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Die Apotheke hat noch Chancen
Die von der Politik geplante Gesundheitsreform 2000 werde einen verstärkten Druck auf die Arzneimittelpreise auslösen, es werde zu Ausgabenbegrenzungen in der gesetzlichen Krankenversicherung kommen. Eigentlich, so Mattenklotz, seien die Vorhaben einer sozialdemokratischen Politik bereits seit 1996 bekannt, nämlich Einführung der Positivliste, Stärkung der ambulanten Behandlung im Krankenhaus, Preisverhandlungen für Arzneimittel zwischen Krankenkassen und Industrie, Stärkung des Hausarztes, Stärkung der Patientenrechte und Verbesserung der Qualitätssicherung sowie Globalbudgets. Die jetzt vorgelegten Eckpunkte zeigten, dass die Regierung an diesem Programm festhalten wolle. Sie werde auch an der paritätischen Finanzierung des Gesundheitssystems und am Solidar- und Sachleistungsprinzip festhalten. Groß geschrieben werde die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen, um zu verhindern, dass sich manche Anbieter Wettbewerbsvorteile ergattern, indem sie billige, aber schlechte Leistungen anbieten. Überzeugt zeigte sich Mattenklotz auch davon, dass Arzneimittelrichtlinien kommen werden.
EU beeinflusst Apothekenszenario
Die Entwicklung in der Europäischen Union wird das Apothekenszenario der Zukunft entscheidend beeinflussen. Denn, so der Präsident der Apothekerkammer Nordrhein, der europäischen Währungsunion müsse eine europäische Sozialunion folgen: -Die Macht des Faktischen ist so stark, dass die Gesundheitssysteme zusammenwachsen werden. Durch die Einführung des Euro wird sich Europa nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht weiterentwickeln, sondern auch auf sozialer Ebene.
Die Prognose von Mattenklotz zum Thema Arzneimittelpreise in Europa: In Deutschland werden die Preise kaum noch steigen, es kommt eher zu Preissenkungen. Außerdem wird man an einen Punkt gelangen, wo man über eine neue Honorierung des Apothekers nachdenken wird, da die aus den Arzneimittelpreisen erzielten Einnahmen nicht mehr kostendeckend sind.
Versorgung von Altenpflegeheimen: Gefahr für die Apotheke
Eine Gefährdung des Vertriebswegs Apotheke sieht Mattenklotz in dem Berliner Gesetzesantrag, der zum Ziel hat, Altenpflegeheime auch von Krankenhausapotheken versorgen zu lassen. Hier stehe das Apothekenvertriebssystem generell auf dem Prüfstand. Wie aus dem Gesetzesantrag hervorgehe, seien die Rabatte der Industrie an Krankenhausapotheken ein Grund für die Öffnung der Krankenhausapotheke. Öffentliche Apotheken hätten hier keine Chance, bei einer Belieferung von Altenheimen im Preis mitzuhalten. Mattenklotz räumte allerdings Nachlässigkeit seitens der Apotheker bei der Versorgung von Altenpflegeheimen ein. Nach seiner Auffassung hätte dieses Gebiet von den Apothekern selbst schon besser geregelt werden müssen. Durch die mangelhafte Überwachung der Arzneimittelabgabe an die Patienten in Altenpflegeheimen komme es immer wieder zu Fehlmedikationen und Arzneimittelzwischenfällen. Hier müssten sich die Apotheker viel stärker einbringen und ihre pharmazeutischen Leistungen einbringen.
Bei QMS vorher mit den Kassen reden
Gedanken machen sollten sich die Apotheken über ein Qualitätsmanagementsystem. Die Kammer Nordrhein gehe hier einen anderen Weg als z. B. die Kammern von Niedersachsen oder Baden-Württemberg: Man versuche zunächst, von den Kassen zu erfahren, was sie sich von einem Qualitätsmanagementsystem (QMS) der Apotheken erwarten, was sie sich vorstellen, dass die Apotheke hier leisten könne, und danach werde man ein solches System einrichten. Dies beinhalte eher die Chance, dass die Apotheke hierfür eine besondere Vergütung bekomme, wenn die Anforderungen der Kassen erfüllt würden, so Mattenklotz.
Apotheker sind die Gesundheitsberater
Nicht ungefährlich sind darüber hinaus Entwicklungen in der pharmazeutischen Industrie. Hier sind Überlegungen auszumachen, wie Arzneimittel zum Teil unter Umgehung der Apotheke an den Patienten gebracht werden können. Es gibt Bestrebungen der Industrie, die Patienten selbst zu beraten, Selbsthilfegruppen zu betreuen und Werbeverbote in Richtung Patienten aufzuheben. Das Interesse der Industrie sei, dass die Verbraucher mehr Arzneimittel kaufen sollten. Dagegen sei das Interesse der Politik in erster Linie der Verbraucherschutz. Die Apotheken hätten hier also, so Mattenklotz, die Chance, Unterstützung von der Politik zu bekommen, wenn sie ihre Beratungsaufgaben gegenüber den Patienten ernst nehmen. Bereits auf dem letzten Apothekertag habe die Apothekerkammer Nordrhein einen Antrag gestellt, Pharmaceutical Care in der Apothekenbetriebsordnung zu verankern. Mittlerweile liege ein Papier der ABDA vor, das diesen Antrag im Zusammenhang mit der Gestaltung einer neuen Apothekenbetriebsordnung unterstütze.
Ziel der Apotheken müsse es jetzt sein, der Politik zu verdeutlichen, dass rund 22000 Apotheken auch 22000 Gesundheitszentren seien und mit rund 60000 Apothekern auch 60000 Gesundheitsberater zur Verfügung stünden. l
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