Progenerika veröffentlicht Übersicht über Produktionsstätten

Wo die Antibiotika herkommen

Stuttgart - 06.12.2023, 14:30 Uhr

Mehr als ein Drittel der Antibiotika werden in China hergestellt. (Foto: Zerophoto / AdobeStock)

Mehr als ein Drittel der Antibiotika werden in China hergestellt. (Foto: Zerophoto / AdobeStock)


Antibiotika gehören zu den wichtigsten, aber leider auch zu den mit am häufigsten von Lieferengpässen betroffenen Arzneimitteln. Als eine Maßnahme gegen Lieferengpässe wird immer wieder der Stellenwert einer lokalen Produktion in Deutschland oder in der EU hervorgehoben. Aber wo wird denn eigentlich derzeit hergestellt? Zu dieser Frage hat der Verband Pro Generika auf seiner Website nun Übersichten veröffentlicht.

Penicillin, Doxycyclin, Metronidazol – nahezu jeder Mensch braucht ein oder mehrmals in seinem Leben eine antibiotische Behandlung. Dass es in den letzten Jahren zunehmend schwer geworden ist, die hierfür nötigen Präparate zu beschaffen, davon können die Apothekenteams bundesweit ein Lied singen. Doch woher kommen die Tabletten, Ampullen, Kapseln und Topika eigentlich? 

Wer nun auf Indien und China tippt, liegt oft richtig. Hier wird die Mehrzahl der Antibiotika für den globalen Markt hergestellt. Pro Generika hat diese Frage jedoch noch etwas genauer aufgeschlüsselt und auf seiner Website entsprechende Karten und Tabellen veröffentlicht, die genauere Einblicke in die Verteilung der Produktionsstätten weltweit geben. Diese fußen jeweils auf einer Auswertung des Münchner Big-Data-Unternehmens QYOBO zu 15 wichtigen Antibiotika.

Diese Antibiotika hat QYOBO untersucht

Amoxicillin, Azithromycin, Cefaclor, Cefpodoxim, Cefuroxime, Ciprofloxacin, Clarythromycin, Clindamycin, Doxycyclin, Fosfomycin, Phenoxymethylpenicillin, Piperacillin, Sulphamethoxazol, Tazobactam und Trimethoprim. 

Für diese Antibiotika identifizierte QYOBO weltweit insgesamt 225 Herstellungsstätten. Mehr als ein Drittel davon (81 Herstellungsstätten, 36 %) befinden sich in China, etwas weniger als ein Drittel (65 Herstellungsstätten, 29 %) in Indien. Auf Platz drei folgt dann Europa mit 57 Herstellungsstätten (25 %). In den USA sind gerade einmal zwei Herstellungsstätten gelistet, in Kanada und Australien keine einzige. Ein weiterer weißer Fleck auf der Landkarte ist der afrikanische Kontinent, mit ebenfalls keiner einzigen Produktionsstätte. Dass ein Antibiotikum bereits 10.000 Kilometer und zahllose Zwischenstationen auf dem Buckel hat, bevor es in Deutschland über den HV-Tisch gehen kann, ist also keine Seltenheit. Gelegenheiten, dass in dieser komplexen Lieferkette etwas schiefgeht, gibt es dabei genug.

Produktion in Europa

Innerhalb Europas führen Spanien und Italien in Sachen Antibiotikaproduktion. Spanien weist 20 Produktionsstätten auf, Italien 19. Deutschland hat hingegen, ebenso wie auch Frankreich, Polen, Portugal und die Schweiz, nur jeweils eine einzige. 

In Österreich gibt es drei Produktionsstätten. Eine davon ist der Standort Kundl der Firma Sandoz, deren Sparten Hexal und 1A Mitglieder von Pro Generika sind. In Kundl wird derzeit Penicillin produziert und das, wie es im Bericht von Pro Generika heißt, End-to-End. Möglich sei dies aber nur aufgrund staatlicher Unterstützung. Der hohe Preisdruck im Markt habe die Antibiotikaproduktion in Europa unrentabel gemacht und infolgedessen zögen sich auch immer mehr Generikahersteller zurück.

Der Politik wirft Pro Generika vor, das Problem erkannt zu haben, es aber trotzdem nicht an der Wurzel zu packen. Auch an dem noch jungen Lieferengpassgesetz ALBVVG über der Verband Kritik:


„Arzneimittelhersteller ziehen sich zurück, wenn die Produktion für sie wirtschaftlich nicht mehr machbar ist. Daran ändert auch das ALBVVG nichts. Es sieht weder Maßnahmen zu ihrer Entlastung vor – noch setzt es genügend Anreize, damit wieder mehr Hersteller in die Produktion in Europa einsteigen.“

Aus dem Bericht „Warum sind unsere Antibiotika knapp?“ von Pro Generika


Dass es keine kurzfristigen Lösungen für dieses Problem gebe, sei klar, so der Verband, „umso wichtiger wäre es, dass die Politik jetzt endlich und vor allem konsequent handelt“. Das Sandoz-Werk in Kundl sei hier ein geeignetes Vorbild für sinnvolle Maßnahmen.


Dr. Gesa Gnegel, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (gg)
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


1 Kommentar

Dieser Kommentar wurde von der Redaktion aufgrund eines Verstoßes gegen die allgemeinen Verhaltensregeln gelöscht.

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.