LAV Sachsen-Anhalt

Arnold: „Gesundheitspolitik nach Kassenlage wird versagen“

Quedlinburg - 16.10.2023, 13:45 Uhr

Sieht durch die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums eine Zementierung der Zwei-Klassen-Versorgung: der Vorsitzende des Landesapothekerverbandes Sachsen-Anhalt, Mathias Arnold. (Foto: ABDA)

Sieht durch die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums eine Zementierung der Zwei-Klassen-Versorgung: der Vorsitzende des Landesapothekerverbandes Sachsen-Anhalt, Mathias Arnold. (Foto: ABDA)


Der Vorsitzende des Landesapothekerverbandes Sachsen-Anhalt, Mathias Arnold, holte am Freitag vergangener Woche in seiner Eröffnungsrede bei den Wirtschaftstagen zum Rundumschlag aus: Von politischen Entwicklungen auf globaler Ebene über die gegenwärtige wirtschaftliche Lage in Deutschland ging es um die Krise in der Gesundheitsversorgung und den Überlebenskampf der Apotheken. Die Politik habe keine Lösungen – im Gegenteil: Die Pläne aus dem Bundesgesundheitsministerium würden ein „Race to the Bottom“ in Gang setzen.

Die wirtschaftliche Situation macht Sorgen – man befinde sich in einer „extrem ernsten Lage“. Das sagte der Vorsitzende des Landesapothekerverbandes (LAV) Sachsen-Anhalt und ABDA-Vizepräsident, Mathias Arnold, am Freitag in seinem Eröffnungsvortrag bei den Wirtschaftstagen des LAV in Quedlinburg. Dabei habe die Apothekerschaft mit Aufgaben zu kämpfen, die viele Jahre unvorstellbar gewesen wären. Es gebe Wartelisten und Lieferengpässe – nicht bei „modernen Medikamenten“, sondern bei Antibiotika und Fiebersäften. Gleichzeitig sei man mit einer Politik konfrontiert, die keine neuen Lösungsansätze anbiete.

Nach einem kurzen Überblick über die globale Situation kam Arnold darauf zu sprechen, dass die Wirtschaftsprognose für Deutschland bei einem Minus von 0,4 Prozent liege. Die Rede sei bereits von Deindustrialisierung, man gelte „in Europa als Sorgenkind“. Diese Großwetterlage müsse sich auch die Apothekerschaft bewusstmachen.

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Zudem werde die Situation des Gesundheitssystems in der Bevölkerung nicht als Problem wahrgenommen. Er verwies in diesem Zusammenhang auf Wählerbefragungen anlässlich der Landtagswahlen in Hessen und Bayern. Diese hätten zwar gezeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger viele Sorgen hätten, die Frage der Gesundheitsversorgung für sie bei ihrer Wahlentscheidung allerdings keine Relevanz gespielt habe.

Problem ist nicht angebliche „Nimm-Mentalität“

Die finanziellen Probleme der Gesetzlichen Krankenversicherung ist sich Arnold sicher, würden nicht mit einer angeblichen „Nimm-Mentalität“ der Bevölkerung zusammenhängen. Sehr viel eher ginge es um objektive Faktoren wie unter anderem den medizinischen Fortschritt oder den demografischen Wandel, die als Treiber der Kosten fungierten. „Das kann nicht durch Effizienzreserven gelöst werden, da muss Geld rein. Wenn das nicht passiert, dann heißt das Leistungskürzung.“ Die Politik allerdings habe derzeit keine Lösungen für dieses Problem. Dabei sei klar: „Eine Gesundheitspolitik nach Kassenlage wird versagen (müssen)“, so Arnold. Und die Verschlechterung betreffe alle Bereiche der heilberuflichen Versorgung.

„Angriffe auf bislang gesunde Apotheken“

Natürlich kam der LAV-Vorsitzende auch auf die Situation der Apotheken zu sprechen. 60 Prozent von ihnen befänden sich betriebswirtschaftlich im „kritischen Bereich“, die Gesamtkosten hätten sich in den vergangenen zehn Jahren um 59 Prozent erhöht. „Wenn das Feld trocken ist, brauchen alle Pflanzen Wasser“, konterte Arnold Ansagen aus der Politik, sie wolle das Geld nicht mit der Gießkanne verteilen.

Die Vorschläge Lauterbachs, die er unter anderem auch zugeschaltet auf dem Deutschen Apothekertag präsentiert hatte, seien keine Lösungen, sondern „trojanische Pferde“. Die Ideen beispielsweise zu den erleichterten Filialgründungen wären „Angriffe auf bislang gesunde Apotheken“. Mit diesen Plänen würde ein „Race to the Bottom“ eröffnet und eine Zwei-Klassen-Versorgung zementiert.

Protest und Diplomatie

„Die wohnort- und patientennahe Apotheke als sozio-ökonomischer Wert an sich muss erhalten werden“, so Arnolds Fazit. Es brauche Apotheken mit hoher fachlicher Qualität und der „Agilität eines Unternehmers“. Es brauche im Gegensatz dazu keine „Neoliberalisierung des Apothekensystems durch neue Marktteilnehmer“ (also Ketten oder Fremdbesitz) und auch nicht die „Anonymität von Großversorgungseinrichtungen“.

Was könne man nun also in dieser Situation machen? Es gebe hier zwei Punkte: Zum einen müsse natürlich weiterhin auf die Sorgen und Nöte der Apothekerschaft beispielsweise durch Protestaktionen in der Öffentlichkeit aufmerksam gemacht werden. Zum anderen müsse aber auch politische Arbeit im Sinne von Gesprächen und Diplomatie gemacht werden, um die Interessen der Apothekerschaft zu vertreten.


Matthias Köhler, DAZ-Redakteur
redaktion@daz.online


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