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Drogen- und Suchtmedizin: Alarmierender Anstieg der Drogentoten

HANNOVER (dgds). Nach der Veröffentlichung der wieder erheblich gestiegenen Drogentoten im Jahr 1998 ist es nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Drogen- und Suchtmedizin (DGDS) dringend geboten, eine Ursachenanalyse dieser dramatischen Entwicklung vorzunehmen.

Schon im Laufe des Jahres 1998 wurde aufgrund einzelner Mitteilungen offenkundig, daß in bestimmten Schwerpunktregionen, insbesondere im süddeutschen Bereich, ein Anstieg der Drogentoten zu verzeichnen war. Alleine für Bayern ist eine Steigerung um knapp 50% festzustellen.

Nach Einschätzung der DGDS ist eine der Hauptursachen die zum 1.Februar 1998 in Kraft getretene Unterstellung von Codein und Dihydrocodein unter das Betäubungsmittelgesetz. Bis dato waren in Deutschland und hier überwiegend in den süddeutschen Bundesländern ca. 30000 Heroinabhängige mit Codein substituiert worden, allerdings häufig nicht unter Bedingungen, die für eine qualifizierte Substitutionsbehandlung gelten. Im Ergebnis haben eine Reihe von Ärzten Substitutionsbehandlungen mit Codein eingestellt, und die Patienten waren gezwungen, sich andere Behandlungsmöglichkeiten zu suchen. Da insbesondere im süddeutschen Raum keine genügende Anzahl von Ärzten für die Übernahme dieser Patienten zur Methadonsubstitution zur Verfügung stand, ist ein großer Teil der Patienten wieder auf den illegalen Schwarzmarkt angewiesen gewesen, nur ein geringer Teil ist durch Methadonsubstitution weiter behandelt worden oder trat eine Entgiftungs- und anschließende Entwöhnungstherapie an. Diese bedauerliche Entwicklung ist in der Stellungnahme der DGDS an den damaligen Gesundheitsminister vorausgesehen worden.

Ein weiterer wichtiger Grund liegt in der Tatsache, dass der zuständige Bundesausschuß Ärzte/Krankenkassen die seit Jahrzehnten etablierte Behandlungsmethode der Heroinabhängigkeit mit geeigneten Medikamenten (z.B. Methadon, Dihydrocodein) immer noch nicht als geeignete Behandlungsmethode der Heroinabhängigkeit anerkannt hat und durch die Definition in den sogenannten NUB-Richtlinien erheblich eingeengt und erschwert hat. Dieses Verhalten, insbesondere der Krankenkassen, ist sehr kurzsichtig, da die ambulante Behandlung der Heroinabhängigkeit mit Opioiden langfristig kostengünstiger ist als die aufwendige Behandlung von stationären Notfallbehandlungen und teueren Behandlungen von Folgekrankheiten wie Aids und HepatitisB undC.

Die Bereitschaft von Ärzten, sich der gesellschaftlich so wichtigen Übernahme von der Behandlung von Drogenkranken zu widmen, ist durch mehrere Vorgaben erheblich gedrückt worden:

  • durch die aufwendigen reglementierenden Bestimmungen der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung einschließlich der Kriminalisierung der substituierenden Ärzte
  • sowie wegen der schikanösen Überprüfungspraxis der substituierenden Ärzte durch einige Kassenärztliche Vereinigungen.

Um auch im Jahre 1999 nicht ein weiteres Ansteigen der Drogentoten feststellen zu müssen, bittet der Vorstand der DGDS dringend alle Verantwortlichen, geeignete Schritte zu unternehmen, um eine Verbesserung der Behandlung von Suchtkranken in Deutschland zu erreichen:

  • Entkriminalisierung suchtkranker Patienten und behandelnder Ärzte durch Änderung des Betäubungsmittelrechtes
  • Entbürokratisierung durch Abschaffung der NUB-Richtlinien
  • Anerkennung der Substitutionsbehandlung mit Opioiden als geeignete Behandlungsmethode durch die gesetzlichen Krankenkassen
  • Sicherstellung von ausreichenden Behandlungsplätzen flächendeckend für suchtkranke Patienten durch die Kassenärztlichen Vereinigungen
  • Heroinverschreibung an bisher nicht erreichte oder nicht erfolgreich behandelbare Heroinabhängige
  • Finanzierung der psychosozialen Betreuung im gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen
  • Intensivierung von Fort- und Weiterbildungsangeboten
  • Strukturierung durch die Ärztekammern mittels -Leitlinien zur Qualifizierung der behandelnden Ärzte und -Aufbau eines organisierten Konsiliararztsystems zur permanenten Standardisierung und als Rückhalt für nicht spezialisierte Ärzte
  • Finanzielle Förderung von ambulanten und stationären Behandlungseinrichtungen für Suchtkranke
  • Beschleunigung der Finanzierungszusagen für Entwöhnungstherapien
  • Finanzielle Förderung der Prävention und Forschung der suchtmedizinischen Fragestellungen.

Die Deutsche Gesellschaft für Drogen- und Suchtmedizin ist bereit, mit Verantwortlichen für drogenpolitische und suchtmedizinische Fragestellungen einen konstruktiven Dialog zu führen.

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