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Erstes orales Carbapenem
FDA lässt Sulopenem bei Blasenentzündung zu
Die Carbapeneme (Ertapenem, Imipenem, Meropenem) kennt man als intravenöse Antibiotika bei schweren Infektionen. In den USA gibt es nun mit Sulopenem in Orlynvah das erste orale Carbapenem. Zugelassen ist es für Frauen mit unkomplizierten Harnwegsinfektionen.
Eine unkomplizierte Harnwegsinfektion durch Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae oder Proteus mirabilis können erwachsene Frauen in den Vereinigten Staaten künftig mit einem neuen Antibiotikum behandeln: Die FDA ließ Ende Oktober OrlynvahTM zu. OrlynvahTM enthält das erste orale Carbapenem Sulopenem-Etzadroxil in Kombination mit Probenecid. Die Behandlung dauert fünf Tage, an denen Patientinnen OrlynvahTM zweimal täglich einnehmen (pro Tablette: Sulopenem-Etzadroxil 500 mg, Probenecid 500 mg).
Nichtunterlegenheitsstudien gegen Antibiose zweiter Wahl
Überzeugt hat Sulopenem in zwei randomisierten, doppelblinden Phase-III-Nichtunterlegenheits-Studien (insgesamt erhielten 1.932 Frauen Sulopenem), in denen der jetzige Zulassungsinhaber Iterum Therapeutics sein innovatives Carbanepem in REASSURE (REnewed ASsessment of Sulopenem in uUTI caused by Resistant Enterobacterales) gegen Amoxicillin/ Clavulansäure (NCT05584657) und in SURE 1 (Sulopenem for Resistant Enterobacteriaceae) gegen Ciprofloxacin untersucht hatte.
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Beide Vergleichsantibiosen sind laut „International Clinical Practice Guidelines for the Treatment of Acute Uncomplicated Cystitis and Pyelonephritis in Women“ der „IDSA“ („Infectious Diseases Society of America“) nicht die Erste-Wahl-Antibiosen bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen, sie seien weniger wirksam bei mehr Nebenwirkungen (Betalaktame, außer Pivmecillinam) und verursachten mehr Kollateralschäden (Fluorchinolone). Aus diesen Gründen sind diese Wirkstoffe lediglich dann indiziert, wenn Nitrofurantoin, Trimethoprim-Sulfamethoxazol, Fosfomycin und Pivmecillinam nicht infrage kommen. Die Leitlinie ist von 2010, Anfang 2024 bestätigte jedoch ein Wissenschaftler-Team des „Beth Israel Deaconess Medical Center“ der Harvard Medical School die Empfehlungen in einem Curriculum.
Sulopenem nicht schlechter als Amoxi/ Clavulan oder Ciprofloxacin
In REASSURE lag die kombinierte klinische und mikrobiologische Gesamtansprechrate an Tag 12+/-1 für Sulopenem-Etzadroxil/ Probenecid bei 61,7 Prozent (480 Teilnehmerinnen), für Amoxicillin/ Clavulansäure bei 55 Prozent (482 Teilnehmerinnen). Die Nichtunterlegenheit war für den kombinierten klinischen Endpunkt statistisch signifikant (Behandlungsunterschied: 6,7% [95%-KI 0,3-13,0]).
Für ein klinisches Ansprechen mussten die bei Studienbeginn vorliegenden Beschwerden (z. B. Schmerzen beim Wasserlassen oder häufiger Harndrang) vollständig verschwunden sein (Sulopenem: 77,3%; Amoxicillin/ Clavulansäure: 76,7%), mikrobiologisches Ansprechen war definiert als Eradikation des ursächlichen Erregers (Sulopenem: 75,2 %; Amoxicillin/ Clavulansäure: 66,7%). Iterum Therapeutics betonte zudem die gute und vergleichbare Verträglichkeit der beiden antibiotischen Regimes – weniger als 1 Prozent der Patientinnen beendeten die Antibiose frühzeitig aufgrund unerwünschter Wirkungen.
In SURE 1 war Sulopenem (zweimal täglich je 500 mg über fünf Tage) der oralen Antibiose mit Ciprofloxacin (zweimal täglich 250 mg über drei Tage) bei Frauen mit unkomplizierten Harnwegsinfektionen ebenfalls überlegen. Laut FDA sprachen, wenn Ciprofloxacin-resistente Erreger vorlagen, 48 Prozent der Patientinnen klinisch und mikrobiologisch auf Sulopenem an, auf Ciprofloxacin 33 Prozent (Tag 12+/-1).
Sulopenem-Nebenwirkungen
Die häufigsten Nebenwirkungen einer antibiotischen Sulopenem-Therapie umfassten Diarrhö, Übelkeit, vaginale Pilzinfektionen, Kopfschmerzen und Erbrechen.
Nicht bei komplizierten Harnwegsinfektionen
Die FDA – und auch Iterum Therapeutics in der Fachinformation zu OrlynvahTM – betont, dass Sulopenem-Etzadroxil plus Probenecid nicht indiziert ist für Patientinnen mit einer komplizierten Harnwegsinfektion oder als orale „Step-down-Behandlung“ nach einer intravenösen Antibiose oder bei komplizierten intraabdominellen Infektionen. Grund für diese strikte Einschränkung ist, dass OrlynvahTM in Studien bei diesen Indikationen versagt hat. In SURE 2 verglich Iterum Therapeutics bei 1.395 Patienten ein sieben- bis zehntägiges Antibiotikaregime mit intravenösem Sulopenem (mindestens fünf Tage), gefolgt von oralem Sulopenem mit dem Regime intravenöses Ertapenem (mindestens fünf Tage), gefolgt von oralem Ciprofloxacin oder Amoxicillin/ Clavulansäure (bei Ciprofloxacin-Resistenz). Der klinische und mikrobiologische Erfolg an Tag 21 fiel zugunsten von Ertapenem aus (73,9% Ansprechrate vs. 67,8% bei Sulopenem, Behandlungsunterschied -6,1%; 95%-KI -12 bis -0,1). In SURE 3 hatten Patienten mit komplizierten intraabdominellen Infektionen entweder auch ein sieben- bis zehntägiges Sulopenem-Regime erhalten, davon mindestens fünf Tage intravenös, gefolgt von der oralen Antibiose oder Ertapenem intravenös, gefolgt von einer Kombination aus oralem Ciprofloxaicin mit Metronidazol (bei Ciprofloxacin-Resistenz Amoxicillin/ Clavulansäure). Das Ertapenem-Behandlungsregime war Sulopenem überlegen (Behandlungserfolg 4,7% mit einem 95%-KI von -10,3 bis 1,0; die FDA hatte als untere Grenze höchstens -10% gefordert). Den primären Endpunkt, das klinische Ansprechen an Tag 28, verpasste Sulopenem knapp.
Was machen Etzadroxil und Probenecid?
In OrlynvahTM wirkt nur Sulopenem antibiotisch. Sulopenem-Etzadroxil ist lediglich das Prodrug, um die orale Bioverfügbarkeit des Antibiotikums zu erhöhen. Das bei Gicht und Hyperurikämie eingesetzte Probenecid hemmt organische Anionentransporter (OAT) in den proximalen Tubuli der Niere, über die unter anderem Penicilline aktiv renal eliminiert werden. Die Kombination von Probenecid mit Sulopenem verlängert dessen Wirkdauer und verbessert dadurch die antibiotische Wirkung.
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