Diskussionsrunde beim Tagesspiegel

Zukunft der digitalen Gesundheitsversorgung

Berlin - 17.10.2024, 16:00 Uhr

Moderiert von Dana Bethkenhagen (l.) diskutierten Martina Stamm-Fiebig, Georg Kippels, David Matusiewicz und Walter Hess (v.l.). (Screenshot: youtube.de)

Moderiert von Dana Bethkenhagen (l.) diskutierten Martina Stamm-Fiebig, Georg Kippels, David Matusiewicz und Walter Hess (v.l.). (Screenshot: youtube.de)


Über die Zukunft der Arzneimittelversorgung und die Möglichkeiten der Digitalisierung im Gesundheitswesen wurde bei einer vom Tagesspiegel veranstalten Expertenrunde mit Vertreter*innen aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft diskutiert. Die Apotheken fehlten auf dem Podium, obwohl es vor allem um ihre Zukunft ging.

Am Mittwoch hatte der Tagesspiegel zu einer Podiumsdiskussion unter dem Titel „Digitale Gesundheit“ geladen. Dabei waren mit Georg Kippels (CDU) und Martina Stamm-Fiebig (SPD) zwei Gesundheitsexperten aus dem Bundestag vertreten. Auch DocMorris-CEO Walter Hess war auf dem Podium anwesend, ebenso wie der Gesundheitsökonom David Matusiewicz.

Dieser machte gleich zum Einstieg klar, dass ihn „niemand dafür bezahlt“ habe, um bei der Veranstaltung mitzuwirken. Anscheinend sah er sich mit Vorwürfen konfrontiert, er könnte einem Interessenkonflikt unterliegen. Immerhin darf vermutet werden, dass der Arzneimittelversender DocMorris federführend für die Ausrichtung der Veranstaltung verantwortlich war. Der Tagesspiegel wirbt auf seiner Internetseite damit, solche „maßgeschneiderten“ Events anzubieten.

Dass keine Vertreter*innen der Apotheken auf dem Podium vertreten waren – obwohl diese ja im Zentrum der Debatte standen – lässt sich möglicherweise auch so erklären. Matusiewicz kritisierte das, schließlich seien auch viele Apotheker*innen fortschrittlich und digital-affin. Es sei zwingend nötig, sie in die Debatte einzubeziehen.

Zukunft der hybriden Versorgung

Seiner Ansicht nach ist eine „hybride“ Gesundheitsversorgung für die Zukunft unerlässlich. In diesem Zusammenhang verwies er auf das Start-Up „XRHuman“, das unter anderem an der Entwicklung von virtuellen Apotheker-Avataren forscht. Ob diese zukünftig die Anwesenheit eines Apothekers in der Offizin überflüssig machen könnten, erläuterte Matusiewicz nicht.

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Perspektivisch hält er es für sinnvoll, dass Apotheker*innen mehr Aufgaben bei der Gesundheitsversorgung übernehmen – schließlich seien sie „billiger als Mediziner“. Apotheken könnten als „Tankstelle der Gesundheit“ fungieren. Er hält eine Akademisierung der PTA-Ausbildung für notwendig. Dabei sollte der Bereich Digitales einen Schwerpunkt im Lehrplan bekommen, so Matusiewicz.

Wenig Hoffnung auf zeitnahe Apothekenreform

Die Sozialdemokratin Martina Stamm-Fiebig betonte, man müsse „offen sein für Versorgungsformen, die wir heute noch ablehnen.“ Allerdings machte sie mit Blick auf die feststeckende Apothekenreform deutlich, dass gerade in puncto Honorar den Forderungen der Betroffenen zu wenig Rechnung getragen wurde. Sie zeigte sich jedoch optimistisch, dass hier im parlamentarischen Verfahren noch nachjustiert werden kann – auch das Urteil zum Skonto-Verbot müsse „geheilt“ werden. Nicht sehr optimistisch ist Stamm-Fiebig, dass die Apothekenreform zeitnah zum Abschluss kommt.

Abgabeautomaten sind kein Teufelswerk

Mehrfach wurde das Thema Abgabeautomaten in die Diskussion geworfen. DocMorris-CEO Hess sieht darin großes Potenzial für die Patient*innen – und nicht zuletzt für sein Versandunternehmen. Stamm-Fiebig sagte, man dürfe die Abgabeautomaten nicht mehr als „Teufelswerk“ verdammen: „Es wird neue Versorgungsformen geben, wir werden das nicht aufhalten.“ 

Sie sieht viele Chancen in der Telepharmazie, beispielsweise könnten Ärzte und Apotheker so besser interagieren. Georg Kippels stellte klar, dass Telepharmazie den Apotheker nicht ersetzen, sondern zur Ergänzung der Apothekenteams eingesetzt werden soll. Am Ende müssten die Patient*innen entscheiden, welche Wege sie bevorzugen, ist man sich in der Runde einig.

Hess: Niemand hat die Absicht die Vor-Ort-Apotheken abzuschaffen

DocMorris-Chef Hess machte deutlich, dass es für die flächendeckende Gesundheitsversorgung in Zukunft die Telepharmazie als „zweite Säule“ benötige. Anders sei dem Fachkräftemangel und steigenden Kosten nicht zu begegnen. „Uns geht es nicht darum, die Vor-Ort-Apotheke abzuschaffen“. Allerdings braucht es seiner Meinung nach nicht so viele, wie aktuell in Deutschland betrieben werden. Hier müsste im Rahmen einer „Bedarfsplanung“ nachgesteuert werden, wobei der künstlichen Intelligenz eine Schlüsselrolle zukommen könnte.

Auch das Thema Apotheken ohne Apotheker wurde in der Debatte gestreift: Stamm-Fiebig deutete dazu an: „Ob man in der Apotheke wirklich einen Approbierten braucht, darüber muss diskutiert werden.“ Demgegenüber stellte Kippels klar, dass dieser Teil der Apothekenreformpläne als „Frontalangriff auf das Berufsbild des akademischen Apothekers“ zu werten ist.


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


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