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Wie geht es dem pharmazeutischen Großhandel?
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Herr Dr. Scheifele, wie schätzen Sie die Lage des pharmazeutischen Großhandels in Deutschland derzeit ein? Dr. Scheifele: Wir haben im ersten Halbjahr 1998, ähnlich wie in den Apotheken, nur ein ganz leichtes Umsatzplus, etwa 0,8 Prozent, feststellen können. Man muß dabei allerdings berücksichtigen, daß wir im Juni des vergangenen Jahres die hohen Vorzieheffekte hatten. Der Monat Juli läuft bisher gut, wir gehen davon aus, daß wir im zweiten Halbjahr doch noch eine Umsatzbelebung haben werden. Außerdem rechnen wir damit, daß ab September noch einige Innovationen auf den Markt kommen, die das Geschäft zusätzlich beleben, so daß wir, wenn wir das gesamte Jahr betrachten, mit einer Umsatzerwartung von plus drei bis vier Prozent rechnen. Damit kann, so glaube ich, die Branche gut leben.
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Glauben Sie, daß sich an der Marktstruktur des Großhandels in absehbarer Zukunft etwas ändern wird? Scheifele: In Deutschland haben wir schon seit langer Zeit festgefügte Marktstrukturen, ein Oligopol. Daran hat sich auch in den letzten Jahren nichts geändert.
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Sie rechnen also nicht mit weiteren Zusammenschlüssen von Großhandlungen? Dr. Scheifele: Da sehe ich lediglich ein Thema, nämlich einen möglichen Zusammenschluß zweier Großhandlungen, die kapitalmäßig miteinander verflochten sind, aber ansonsten sehe ich keine großen Zusammenschlüsse.
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Ist es denkbar, daß kleine Großhandlungen von großen aufgekauft werden? Dr. Scheifele: Ich sehe dies nicht als aktuelles Thema an. Nicht auszuschließen ist dagegen, daß auch ein ausländischer Großhändler auf den deutschen Markt drängt, zum Beispiel durch gezielte Akquisitionen. Da der deutsche Markt der größte Pharmamarkt in Europa ist, muß man dies in Betracht ziehen. So haben wir in Europa bisher sehr große Gruppierungen, die in Deutschland nicht vertreten sind, zum Beispiel die französische Alliance-Unichem.
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Könnten Sie sich vorstellen, daß diese Großhandelsgruppe Alliance-Unichem auf dem deutschen Markt Fuß faßt? Dr. Scheifele: Das ist vorstellbar. Außerdem ist es kein Geheimnis, daß die niederländische OPG vor kurzem ihre Chemieproduktion verkauft hat. Die Erlöse will OPG dazu verwenden, die Präsenz auf dem europäischen Markt auszubauen. Auch für die OPG ist sicherlich der deutsche Markt ein interessanter Markt. ? Dann wird es allerdings eng auf dem deutschen Markt. Dr. Scheifele: Ob dies auf den Markt Auswirkungen hat, weiß ich nicht, denn der Markt in Deutschland ist heute bereits verteilt, es ist ein geschlossener Markt. Ob sich dann durch Aufkäufe oder Fusionen etwas ändern wird, ist eine andere Frage.
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Ein Dauerbrenner-Thema für den pharmazeutischen Großhandel ist das Direktgeschäft. Stellt es derzeit ein Problem dar? Welche Tendenzen sehen Sie hier? Dr. Scheifele: Wir haben die Erfahrung gemacht, daß im Jahr 1997 das Direktgeschäft um über einen Prozentpunkt gestiegen ist, nämlich von 7 auf 8,2 %. Dabei ist nicht das Direktgeschäft im OTC-Bereich, also der klassische Bereich des Direktgeschäfts, angestiegen, sondern das Direktgeschäft im Bereich der verschreibungspflichtigen, innovativen und teuren Präparate. Hier gehen also Umsätze am Pharmagroßhandel vorbei. Nach der Spannenkappung ab 1. Juli 1998 wird genau zu prüfen sein, wie sich das Direktgeschäft weiterhin entwickelt.
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Wie beurteilen Sie den Wettbewerb der Großhändler in Deutschland untereinander? Ist er schärfer geworden? Dr. Scheifele: Ich glaube, daß die Wettbewerbsintensität in Deutschland traditionell schon immer sehr hoch war, sie hat aber sicherlich in den vergangenen Jahren tendenziell zugenommen. Das ist generell in solchen Märkten der Fall, wo das Umsatzwachstum ausbleibt. Das haben wir in den letzten Jahren auch in unserer Branche feststellen können.
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Vom Wettbewerb zum Rabatt: Wie stellt sich hier die Situation in der deutschen Pharmaszene dar? Werden zur Zeit hohe Rabatte gefahren? Dr. Scheifele: Aus Sicht des Phagros kann dies kaum beurteilt werden, da das Rabattgebaren ein eigenes Wettbewerbsinstrument einer jeden Firma ist.
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Wie sieht sich denn generell der pharmazeutische Großhändler in Deutschland: Will er in erster Linie Logistikunternehmer sein oder Dienstleistungsanbieter? Dr. Scheifele: Auch hier ist es für den Verband sehr schwierig, eine Aussage zu treffen. Die Strategien der Mitgliedsfirmen sind sehr individuell. Grundsätzlich gibt es zwei Wege, die beide erfolgversprechend sind. Da gibt es den Großhändler, der ein Full-Service-Konzept fährt, nämlich alle Dienstleistungen und Geschäfte rund um die Apotheke anbietet. Diesen Trend haben wir in der Branche sicherlich in den letzten Jahren festgestellt. Es ist ein Trend, der sich auch in anderen reifen Märkten entsprechend beobachten läßt. Gleichzeitig bin ich aber davon überzeugt, daß auch eine reine Konzentration auf das Kerngeschäft in Zukunft erfolgversprechend sein kann. Diese zwei unterschiedlichen Strategien werden sicher beide erfolgreich sein, da es auch unterschiedliche Kunden gibt.
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Soweit der Phagro intern. Der pharmazeutische Großhandel ist eingebunden in die große Gesundheitspolitik. Hier wird mit der 8. AMG-Novelle der Versandhandel in Deutschland gesetzlich verboten. Dennoch ist es nicht sicher, mit welchen Überraschungen wir auf europäischem Gebiet rechnen müssen. Gibt es noch keine Ruhe an der Front? Dr. Scheifele: Ich gehe davon aus, daß zunächst einmal Ruhe herrscht. Das Thema Versandhandel via Internet wird uns allerdings in den nächsten Jahren weiterhin beschäftigen. EG-Kommissar Bangemann hat dies ja mehrfach angesprochen. Man will sich jedoch bemühen, den Arzneimittelbezug via Internet in den Griff zu bekommen. Deutschland wird es sicherlich nicht zulassen, daß der Arzneimittelbezug auf diesem Weg ausgebaut wird.
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Erwarten Sie beim Thema Versandhandel Schwierigkeiten auf europäischer Ebene? Dr. Scheifele: Ich denke, daß die Politik in Brüssel sehr stark davon abhängt, wie bei uns in Deutschland die Wahlen im September ausgehen werden. Bisher versuchte Brüssel marktwirtschaftlich liberale Elemente zu verwirklichen, in Abhängigkeit von den dort regierenden Personen, die wiederum von den nationalen Regierungen abhängig sind. Wenn wir also in Deutschland einen Regierungswechsel bekommen, wird das sicherlich Rückwirkungen auf die Politik haben, die in Brüssel gemacht wird. Ich könnte mir vor diesem Hintergrund vorstellen, daß die nächsten Jahre dann in Brüssel weniger stark vom Marktliberalismus geprägt sind als vielmehr durch staatliche Interventionen und durch den Versuch, die Sozialsysteme anzugleichen.
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Wird sich die Frage zum Thema Fremd- und Mehrbesitz ähnlich beantworten lassen? Dr. Scheifele: Für den Erhalt des Fremd- und Mehrbesitzverbotes sehe ich in Deutschland keine Gefahr. Unter gesundheitspolitischen Gesichtspunkten können wir solche Besitzverhältnisse bei Apotheken nicht wollen.
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Werfen wir kurz noch einen Blick auf den Selbstmedikationsmarkt. Hier wird auch mit dem Inkrafttreten der Arzneimittelrichtlinien einiges für den deutschen Markt zu erwarten sein. Wie sehen Sie die Zukunft des Selbstmedikationsmarktes in Deutschland? Dr. Scheifele: Betrachten wir zunächst den Markt von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die verordnet werden, so sind hier deutliche Umsatzrückgänge festzustellen, vor allem seit Beginn der erhöhten Zuzahlung. Umsatzverluste werden z. T. kompensiert im Bereich des verschreibungspflichtigen Marktes. Beim klassischen Selbstmedikationsmarkt, beim Arzneikauf ohne vorherigen Arztbesuch, sind dagegen mit Sicherheit Wachstumsperspektiven zu sehen, ich würde ihn allerdings nicht überschätzen, da er sehr abhängig vom GKV-Markt ist. Aufgrund der erhöhten Zuzahlungen ist weniger Geld verfügbar für die klassische Selbstmedikation. Man wird diesen Markt also in Zukunft kritisch betrachten müssen hinsichtlich seines Wachstums. Deutliche Zuwächse dürfte es in diesem Markt erst wieder geben, wenn wir in Deutschland endlich wieder ein stärkeres, solides Wachstum bekommen mit höheren Löhnen. Für den Selbstmedikationsmarkt wird es also sehr wichtig sein, wie sich das gesamtwirtschaftliche Wachstum darstellt.
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Werden Aldi und andere Discounter noch zum Problem für die deutschen Apotheker? Dr. Scheifele: Das Produktionssortiment der freiverkäuflichen Arzneimittel, das bei ALDI im Regal steht, ist in den Apotheken sehr schwach vertreten. Ich denke, wirtschaftlich ist das kaum ein Problem. Aber wir sehen ein Problem darin, daß diese Discount-Angebote den Begriff des Arzneimittels selbst auf ein niedriges Niveau ziehen. Vor diesem Hintergrund vertreten wir im Phagro die Auffassung, daß der Begriff der freiverkäuflichen Arzneimittel grundsätzlich gestrichen werden muß. Arzneimittel sollen nur noch in der Apotheke erhältlich sein. Die Begriffe freiverkäuflich und Arzneimittel passen nach meiner Auffassung nicht zusammen. Ein Problem könnten Discounter und andere konsumorientierte Anbieter für die Apotheken im expandierenden Markt der Nahrungsergänzungsmittel werden. ! Herr Dr. Scheifele, vielen Dank für dieses Gespräch!
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