Positionspapier

DocMorris will „Gleichberechtigung“ und Mitspracherecht

Berlin - 01.10.2024, 16:45 Uhr

DocMorris setzt auf Telepharmazie und ein größeres Stück vom deutschen Arzneimittelmarkt.  (Foto: IMAGO / Rüdiger Wölk)

DocMorris setzt auf Telepharmazie und ein größeres Stück vom deutschen Arzneimittelmarkt.  (Foto: IMAGO / Rüdiger Wölk)


Auch bei DocMorris macht man sich Gedanken über die Arzneimittelversorgung der Zukunft und die angedachte Apothekenreform. In einem Positionspapier fordert das Unternehmen nun, die Telepharmazie zu einer „starken zweite Säule“ auszubauen. Zudem will es Online-Apotheken zu einem Teil der Selbstverwaltung machen und wünscht sich ein Boten-Honorar auch für Versender.  

Dass der niederländische Arzneimittelversender DocMorris mehr für Karl Lauterbachs Pläne für eine Apothekenreform übrig hat, als die hiesige Apothekerschaft, hat CEO Walter Hess bereits mehrfach in der Presse deutlich gemacht.

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Jetzt hat das Unternehmen ein Positionspapier mit dem Titel „Telepharmazie: Schlüssel zur flächendeckenden Versorgung“ vorgelegt. Darin hält das Unternehmen fest: Der demografische Wandel und der wachsende Betreuungsbedarf, der dauerhafte Fachkräftemangel und auch die Apothekenschließungen werden die flächendeckende Arzneimittelversorgung in den nächsten Jahren immer schwieriger machen. Und: Angesichts der angespannten Finanzlage der öffentlichen Hand und der gesetzlichen Krankenversicherung müsse die Versorgung effizienter werden. Also: Das System muss reformiert und modernisiert werden.

„Ein einfaches ‚Weiter so‘, bei dem tradierte Strukturen konserviert und einfach durch zusätzliche Mittel gestützt werden, funktioniert nicht mehr“, erklärt Walter Hess in einer Pressemitteilung. Nötig sei eine Reform, „die pragmatisch am Patientenbedarf ausgerichtet ist und überkommene regulatorische Hürden abbaut“.

Chroniker fest im Blick

Für DocMorris steht dabei im Mittelpunkt: Die Telepharmazie muss eine zweite gleichwertige Säule der Arzneimittelversorgung neben der klassischen Betreuung in der Apotheke vor Ort werden. Die ersten Ansätze für diese Vision im Entwurf für das Apotheken-Reformgesetz kann DocMorris daher nur begrüßen. Doch das Unternehmen will noch mehr. Die videogestützte pharmazeutische Betreuung müsse ausgebaut, der Einsatz von künstlicher Intelligenz bei Routineaufgaben gefördert und die Telepharmazie gleichberechtigt und diskriminierungsfrei in das Sozialrecht integriert werden. So sollten auch pharmazeutische Dienstleistungen per Telepharmazie erbracht werden können. „Besonders chronisch kranke oder pflegebedürftige Patienten sowie Menschen in strukturschwachen Regionen profitieren davon, wenn sie pharmazeutische Beratung und ihre Arzneimittel direkt nach Hause bekommen“, sagt Hess.

Diese Definition von Telepharmazie sieht der Referentenentwurf für das Apotheken-Reformgesetz in der Apothekenbetriebsordnung vor: 

„Telepharmazie ist die pharmazeutische Beratung insbesondere von Patienten oder Kunden durch entsprechend befugtes Personal der Apotheke oder einer Apotheke des Filialverbundes mittels einer synchronen Echtzeit-Videoverbindung.“

Auf Chroniker zielt DocMorris ohnehin ab. Das Unternehmen freut sich schon, dass im Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG), das noch in der parlamentarischen Beratung ist, Chronikerpauschalen für Hausärzte vorgesehen sind. Diese Pauschale soll unabhängig von Anzahl und Art der Patientenbesuche in der Praxis abrechenbar sein und dazu beitragen, medizinisch entbehrliche Vor-Ort-Arztkontakte zu reduzieren. DocMorris schielt nun auf die Wiederholungsrezepte. 

Direktverträge zwischen Apotheken und Kassen

Zudem regt das Unternehmen an, „die Versorgung von chronisch erkrankten Menschen durch die Möglichkeit zu Direktverträgen zwischen Apotheken und Krankenkassen zu verbessern“. Für chronisch Erkrankte bzw. Pflegebedürftige sollte es überdies einen Rechtsanspruch auf vergütete patientenindividuelle Verblisterung geben. Ebenso sollten die Voraussetzungen für Heimversorgungsverträge neu geordnet werden, um die Versorgung zu verbessern. Damit meint DocMorris, dass auch in der EU ansässige Online-Apotheken, die dem Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung beigetreten sind, im Wettbewerb berücksichtigt werden müssten.

Auch die Vergütung muss DocMorris zufolge „versorgungsorientiert angepasst“ werden. Eine Anhebung des Fixums, wie im Referentenentwurf vorgesehen, sei sinnvoll. Sie stärke das betriebswirtschaftliche Fundament der Apotheken und sei angesichts der Inflation der letzten Jahre folgerichtig. Dass ab 2027 die Selbstverwaltung fürs Fixum zuständig sein soll, begrüßt der Versender „als systemlogisch und konsequent“. Für die Gegenfinanzierung sollten auch die ungenutzten Mittel aus dem Fonds für pharmazeutische Dienstleistungen herangezogen werden.

Variablen Zuschlag lieber kappen statt senken

Die stufenweise Herabsetzung des prozentualen Anteils der Apothekenvergütung von 3 auf 2 Prozent verfolge indessen keine klar erkennbare Steuerungswirkung zugunsten einer Sicherung der Versorgung in der Fläche, heißt es im Positionspapier weiter. Alternativ schlägt DocMorris eine Kappungsgrenze für den bei 3 Prozent verbleibenden variablen Vergütungsanteil vor.

Auch sonst fordert DocMorris, gleichwertige Leistungen gleich zu vergüten – egal ob sie durch Online-Apotheken oder Apotheken vor Ort erbracht werden. Entsprechend müsse die Botendienstpauschale in eine Belieferungspauschale umgewandelt werden, die auch bei Versandzustellung gewährt wird. „Das würde auch die fast 3200 Präsenzapotheken in Deutschland stärken, die über eine Versandhandelslizenz verfügen“.

Ein Platz für EU-Versender in der Selbstverwaltung

Nicht zuletzt will DocMorris in die Selbstverwaltung einbezogen werden. Der Deutsche Apothekerverband vertrete die Interessen der Anbieter von Telepharmazie und anderen innovativen Leistungen kaum oder gar nicht, so die Argumentation. Entsprechend führten vertragliche Vereinbarungen oft zu unbefriedigenden Ergebnissen. Daher sollten zukünftig alle deutschen und in der EU ansässigen Online-Apotheken, für die der Rahmenvertrag verbindlich ist, über ihre Verbände in die Verhandlungen der Selbstverwaltung gleichberechtigt einbezogen werden. Dies gelte umso mehr, als dass das Fixum ab 2027 in der Selbstverwaltung vereinbart werden sollen.


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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