmen auf potenzielle E-Rezept-Kunden in Deutschland, insbesondere solche mit einem chronischen Medikamentenbedarf. Das hat zur Folge, dass deren Zahl zuletzt deutlich gesunken ist: Während DocMorris Ende Juni 2022 noch 11,5 Millionen aktive Kunden auswies, waren es Ende März 2023 nur noch 9,5 Millionen und Ende Juni lediglich 9 Millionen aktive Kunden.

DocMorris weist darauf hin, im zweiten Quartal 2023 „signifikante Verbesserungen“ im Webshop und der App vorgenommen zu haben. Das Unternehmen erwarte dadurch eine Steigerung der Kundenqualität und „höhere Konversionsraten“. Zudem habe DocMorris das „Kern-Apothekenangebot“ ausgebaut.

Ausblick: Umsatzwachstum, Ergebnis weiter negativ

Ziel von DocMorris ist es nach eigenen Angaben, „die nachhaltige Basis für die Profitabilität und künftiges Umsatzwachstum weiter zu festigen“. Unabhängig von der Hochlaufgeschwindigkeit des elektronischen Rezepts bestätige das Management seine im März kommunizierten Ziele für 2023: Diese beinhalten eine Rückkehr zu Umsatzwachstum im zweiten Halbjahr nach „Straffung der Kundenbasis“. Für das Gesamtjahr werde ein Rückgang des Außenumsatzes im mittleren einstelligen Prozentbereich in Lokalwährung.

Das bereinigte Ebitda soll am Jahresende -20 Millionen bis -40 Millionen Franken betragen, wird also weiterhin deutlich negativ ausfallen. Die Investitionen sollen sich auf 30 bis 40 Millionen Franken belaufen. Zudem erwarte DocMorris für 2024 ohne Berücksichtigung des E-Rezepts einen Break-even beim bereinigten Ebitda, also ein Ergebnis um die Nulllinie. Mittelfristig werde weiterhin eine bereinigte Ebitda-Zielmarge von acht Prozent anvisiert.

Vergleich zu Redcare Pharmacy

Insgesamt tut sich DocMorris damit im Vergleich zu seinem unmittelbaren Konkurrenten Redcare Pharmacy (ehemals Shop Apotheke Europe) wesentlich schwerer, wirtschaftlich auf eine solide Basis zu kommen. Bei Redcare Pharmacy zeigen Kennziffern wie Umsatz, Ergebnis und Nutzerzahlen klar nach oben und liegen bis auf das Ergebnis im positiven Bereich. Zudem ist das Unternehmen erheblich internationaler aufgestellt als DocMorris.  


Thorsten Schüller, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Super Vorbild

von Michael Weigand am 18.08.2023 um 11:14 Uhr

Danke an die Versandbegeisterten in der Politik:

Zile eines mittelständischen Unternehmens a la Apotheke:

1. Ab ins ausländische Steuerparadies
2. eigentlich immer in roten Zahlen und sich von den Kapitalmärkten finanzieren (Blase?)
3. Arbeitsplätze ins Ausland
4. Infrastruktur (wann gibts für die Versender hier eine Besteuerung) in anderen Ländern nutzen aber nicht bezahlen
5....

kannman noch gut und gerne weiter fortsetzen. Solange die PolitikerInnen da oben nicht endlich mal raffen, dass der Versand mitschuld am Verschwinden von Infrastruktur in vielen Bereichen hat, werden unsere Städte weiter ausbluten...wer die Straßen vom Laden vor Ort finanziert, auf denen dann die Versandkonkurrenz die Ware im Lohndumping tranportiert und dann noch dazu rote Zahlen (ich weiß Steuervermeidung, Jippi)
schreibt, der sorg für den Untergang dieses Staates...AFD (nicht dass ich die wählen würde) und deren hohe Zahlen sollten die wählbaren Parteien aufschrecken. Wer durch die Hofierung des Versandhandels Zukunftsängste schürt, darf nicht darauf hoffen, wiedergewählt zu werden...

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