Mitarbeitergewinnung durch Employer Branding

Mit Eigenwerbung zu neuen Angestellten

Stuttgart - 01.07.2024, 17:45 Uhr

In Hinblick auf den Fachkräftemangel ist der Aufbau einer Arbeitgebermarke sinnvoll, um neue Mitarbeiter anzuwerben. (.shock/AdobeStock)

In Hinblick auf den Fachkräftemangel ist der Aufbau einer Arbeitgebermarke sinnvoll, um neue Mitarbeiter anzuwerben. (.shock/AdobeStock)


Mit verschiedenen Maßnahmen im Rahmen des sogenannten Employer Brandings kann eine Apotheke eine erfolgreiche Arbeitgebermarke etablieren und so bei Bewerbern und Mitarbeitenden langfristig punkten.

Employer Branding ‒ ein Begriff, den der eine oder die andere schon einmal irgendwo gehört hat. Aber so richtig wissen viele nicht, was es damit eigentlich auf sich hat. Braucht man so etwas als Inhaber oder Inhaberin einer Apotheke? Wie sind die Maßnahmen umsetzbar? Und: Welche Vorteile bringt es? Employer Branding ist ein Instrument des Markenmanagements. Es geht dabei nicht um irgendeine Marke, sondern es handelt es sich dabei um die Bildung und die Pflege einer Arbeitgebermarke, sprich die „Employer Brand“. Ein bestimmtes Unternehmen, in diesem Fall eine Apotheke, entwickelt somit eine ganz eigene Marke durch die es sich präsentiert. Allerdings gibt es verschiedene Definitionen von „Employer Branding“ und nicht jede der Maßnahmen ist ‒ bezogen auf die Apotheke als Arbeitsplatz – sinnvoll oder gar umsetzbar. Allgemein gesprochen ist es auch nicht immer einfach und teils recht komplex, eine Marke attraktiv zu gestalten.

Ziel des Employer Brandings

Zahlreiche Branchen, dazu zählt auch die Apothekenbranche, kämpfen zunehmend mit dem Fachkräftemangel. Das ist mittlerweile hinreichend bekannt. Der Markt für gute Mitarbeiter ist hart umkämpft, auch das Abwerben von Angestellten kommt vor. Bewerber können oftmals zwischen verschiedenen Angeboten wählen. Hierbei ist es hilfreich, unter den anderen Arbeitgebern hervorzustechen. Um sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren und sich auf dem Arbeitsmarkt bestmöglich zu positionieren, ist die Entwicklung, der Aufbau und die Pflege einer Arbeitgebermarke ratsam. Wer sich hier von der Konkurrenz abhebt und neue Wege einschlägt, zeigt Individualität und Einzigartigkeit und macht sich für Bewerber und Mitarbeitende interessant.

Employer Branding dient somit als Instrument, Mitarbeiter erfolgreich zu gewinnen und sie langfristig zu binden. Die Marke steht dabei für eine Art Leistungsversprechen und dessen Einlösung für gegenwärtige und auch zukünftige Mitarbeiter. Es finden sich Gemeinsamkeiten des Prinzips „Employer Branding“ zum sogenannten Personalmarketing, einer arbeitsmarktorientierten Managementdisziplin. Zu ihr zählen wirtschaftliche Definitionen, wie beispielsweise die Personalbindung. Übergänge zu Recruiting-Maßnahmen für das Personal sind daher oftmals fließend.

Aufbau einer Arbeitgebermarke setzt Wille zur Selbstoptimierung voraus

Um eine Arbeitgebermarke aufzubauen braucht es den Willen zur Selbstoptimierung. Ein Betrieb der seine Employer Brand ausbauen möchte, kommt um eine gewisse Selbstdarstellung nicht herum. Diese sollte jedoch authentisch sein und die echte Kultur im Unternehmen abbilden, zeigen, was und wer wirklich hinter dem Betrieb und der Marke steckt. Sie darf nicht einem ausgedachten Konstrukt folgen, das nicht der Wahrheit entspricht. Bewerber kommen meist schnell dahinter, wenn die Fassade nicht mit der Realität übereinstimmt – spätestens, wenn ein wenig Zeit nach Beginn der Anstellung vergangen ist.

Darum sollte man sich vor dem Start des Employer Brandings in der eigenen Apotheke mit einigen Fragen auseinandersetzen: Für welche (moralischen) Werte und Ideale steht mein Betrieb eigentlich? Dieser Punkt ist heutzutage sehr wichtig, da potenzielle Bewerber nicht nur auf das Gehalt schauen, wenn es um die Auswahl eines Arbeitgebers geht. Darum gilt es, sich hierbei über ein ansprechendes Konzept Gedanken zu machen.

Die Zielgruppe kennen

Welche Personen möchte ich mit meiner Employer Brand ansprechen und anwerben? Sind es eher junge Bewerber oder ältere mit reichlich Berufserfahrung? Je nach Alters- und Zielgruppe kann ein unterschiedliches Branding notwendig werden.

Und natürlich ist es im Vorfeld auch wichtig den Status quo zu ermitteln: Welches Image hat die Apotheke derzeit bei potenziellen Bewerbern und momentanen Mitarbeitenden? Welche Außenwirkung besitzt die Apotheke und was unterscheidet sie zu anderen Apotheken, die vielleicht mehr Bewerbungen erhalten oder weniger Probleme haben, Mitarbeiter zu finden? Solche Fragen können durch Umfragen für sich geklärt werden, etwa unter Bewerbern und Mitarbeitenden. Aber auch die Meinung der Kunden oder die von bestimmten Geschäftspartnern, wie sie die Apotheke als Arbeitsplatz wahrnehmen, kann hilfreich sein.

Und zuletzt stellt sich die Frage: Wo möchte ich insgesamt letztendlich mit meiner Arbeitgebermarke hin?

Emotionale Mitarbeiterbindung

Ein erfolgreiches Employer Branding sorgt dafür, dass Mitarbeitende leichter gefunden werden können. Gute Fachkräfte legen Wert auf einen guten Arbeitsplatz. Wer einen solchen attraktiven Arbeitsplatz anbietet, erhöht die Chance auf die Zusage qualifizierter Bewerber.

Stehen die gesamten Mitarbeitenden hinter dem Konzept der Apotheke und bilden sie ein Team, so entsteht eine starke Gemeinschaft, mit der sich viel bewegen lässt. Fühlen sich die Mitarbeitenden wohl am Arbeitsplatz und werden beispielsweise aktiv in Entscheidungsprozesse mit eingebunden, bindet sie das emotional an den Betrieb und sie können länger gehalten werden. Die Mitarbeiterfluktuation lässt sich nachhaltig reduzieren und es steigt die Motivation. Dies geschieht umso mehr, je stärker sich ein Mitarbeitender mit dem Unternehmen identifiziert. Eine werte- und vertrauensorientierte Führung trägt zudem dazu bei, dass Mitarbeiter zufriedener, motivierter und effektiver sind und der Krankenstand niedriger ist.

Ein erfolgreiches Employer Branding ist aber nicht nur dazu da, einen guten Eindruck bei Bewerbern und Fachkräften zu erzeugen. Die positive Reputation innerhalb des Betriebs und unter angestellten und zukünftigen Mitarbeitenden hat meist zusätzlich eine direkte Außenwirkung auf andere Personen: Kunden, Patienten und Geschäftspartner merken meist recht schnell, ob in einer Apotheke eine gute Arbeitskultur und ein gutes Betriebsklima vorherrscht. Dies kann wiederum zu einem höheren Umsatz führen, da Kunden gerne in eine Apotheke kommen, in der sich sowohl Mitarbeiter als auch Kunden wohlfühlen.

Ob eine Apotheke zukunftsorientiert ist und wie dort mit Angestellten umgegangen wird, spricht sich außerdem herum. Herausragende Apotheken profitieren von ihrem guten Ruf. Und auch wenn vermutlich jede Apotheke den Fachkräftemangel an der ein oder anderen Stelle bemerkt: Bewerber kommen durch positive Mundpropaganda manchmal ganz von allein.

Beispiele für Maßnahmen im Rahmen des Employer Brandings

  • Stimmige Selbstdarstellung im Internet, z. B. auf Karrierewebsites, der eigenen Website und Social-Media, samt Blogbeiträgen, Videos und hochwertigem Content: Bewerber erhalten einen Einblick in die Unternehmenskultur und Unternehmenswerte, offene Stellen und Leistungen für Mitarbeiter.
  • Mitarbeitende als Unternehmens- und Marken­bot­schaf­ter einsetzen, indem sie positive Bewertungen über den Betrieb im Internet abgeben und auf den Social-Media-Auftritten der Apotheke aktiv sind.
  • Mitarbeiterempfehlungsprogramme etablieren: Mitarbeitende können dabei offene Stellen an mögliche Bewerber empfehlen.
  • Feedback von Bewerbern und Mitarbeitenden über die Erfahrung im Bewerbungsprozess einholen und Verbesserungsvorschläge überdenken, um die all­gemeine Bewerbungserfahrung von Kandidaten zu verbessern, Wertschätzung zu vermitteln und den Bewerbungsprozess von der Seite der Bewerber aus zu sehen.
  • Einzigartige, an der eigenen Arbeitgebermarke ausgerichtete Stellenanzeigen ausschreiben und keine austauschbare Kommunikation nutzen, um sich von den Anzeigen anderer Arbeitgeber abzuheben und die eigene Individualität hervorzuheben.

Auswahl aus zahlreichen Maßnahmen treffen

Es gibt zahlreiche Instrumente, die im Rahmen des Employer Brandings von einem Betrieb angewendet und kombiniert werden können, um eine erfolgreiche und stimmige Arbeitgebermarke zu etablieren.

Nicht alle Maßnahmen sind für Apotheken nutzbar – einheitliche Empfehlungen gibt es nicht. So kann es für manche Apotheken durchaus Sinn ergeben, einen durchdachten Auftritt auf Social-Media-Kanälen, wie etwa LinkedIn oder Instagram zu entwickeln und zu nutzen. Andere entscheiden sich möglicherweise dagegen, weil es für ihre Apotheke nicht passend erscheint. Wieder andere setzen auf die Einbindung von Mitarbeitern zur Weiterempfehlung bzw. als Markenbotschafter und vergeben Boni bei erfolgreicher Personalvermittlung. Andere tun dies wiederum nicht.

Je nach Bedürfnissen und Ressourcen eines Betriebs sollte abgewogen und getestet werden, welche Maßnahmen sinnvoll sein könnten. Auch empfiehlt es sich bei Interesse tiefer in das Thema einzusteigen und sich gegebenenfalls professionelle Hilfestellung bei einem Coach oder einem Dienstleister zu suchen. Schließlich sollte man eine passende Auswahl an Maßnahmen treffen, die für die jeweilige Apotheke hilfreich sein können.

Arbeitgebersiegel als Auszeichnung

In zahlreichen Branchen gibt es mittlerweile die Möglichkeit, für eine besondere Arbeitgebermarke mit Arbeitgebersiegeln ausgezeichnet zu werden. Qualitativ hochwertige Unternehmen erhalten sie als Zeichen für ihre Attraktivität für (potenzielle) Mitarbeitende. Derartige Siegel signalisieren meist eine qualitative Hochwertigkeit bezüglich Arbeitsbedingungen, Familienfreundlichkeit und weiteren Punkten. Zwei bekannte Beispiele hierfür sind „Great Place To Work“ und der „Employer Branding Award“.

Beispiel für Arbeitgebersiegel: Great Place To Work

Beim „Great Place To Work“ handelt es sich um ein internationales Forschungs- und Beratungsinstitut. In etwa 60 Ländern unterstützt es Unternehmen dabei, die eigene Unternehmens- und Arbeitsplatzkultur zu analysieren und weiterzuentwickeln. Hierbei wird gezielt untersucht, wo ein Unternehmen bezogen auf zukunftsorientierter Arbeitsplatzkultur und Themen­bereichen wie Agilität, Innovation, etc. angesiedelt ist.

Grundlage für die Auszeichnung bilden anonyme Mitarbeiterbefragungen und Analysen der Personalmaßnahmen. Darüber hinaus werden besonders exzellente Arbeitgeber international, national, regional sowie branchenspezifisch ausgezeichnet.

Apotheken-Coach Nicole Müller hat sich viel mit dem Thema „Employer Branding“ beschäftigt. Obwohl die Zeiten für Apotheken und Inhaber sowie Inhaberinnen derzeit nicht gerade leicht sind und viele Inhaber mehr als skeptisch in die Zukunft blicken, ist sie der Meinung, dass mit einer guten Portion Eigeninitiative und Eigenverantwortung viel für die eigene Apotheke erreicht werden kann.

Müller ist der Ansicht, dass innovative Ansätze in den Bereichen Mitarbeiterrekrutierung und -bindung sowie neue Zukunftsstrategien zur Kundengewinnung und -bindung in der aktuellen Zeit enorme Möglichkeiten bieten. Sie sieht besonders diejenigen Maßnahmen, die vom Team mit umgesetzt werden, als einen wichtigen Schlüssel zur Erfolgsapotheke. Mit einem motivierten Team lassen sich neue Maßnahmen deutlich leichter und effektiver umsetzen. „Neue Konzepte zu etablieren, bietet große Chancen“, meint Müller.

Im Rahmen des Mentoring Programms „Apotheken-Leader: in der neuen Zeit“ vergibt Müller seit 2022 die Auszeichnung „Apotheke der neuen Zeit – great apo to work®“.

Manja Heinrichvon der Apotheke am Großteich hat die Arbeitgeber-Auszeichnung „great apo to work“ gewonnen. (Foto: Nicole Müller)

Bisher haben schon über 100 Apotheken diesen Award erhalten und viele weitere Apotheken erlernen gerade innerhalb des Mentoring Programms eine zukunftsstarke Apothekenführung. Damit haben sie die Chance auf die Zertifizierung und Auszeichnung zur „Apotheke der neuen Zeit: great apo to work“. Mit dieser Employer Branding Marke wird den zertifizierten Apotheken bescheinigt, dass sie sich für eine wertschätzende und inspirierende Mitarbeiterführung einsetzen und diese täglich mit vollem Einsatz leben.

Mit diesem Logo sollen Kunden und Mitarbeitende sowie Bewerber und Bewerberinnen sehen, dass in dieser Apotheke Wertschätzung, ein gutes Betriebsklima, Informationsaustausch, Feedback sowie Weiterbildungsmöglichkeiten eine wichtige Rolle spielen.

Ein gutes Betriebsklima ist auch für Kunden direkt zu spüren und führt zu einer höheren Umsatzentwicklung. Wenn alle Mitarbeitenden an einem Strang ziehen, die Aufgaben in allen Bereichen motiviert durchgeführt werden und die Kunden mit großer Kompetenz beraten sowie die neuen Gesundheitsdienstleistungen angeboten werden, dann steigen die Synergien und damit auch die Gewinne.

Das Erlernen einer zukunftsorientierten Apothekenführung und der gleichzeitige Aufbau einer starken Employer Branding Marke kann teilnehmenden Apotheken einen Wachstumsvorteil verschaffen. Fachkräfte werden so von der Qualität der Apotheke als Top-Arbeitgeber überzeugt. Neue Mitarbeiter finden und zeitgleich Top-Mitarbeiter binden, um so mit einem motivierten Erfolgsteam neu erforderliche Zukunftskonzepte und Prozesse gewinnbringend umzusetzen: Das ist der Weg zu langfristigem Erfolg.

Literatur

Employer Branding Award (2024): Employer Branding Award 2024 DACH, available at: Home ‒ Employer Branding Award, abgerufen am 25.04.2024

Gespräch mit Nicole Müller, Apotheken Coach, am 10.05.2024

Great Place To Work (2022): Great Place To Work® ‒ Wer wir sind, available at: Wer wir sind » Great Place to Work®, abgerufen am 25.04.2024

Great Place to Work (2022): Was steckt hinter Great Place To Work®, available at: Experten für Arbeitsplatzkultur und Arbeitgeberattraktivität, abgerufen am 25.02.2024

Lies, J., Gabler Wirtschaftslexikon (2018), Employer Branding; available at: Employer Branding • Definition | Gabler Wirtschaftslexikon, abgerufen am 18.04.2024

Müller, N., Apotheken Coach, Apotheke der neuen Zeit, available at: GREAT APO TO WORK ‒ apotheken-coach.de, abgerufen am 24.04.2024

Plew, A., Haufe Akademie (2021): Employer Branding: Vorteile nutzen - Fehler vermeiden, available at: Employer Branding: Vorteile nutzen – Fehler vermeiden ‒ Haufe Akademie, abgerufen am 24.03.2024

Pump, J., Online Marketing (2020): Der Eindruck zählt: 5 Tipps für dein Empolyer Branding, available at: Der Eindruck zählt: 5 Tipps für dein Employer Branding ‒ OnlineMarketing.de, abgerufen am 25.04.2024


Michaela Theresia Schwarz, Apothekerin, PTA, DAZ-Autorin
redaktion@daz.online


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