Apothekenhonorar

Kassen schießen sich auf die 3-Prozent-Marge ein

Stuttgart - 16.11.2023, 07:00 Uhr

Für jede abgegebene Packung gibt es einen Fixaufschlag plus einen variablen Anteil von 3 Prozent. Letzteren haben die Kassen für ihre Argumentation gegen eine Erhöhung des Honorars entdeckt. (Foto: imago images / Markus Matzel)

Für jede abgegebene Packung gibt es einen Fixaufschlag plus einen variablen Anteil von 3 Prozent. Letzteren haben die Kassen für ihre Argumentation gegen eine Erhöhung des Honorars entdeckt. (Foto: imago images / Markus Matzel)


Die gesetzlichen Krankenkassen haben offenbar eine neue Argumentationsstrategie, warum das Apothekenhonorar in ihren Augen nicht erhöht werden muss: Sie nehmen den variablen Anteil der Vergütung ins Visier – die 3-Prozent-Komponente. Aufgrund der zunehmenden Anzahl an Hochpreisern werde dieser schließlich immer höher. Somit steige auch der Umsatz der Apotheken.

Der GKV-Spitzenverband erklärt das Apothekenhonorar. Klingt zunächst nach keiner so schlechten Idee, oder? Es geht um Thorsten, der Asthmatiker ist, und in der Apotheke ein Rezept über ein Asthma-Spray einlöst. Weil er gesetzlich versichert ist, muss er das Arzneimittel nicht selbst zahlen. Im Folgenden wird dann erklärt, wie die Apotheke an ihr Geld kommt. Dabei kommen auch die verschiedenen Honorarkomponenten zur Sprache. Dass das Fixum in den letzten 20 Jahren nur marginal angepasst wurde, wird zwar nicht angesprochen. Dafür aber, dass durch die steigende Anzahl an hochpreisigen Arzneimitteln der variable Anteil absolut immer höher wird und damit auch der Umsatz der Apotheken steigt. Durch gesetzliche Regelungen und Verträge der GKV mit den Apotheken sei unter anderem eine angemessene Vergütung der Apotheken durch die Beitragszahlenden der gesetzlichen Krankenversicherung gesichert, heißt es auf der zugehörigen Webseite. 

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3-Prozent-Marge erneut unter Beschuss

Dass die Kassen nun offen die 3-Prozent-Komponente in Visier nehmen, um gegen eine Erhöhung des Apothekenhonorars zu argumentieren, wurde auch im Zuge der Proteste deutlich. So kam bei der Berichterstattung neben dem Frust der Apothekerschaft auch die Sicht der Kassen zur Sprache, zum Beispiel bei Zeit.online. Ein Sprecher des GKV-Spitzenverbandes erklärte dort, dass die Apotheke zusätzlich zum Honorar von den Krankenkassen drei Prozent vom Apothekeneinkaufspreis erhalte und damit die Vergütung von Jahr zu Jahr steige. Außerdem gebe es weitere Erhöhungen wie bei der Dokumentationsgebühr oder etwa der Vergütung von Notdiensten: „Für zusätzliche Honorarsteigerungen an die Apotheken sehen wir keinen sachlichen Grund“, wird er zitiert. Die Vergütung der Apotheken durch die gesetzlichen Kassen steige jedes Jahr aufgrund der immer höheren Preise für die einzelnen Arzneimittel.

Diskussion um Deckel

Dass man sich im Gesundheitswesen mit der 3-Prozent Marge befasst, ist nicht grundsätzlich neu. Ihren Anstieg heranzuziehen, um grundsätzlich Honorarerhöhungen abzulehnen, gibt der Diskussion aber einen neuen Dreh, bislang ging es meist um Deckelung.

So hatte erst im vergangenen Jahr im Zuge der Beratungen zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz die FDP-Fraktion eine Prüfbitte eingebracht. Sie wollte wissen, wie hoch die Einspareffekte wären, wenn man den Festzuschlag von 3 Prozent bei 45 Euro deckeln würde und welche Auswirkungen dies auf die Versorgung der Patienten mit hochpreisigen Arzneimitteln hätte. Und auch im Jahr 2016 gab es eine Diskussion um eine mögliche Deckelung der Marge. So forderten die Bundestagsfraktionen von Union und SPD damals in einem Grundlagenpapier zum Pharmadialog, der in diesem Jahr stattfand, eine Deckelung der 3-Prozent-Marge wegen des steigenden Hochpreiseranteils. Im Gegenzug sollten die Vergütungen für Rezepturen und die BtM-Abgabe steigen. Dem GKV-Spitzenverband sagte dieser Vorschlag zu. Ein Verbandssprecher erklärte damals auf Nachfrage, dass derzeit mehr hochpreisige Medikamente verkauft werden als zum Zeitpunkt der Einführung der 3-Prozent-Marge. „Dies führt dazu, dass es zu einer faktischen Umkehr der Logik der Vergütung kommt, da der prozentuale Aufschlag den Fixzuschlag bei weitem übersteigt.“ Es erscheine daher „angemessen“, eine Honorarregelung zu schaffen, die sich an das Vergütungssystem des pharmazeutischen Großhandels anlehne. Die Großhändler erhalten nämlich seit 2012 pro Abgabe 3,15 Prozent vom Packungspreis. Ab 37,80 Euro, also einem EK von 1200 Euro, ist das Honorar allerdings gedeckelt.

Zweck der Marge bleibt außen vor

Dass die Kosten, die der 3-prozentige „kaufmännische Aufschlag“ abdecken soll, mit höherpreisigen Arzneimittel auch steigen – Stichworte sind hier unter anderem Lager- und Retaxrisiko sowie Kosten für die Vorfinanzierung – wird allerdings an keiner Stelle erwähnt.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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6 Kommentare

Erhöhte Lagerkosten und erhöhtes Risiko

von Rainer W. am 17.11.2023 um 15:10 Uhr

Zu Zeiten, in denen Lagerbestände erhöht werden müssen um Lieferengpässe abzufangen und gleichzeitig das Risiko besteht, dass dieses Lager von heute auf morgen Wertlos wird, da eine Abgabe bei erneuter lieferfähigkeit eines Rabattpartners sofort unmöglich ist, sind die 3% viel zu gering.

Um das Risiko der Lagerhaltung unter den aktuellen Lieferbedingungen abzubilden und die Liquiditätskosten abzubilden muss diese porzentuale Marge mindestens den Kapitalkosten entsprechen - wir sprechen hier von im Mittel 9% beim Kontokorrentkrediten für kurzfristige Finanzierungen.

Wenn überhaupt muss diese pozentuale Marge in der aktuellen Wirtschaftssituation deutlich rauf!

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Nur weiter so

von Stefan Haydn am 17.11.2023 um 11:46 Uhr

Die Kassen werden sich noch umschauen. Jeder bei Verstand sollte sich längst eine Austiegsstrategie überlegt haben.
Wer sich dieses kaputte System freiwilig länger als nötig antut sollte seine geistige Gesundheit überprüfen lassen.
Ich gehe von einem echten Knall im nächsten, spätestens übernächsten Jahr aus und dann stehen Patienten und Kassen sehr schnell sehr dumm da.
Für die aktuellen Konditionen wird niemand mehr auch nur einen Finger krumm machen.
Das könnte nach dem Zusammenbruch mehr als teuer werden!

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Unreflektiert

von Nikolaus Guttenberger am 16.11.2023 um 14:49 Uhr

Die Kassenvertreter, die so argumentieren, sollten vielleicht einmal überdenken ob sie selbst einer wildfremden Person einen mitunter 5-stelligen Betrag quasi „ausleihen“ würden, und ,wie sie diesen Altruismus ihrer Hausbank erklären würden, wovon sie dann die umsatzabhängigen Kosten (Steuerbüro, Zinsen, Kammerbeiträge, Zahlungsverkehr) decken und weshalb man überhaupt dann ins Risiko geht, evtl. nichts zu bekommen.

Ich bin ziemlich sicher, dass ausser den „doofen“ Apotheken praktisch niemand das für nur 3% machen würde. Vor allem nicht in Zeiten steigender Zinsen.

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von Anita Peter am 16.11.2023 um 10:54 Uhr

Die 3% Marge deckt die Kosten die sich ebenso am Umsatz bemessen. Vom Steuerberater, Abrechnungsdienstleister, Kartendienstleister usw usw....
Recht einfach zu verstehen. Wenn man will....

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einseitig

von Karl Friedrich Müller am 16.11.2023 um 9:55 Uhr

Diese Betrachtungsweise ist einseitig und unverschämt. Die Preise sinken seit Jahrzehnten, für Generika vor allem natürlich.
Aber auch durch Verlust des Patents, die Generika dafür sind erheblich billiger.
Dadurch verlieren die Apotheken an Einkommen. Aber auch durch Kombiarzneimittel. Ich vermute mal, dass der Verlust höher ist als der "Gewinn" durch Hochpreiser. Vielleicht kann das mal jemand durchrechnen.
Die KK sehen nur eine Seite.
Der Staat sahnt außerdem über die MwSt unverschämt ab. Gerade bei Hochpreisern. Der Staat erhält mehr als das 6 fache!

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Hilfe !

von Mathias Mallach am 16.11.2023 um 9:37 Uhr

Beißholz ! Beißholz ! Schnell, schnell !!!

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