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Gefahr durch Designerdrogen
Als Einstieg in die Veranstaltung diente ein Videofilm über die Techno- und
Raveszene in Zürich. Dabei bekam das Auditorium dank der guten Tontechnik einen nachhaltigen Eindruck, wie die aktionsorientierte und teilweise aggressive Musik auf die mit Drogen aufgeputschten Discobesucher zusätzlich stimulierend wirkt.
Dr. Karsten Albert, Leiter des zentralen Prüflaboratoriums des Deutschen Arzneimittel-Codex, gab einen umfassenden Überblick zu den aktuell konsumierten Drogen in der Szene. Insbesondere ging er dabei auf Ecstasy ein:
Dies ist keine homogene, qualitativ definierte Substanz. Vielmehr werden
neben Methylendioxymethamphetamin (MDMA) auch verwandte Stoffe
wie Methylendioxyethylamphetamin (MDE) und Methylendioxyamphetamin (MDA) als Ecstasy gehandelt.
Insgesamt befinden sich über 100 Ecstasy-Präparate auf dem Markt, die teilweise weitere pharmakologisch aktive Zusätze enthalten (z.B. Coffein, ASS, Chinin, Testosteron und Yohimbin). Als fatal erwies sich in der Vergangenheit die Beimischung von hochtoxischem Methylendianilin, einem Stoff aus der Farben- und Kunststoffindustrie. Da er wie Methylendioxyamphetamin die Abkürzung MDA besitzt, dürfte er durch Verwechslung in einzelne Chargen von Ecstasy-Tabletten gelangt sein.
Ecstasy wirkt langfristig toxisch (Tachykardie, Leber- und Nierenschäden, neurotoxische Spätfolgen) und kann eine irreversible Veränderung der Persönlichkeitsstruktur verursachen. In diesem Zusammenhang sind bereits erste Todesfälle aufgetreten, besonders als Folge drogeninduzierter Unfälle.
Ecstasy kommt ausschließlich in Form von Tabletten auf den Markt, die in den Niederlanden, Polen und Deutschland zu Pfennigpreisen hergestellt und in Diskotheken zu einem Stückpreis bis zu 40 DM gehandelt werden.
Dr. Albert wies auf das Serviceangebot aller Apotheken hin, Verdachtsproben anzunehmen und in zentralen Prüflaboratorien exakt und kostengünstig analysieren zu lassen.
Der Psychologe Rolf Günther vom Drogenreferat des Schulpsychologischen Dienstes der Hansestadt Bremen ging auf die psychologischen Hintergründe der Drogensucht im allgemeinen sowie der Party- und Discoszene im besonderen ein. Er konstatierte beim Drogenkonsum ein stetig abnehmendes Einstiegsalter. Die frühzeitige Abhängigkeit von Designerdrogen korreliert eng mit der Entwicklung einer späteren Medikamenten- und Alkoholabhängigkeit; Ecstasy erweist sich zudem als Einstiegsmedium zu härteren Drogen. Durch das Abtauchen der Jugendlichen in eine Scheinwelt baut sich eine Circulus vitiosus auf, der später nur noch sehr schwierig zu durchbrechen ist.
Dr. M. Cramer
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