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Wettbewerbszentrale vs. AEP
„Eindeutige Umgehung des Skontoverbots“
AEP darf Apotheken ab September nicht mehr dafür vergüten, dass sie per Lastschrifteinzug zahlen – anderenfalls droht dem Pharmagroßhändler ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro. Das Landgericht Aschaffenburg kommt in seinem Urteil zu dem Schluss, dass das Vergütungsmodell eine „eindeutige Umgehung des Skontoverbots“ ist.
Im Bereich der verschreibungspflichtigen Arzneimittel haben Großhandelsskonti für Apotheken ausgedient. Nach dem im Februar dieses Jahres ergangenen Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) steht fest: Preisnachlässe oder Rabatte – inklusive „echter“ Skonti – sind verboten, wenn mit ihnen der in der Arzneimittelpreisverordnung festgelegte Mindestpreis des Großhandels (ApU + 73 Cent + Umsatzsteuer) unterschritten wird. Lediglich aus dem prozentualen Zuschlag können Rabatte gewährt werden.
Der Alzenauer Großhändler AEP ersann für seine Kunden allerdings schnell etwas Neues: Im Juni schickte er ihnen eine „Anlage zur Rahmenvereinbarung“ mit neuen Rx-Konditionen – diesmal persönlich und nicht so transparent, wie es früher der Fall war. Neben dem zulässigen 3,05-prozentigen Rabatt, mit dem AEP auf seine variable Marge verzichtet, wird als „neu“ angeboten, den Lastschrifteinzug zu vergüten. Und zwar gab es nunmehr gestaffelt bis zu 0,45 Prozent Vergütung pro Lastschrifteinzug – gemäß gesonderter Vereinbarung auf den Gesamtumsatz (Basis rabattierter Preis), Hochpreiser und Überweiser ausgeschlossen.
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Weil dies dazu führt, dass am Ende doch der Mindestpreis unterschritten wird, wurde die Wettbewerbszentrale erneut aufmerksam. Sie hatte AEP schon vor knapp zehn Jahren wegen seiner Konditionen verklagt. Nun mahnte sie das Unternehmen wieder ab und forderte eine Unterlassungserklärung ein. Für sie ist die neue Vergünstigung eine offensichtliche Umgehung des Skontoverbots. Doch der Großhändler ist überzeugt, dass seine neue „Vergütung“ zulässig ist. Die Abmahnung blieb also erfolglos und es folgte der Eilantrag beim LG Aschaffenburg.
Selbe Wirkung wie Skonti
Dieses entschied bereits Ende Juli im Sinne der klagenden Wettbewerbszentrale: Mit Wirkung ab 1. September darf AEP diese besondere neue Kondition nicht mehr bewerben und nicht gewähren. Seit dieser Woche sind auch die Urteilsgründe bekannt. Das Gericht findet klare Worte: Das neue Modell sei „in der Gesamtschau darauf gerichtet, die Skontoentscheidung des BGH für die Beklagte abzufedern und den Kunden entgegen des eindeutigen Verbots weiterhin noch Vorteile zu sichern“.
Dass die Rabattierung auch nicht verschreibungspflichtige Produkte umfasst – sie wird schließlich auf den Gesamtumsatz gewährt – sieht das Gericht nicht als durchgreifendes Gegenargument. Im Ergebnis entfalte die Vergütung dieselbe Wirkung wie ein gewährtes Skonto: Der gebundene Preis werde um bis zu 0,45 Prozent unterschritten. „Es handelt sich um eine eindeutige Umgehung des Skontoverbots“, konstatiert das Gericht.
Vorteile des Lastschrifteinzugs erst jetzt erkannt?
Zumal: Es sei nicht erkennbar, warum AEP gerade zum jetzigen Zeitpunkt erhebliche Vorteile des Lastschrifteinzugs erkannt habe, die über einen reinen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Mitbewerbern hinausgehen. Der Großhändler habe nicht glaubhaft machen können, dass damit hauptsächlich interne betriebswirtschaftliche Abläufe verbessert und Vorteile im Rahmen ihrer Vorfinanzierung von Ware geschaffen wurden. Ebenso wenig habe er dargelegt, durch das neue Vergütungsmodell erheblich mehr Lastschrifteinzugsverfahren vereinbart zu haben. Das Gericht geht vielmehr davon aus, dass bereits zuvor zahlreiche Einzugsermächtigungen erteilt worden waren – „allein weil sich das auch auf Seiten der Apotheker sehr vorteilhaft auswirkt: Sie selbst haben keinen großen buchhalterischen Aufwand und können die eingezogenen Summen binnen 6 Wochen jederzeit zurückholen“. Für das Gericht steht die Entlohnung in einem „beachtenswerten Missverhältnis zur erbrachten Gegenleistung der Apotheken“.
Das Gericht kann auch nicht nachvollziehen, warum AEP die Vergütung auf den Umsatzanteil der nicht verschreibungspflichtigen Waren beschränken konnte – womit eine versteckte Rabattierung vom Tisch gewesen wäre.
Letztlich sei der Verstoß gegen die Vorgaben der Arzneimittelpreisverordnung auch geeignet, die Interessen von Mitbewerbern erheblich zu beeinträchtigen. Auch dies ist nötig, um einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen eine Marktverhaltensregel (hier: AMPreisV) annehmen zu können. Zwar liege im Verhältnis zu den früheren regelmäßigen Skontosätzen von mehreren Prozenten eine geringere Unterschreitung vor. „Aber auch relativ geringfügige Unterschreitungen sind sicherlich geeignet, Einfluss auf das Kundenverhalten zu nehmen“. Zumal, wenn sich andere Großhändler an das Skontoverbot halten. Ein Großhändler dürfe sich durch unzulässige Preiskonditionen keine Marktvorteile verschaffen, so das Gericht.
Doch das letzte Wort ist nicht gesprochen. AEP will ihr aktuelles Konditionenmodell – „auch im Sinne der Apotheken“ – verteidigen und Rechtsmittel einlegen. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung weiterentwickelt, wenn der Gesetzgeber im Zuge der Apothekenreform Skonti wieder erlaubt.
Landgericht Aschaffenburg, Urteil vom 25. Juli 2024, Az.: 1 HK O 29/24
1 Kommentar
Skonto ist branchenübergreifender Liquiditätsvorteil für die Firma
von SV am 07.08.2024 um 20:09 Uhr
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