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Adipositas: Sibutramin unterstützt die Gewichtsabnahme
Die Adipositas ist in den Industrienationen ein weit verbreitetes Problem - die Anzahl der übergewichtigen Menschen steigt. Als Maß für das Ubergewicht legt man heute den Body-MassIndex (BMI) zugrunde. Um ihn zu ermitteln, wird das Körpergewicht in kg durch die Körpergröße in Metern im Quadrat dividiert. Ab 25 kg/m2 liegt Übergewicht vor, ab 30 kg/m2 spricht man von Adipositas, die mit erheblichen Gesundheitsrisiken einhergeht. In den USA sind 23% aller Männer und Frauen im Erwachsenenalter adipös, in England sind es 15%, in Frankreich 6,5%, in Italien 6% und in Deutschland 19%.
Deutliche Risiken für die Gesundheit
Durch Übergewicht erhöhen sich die Gesundheitsrisiken beträchtlich: Die Gesamtsterblichkeit steigt auf das 1,8fache, die Lebenserwartung sinkt deutlich. Für die Prognose spielt auch die Fettverteilung eine Rolle: Eine androide Fettverteilung mit Betonung des Fettgewebes im Abdominalbereich ist ungünstiger als eine gynoide Fettverteilung mit Fettspeichern an Hüften und Oberschenkeln. Bei adipösen Menschen kommt es häufig zu Fettstoffwechselstörungen, Hyperinsulinismus und Hypertonie. Am stärksten erhöht sich das Risiko für einen Diabetes mellitus: Es steigt bei Ubergewicht auf das Fünf- bis Achtfache. Auch das Risiko für die koronare Herzkrankheit, den Schlaganfall und verschiedene hormonabhängige Krebsarten, wie Endometrium-, Ovarial-, Mamma- und Prostatakarzinom, erhöht sich mit steigendem Gewicht. Der einzige Vorteil einer Adipositas: Osteoporose tritt seltener auf.
Medikamentöse Unterstützung der Diät
Zur medikamentösen Unterstützung der Gewichtsabnahme wurden bis jetzt vor allem Substanzen eingesetzt, welche die Freisetzung der Neurotransmitter Serotonin und/oder Noradrenalin/Dopamin aus ihren neuronalen Speicherorten tördern. Bis vor kurzem standen Fenfluramin und Dexfenfluramin zur Verfügung. Diese Substanzen mußten vom Markt genommen werden, weil sie zu pulmonaler Hypertonie und Herzklappenveränderungen führen können. Sie erhöhen die Freisetzung des Neurotransmitters Serotonin. Hohe Serotoninspiegel führen zu einer Wandverdickung der Aorta. Außerdem wird die Proliferation der Myofibrillen gesteigert, Veränderungen der Herzklappen können ausgelöst werden. Dexfenfluramin kann bei Daueranwendung zu einer Verarmung von Serotonin im Gehirngewebe führen, die betroffenen Neuronen degenerieren.
Neuer Wirkstoff: Sibutramin
Die neue catecholaminerge und serotoninerge Substanz Sibutramin hat einen anderen Wirkungsmechanismus, der dem moderner Antidepressiva vergleichbar ist. Sibutramin hemmt die neuronale Wiederaufnahme von Noradrenalin und Serotonin, die Wiederaufnahme von Dopamin wird erst in deutlich höheren Konzentrationen verhindert. Da der Neurotransmitter Dopamin nicht am Wirkprofil beteiligt ist, kommt es nicht zu einer psychosomatischen Stimulation und Abhängigkeit wie bei Amphetaminen. Auch eine pulmonale Hypertonie ist nicht zu erwarten. Diese wird wahrscheinlich nur von Substanzen ausgelöst, die Neurotransmitterspeicher im Gehirn entleeren und dadurch Monoamin-Neurotransmitter freisetzen.
Sibutramin kann in Kombination mit einer Reduktionsdiät beim Abbau von Übergewicht helfen. Die Substanz führt zu einer Hemmung der Nahrungsaufnahme und einer Erhöhung der Körpertemperatur. Durch eine Steigerung der sympathoadrenergen Aktivität wird die Thermogenese im braunen Fettgewebe angeregt, der Energieverbrauch steigt.
Als Nebenwirkungen wurden bei der Anwendung von Sibutramin eine Tachykardie, Palpitationen, Vasodilatation, Insomnie und trockener Mund beobachtet. Bis jetzt kam es weder zu pulmonaler Hypertonie noch zu Herzklappenveränderungen.
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