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Qualitätssicherung mit gesundem Menschenverstand

Ein Arbeitskreis des Verbandes aktiver Pharmaunternehmen e.V. (VAP) befaßte sich am 16. Juli 1998 in München mit dem Thema "Das pharmazeutische Qualitätssicherungssystem" (QSS).


Oberpharmazierat H.-F. Schalhorn, Berlin, und Pharmazierat K. Eichmüller, München, referierten als Vertreter der zuständigen Überwachungsbehörden über die gesetzlichen Grundlagen und Anforderungen an ein funktionierendes QSS und kamen dabei vor den Teilnehmern aus Generikaunternehmen zu einer äußerst pragmatischen Interpretation der gesetzlichen Regelungen.
Die wichtigste Vorschrift für die Behörden und den rechtsunterworfenen pharmazeutischen Unternehmer stellt neben anderen Regeln (z.B. EG-GMP-Richtlinie 91/356/EWG vom 13. 6. 1991) der §1a der PharmBetrV vom 13. 7. 1994 dar.
Demnach müssen Betriebe und Einrichtungen ein funktionierendes pharmazeutisches QSS betreiben, um sicherzustellen, daß die Arzneimittel die für den beabsichtigten Gebrauch erforderliche Qualität aufweisen; dabei ist die aktive Beteiligung der Geschäftsführung und der Fachabteilungen zwingend erforderlich.

Kein Patentrezept


Es wurde deutlich herausgearbeitet, daß es ein Patentrezept für ein funktionierendes QSS nicht geben kann und auch Musterhandbücher nur beschränkt verwendbar sind, weil jedes Unternehmen mit anderen Präparaten und unterschiedlichen Schwerpunkten und Zielsetzungen operiert.
Der pharmazeutische Unternehmer besitzt demnach trotz aller Vorschriften unternehmerische Freiheit hinsichtlich der Strukturierung und Gestaltung seines QSS bis hin zu dessen schriftlicher Abfassung.
Ob es sich dabei um ein Qualitätssicherungs-Handbuch oder um eine andere Dokumentationsform handelt, ist unerheblich, wenn Einleitung, Zweck, Begriffsbestimmungen, Aufgaben der Geschäftsleitung und der Fachabteilungen, Inhalte und Abläufe der Qualitätssicherung und Änderungskontrollen entsprechend den rechtlichen Vorgaben und mit klaren internen Definitionen ausreichend beschrieben sind.

Verbesserungen planen und umsetzen


Zweckmäßigerweise beginnt man zunächst mit einer Sammlung, Sichtung und Bewertung von im Unternehmen bereits vorhandenen Beschreibungen, ordnet diese einem Gliederungssystem zu und erkennt dabei Regelungslücken, die es problemgerecht aufzufüllen gilt.
Nach dem Prinzip des "ständigen Verbesserns" über Kommunikation und Kooperation unter Zuhilfenahme des PDCA-Zyklus (plan = Planen einer Verbesserung, do = Ausführen der Verbesserungsmaßnahme, check = Überprüfen auf Wirksamkeit, act = umsetzen, standardisieren) wird dabei ein "lebendiges Buch" entstehen, das ständig fortgeschrieben werden kann.
Weiterhin kann man sich der Inhalte und Ausformulierungen der Verantwortungsabgrenzungsverträge mit Auftragsfertigern bedienen oder auf vorhandene interne SOPs verweisen.
Eine derartige Dokumentation ist deshalb idealerweise eine individuelle Sammlung von Wissen und Know-how eines Unternehmens, in der die Gesamtheit aller vorgesehenen Maßnahmen, die getroffen werden, niedergelegt ist, um die erforderliche Arzneimittelqualität und -sicherheit zu gewährleisten.
Insofern sind in ein QSS die Arzneimittelentwicklung, die Lieferantenbewertung, alle Fertigungsschritte und Validierungen, Auditierungen, Selbstinspektionen, die Prüfmittelüberwachung, Stellenbeschreibungen, Beanstandungen und Reklamationen bis hin zur Kostenrechnung eingeschlossen, so daß ein funktionierendes QSS kein "Papiertiger" mit bloßem Selbstzweckcharakter, sondern vielmehr ein geeignetes Managementinstrument für eine betriebswirtschaftlich orientierte Unternehmensführung ist.
Wer sich als pharmazeutischer Unternehmer an diesen Grundsätzen mit gesundem Menschenverstand orientiert und dabei die adäquaten Regelungen im Arzneimittelrecht und in den einschlägigen EG-Vorschriften berücksichtigt, kann auf Zertifizierungen gemäß der DIN-ISO-Normenreihe 9000-9004 verzichten.
In diesem VAP-Arbeitskreis erwiesen sich die Referenten aus den Überwachungsbehörden im Sinne des Gesamtergebnisses als Partner der Pharmaindustrie und somit als problemorientierte Berater für die Unternehmen.
Dr. Wilfrid Herrmann, Laupheim

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