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Pharmaverband: BPI rügt Verwaltungskosten der Kassen
Während einer Gesprächsrunde zur Gesundheitspolitik unter der Moderation des Journalisten Claus Hinrich Casdorff konstatierte Dewein ein "Demokratiedefizit" bei den gesetzlichen Krankenkassen. Problematisch sei die fehlende Kontrolle etwa der sehr selbständig agierenden Geschäftsführer, die häufig zu absolut vorgingen. Rolf Stuppardt, als Vorsitzender des Bundesverbands der Innungskrankenkassen-Vertreter der GKV, wies dies zurück. Die Aufsichtsämter von Bund und Ländern schauten intensiv auf die Krankenkassen. Brisante Äußerungen kamen vom Ärztevertreter Dr. Manfred Richter-Reichhelm. Der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin hielt die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Apothekern insgesamt zwar für gut, in Grenzbereichen jedoch noch für verbesserungswürdig. Darunter verstand der Arzt unter anderem die Überlegung in der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zu dispensierrechtähnlichen Regelungen in bestimmten Fällen. Die niedergelassenen Mediziner sollten die Möglichkeit bekommen, bei Ersteinstellungen Medikamente in den Praxen vorrätig zu halten und abzugeben. Bei Auftreten von Allergien beispielsweise könne der Arzt auf ein anderes Präparat übergehen, ohne Arzneimittelpackungen zu verordnen, die in solchen Fällen fast unverbraucht weggeworfen würden (siehe dazu AZ Nr. 22 und DAZ Nr. 21). Der Präsident der Bundesvereinigung deutscher Apothekerverbände Hans-Günter Friese lieferte sich mit Stuppardt einen Schlagabtausch bei der Frage nach neuen Vertriebsschienen für Arzneimittel. Während der IKK-Bundesvorsitzende neue Vertriebskanäle propagierte, forderte ihn Friese auf, eine Alternative zu benennen, die nachweislich so günstig sei und die Qualität aufweise wie die Versorgung über Apotheken. Würden einzelne Elemente wie Teleshopping oder Versand zugelassen, würde dies das bisherige System sprengen, ohne die Qualität der Versorgung zu verbessern.
Zuwenig oder zuviel Wettbewerb ? Dissens bestand bei den Teilnehmern in der Wettbewerbsfrage. Nach Ansicht des Kassenrepräsentanten war der Gesetzgeber nur "halb gesprungen", als er den Kassen Wettbewerb verordnete, aber die Strukturen auf der Anbieterseite (wie Ärzte und Apotheker) nicht antastete. Monopolartige Verhältnisse seien mitverantwortlich für ständige Mängel im Gesundheitswesen wie fehlende Qualitätssicherung und stetig wachsende Ausgaben, sagte Stuppardt. Dewein als Vertreter der Industrie konstatierte dagegen ein "Kartell" zwischen Ärzten und Krankenkassen. Zum Beispiel bei den neuen Strukturverträgen ließen beide Gruppen keine anderen Beteiligten an den Tisch, eine Meinung, der sich der ABDA-Präsident anschloß. Friese wandte sich in diesem Zusammenhang gegen einen schrankenlosen Wettbewerb im Gesundheitswesen, es müsse mehr an den Patienten gedacht werden.
Boni diskutiert Im Fokus der Diskussion standen darüber hinaus Bonusregelungen, die Ärzte an Einsparungen etwa bei Arzneimitteln beteiligen. Der KV-Chef verteidigte erwartungsgemäß solche Vereinbarungen, wie sie vor allem von Ortskrankenkassen auch in Berlin getroffen wurden. Da es Zeit koste, Patienten zum Beispiel von bestimmten Verordnungen abzubringen, müsse den Ärzten dieser Aufwand honoriert werden. Da das Geld nicht an einzelne Ärzte ausgeschüttet werde, sondern an die Mediziner in toto, seien solche Boni nicht zu beanstanden, meinte Richter-Reichhelm. BPI-Geschäftsführer Dewein sah darin ein ethisches Problem. Fraglich sei, wie die Ärzte begründen wollten, wenn sie Patienten eine Verordnung vorenthielten. Reine Einsparungen bei Medikamenten seien kein Maßstab für Qualitätssicherung, vielmehr müsse der Gesamtzusammenhang gesehen werden. Käme es beispielsweise zu vermehrten Einweisungen in Kliniken, resultierten sogar Mehrkosten für die gesetzliche Krankenversicherung. Überfällig sei eine Gesundheitsberichterstattung in Deutschland, meinte Dewein. Der Ärzterepräsentant pflichtete ihm insoweit zu, als auch er neue Strukturverträge für notwendig hielt, die auch die Reduzierung von Krankenhauseinweisungen enthielten. Dies würde sogar höhere Arzneimittelverordnungen für den ambulanten Sektor bedeuten, falls stationäre Aufenthalte vermieden werden könnten. Auch Stuppardt vom IKK-Bundesverband nannte isolierte Bonusregelungen für Teilsegmente bedenklich. Dann würden diejenigen, die die Versorgung benötigten, stigmatisiert. ABDA-Präsident Friese plädierte dafür, "mit" Arzneimitteln zu sparen, weil sie häufig eine kostengünstige Therapie darstellten.
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