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Arzneimittel und Therapie
COX-2-Inhibitoren: Celecoxib und Rofecoxib sind magenverträglicher als konventi
Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) gehören zu den meistgebrauchten Arzneimitteln. Sie wirken analgetisch und antientzündlich, indem sie die Cyclooxygenase hemmen und so die Prostaglandinsynthese herabsetzen. Konventionelle NSAR hemmen nicht nur die Synthese entzündlicher Prostaglandine, sondern auch die Bildung von Prostaglandinen mit regulatorischen und zellschützenden Wirkungen. Dadurch kann die Magen-Darm-Schleimhaut geschädigt werden, was zu Geschwüren und in seltenen Fällen auch zu Komplikationen wie Blutungen und Perforationen führen kann.
Säurehemmer oder Misoprostol schützen die Magenschleimhaut
Wie kann man Patienten, die NSAR einnehmen, vor diesen Komplikationen schützen? Bisher wurde zusätzlich zum Antirheumatikum ein Säurehemmer (z.B. ein Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol) oder das Prostaglandinanalogon Misoprostol gegeben. Ein neuer Weg ist die Verordnung eines nichtsteroidalen Antirheumatikums, das selektiv die Synthese der für die Entzündung verantwortlichen Prostaglandine hemmt und die Synthese der übrigen Prostaglandine möglichst unbeeinflusst lässt. Entscheidend für die Entwicklung solcher Arzneistoffe war die Erkenntnis, dass es zwei Isoformen der Cyclooxygenase gibt:
- Die Cyclooxygenase vom Typ 1 (COX-1) kommt physiologischerweise im Magen-Darm-Trakt, in Nieren und Thrombozyten vor und spielt hier eine wichtige Rolle.
- Die Cyclooxygenase vom Typ 2 (COX-2) kommt normalerweise nur in niedriger Konzentration in den Nieren und anderen Organen vor. Als Reaktion auf eine Entzündung kann sie im ganzen Körper vermehrt gebildet werden.
Selektive COX-2-Hemmer schonen den Magen
Zwei selektive COX-2-Hemmer sind in den USA bereits zugelassen: Celecoxib (Celebra®) und Rofecoxib (Vioxx®). Celebra ist in den USA zur Zeit das am meisten verordnete neue Arzneimittel. Ist das Aufsehen um die neuen NSAR gerechtfertigt? Die relative COX-2-Selektivität wurde bisher nur in vitro bestimmt, und zwar in Zellkulturen, an gereinigten Enzymen oder nichenschlichem Gewebe. Eine erste Untersuchung an gesunden Freiwilligen ergab kürzlich, dass Celecoxib und Rofecoxib COX-1 im Magen tatsächlich stärker schonen als konventionelle NSAR. Ob die beiden selektiven COX-2-Hemmer tatsächlich weniger Nebenwirkungen auf den Magen-Darm-Trakt haben, wurde kürzlich in einer großen randomisierten Doppelblindstudie und einer gemeinsamen Auswertung von acht randomisierten Doppelblindstudien untersucht.
Celecoxib ist besser als Naproxen
In der randomisierten Doppelblindstudie an 1149 Patienten mit chronischer Polyarthritis wurde Celecoxib mit Naproxen und Plazebo verglichen. Die Studie fand an 79 Zentren in den USA und Kanada statt. Die Patienten bekamen 12 Wochen lang zweimal täglich 100, 200 oder 400 mg Celecoxib, zweimal täglich 500 mg Naproxen oder Plazebo. Verglichen wurden nicht nur die analgetische und antientzündliche Wirksamkeit, sondern auch die Zahl der endoskopisch sichtbaren Ulzera im Magen und Zwölffingerdarm und die Häufigkeit gastrointestinaler Nebenwirkungen.
688 Patienten (60%) behielten die Behandlung bis zum Studienende bei. Sowohl Naproxen als auch sämtliche Celecoxib-Dosierungen verbesserten die Gelenkentzündungs-Symptome im Vergleich zu Plazebo. Die maximale analgetische und antientzündliche Wirkung war bereits nach zwei Wochen erreicht und hielt zwölf Wochen lang an. Endoskopisch sichtbare Geschwüre traten bei 26% der mit Naproxen Behandelten, bei 5% der mit Celecoxib Behandelten und bei 4% der mit Plazebo Behandelten auf. Die Ulkushäufigkeit unterschied sich nicht zwischen den Celecoxib-Dosierungen.
Nur eine einzige schwere Ulkuskomplikation trat auf: Bei einer mit Naproxen behandelten Patientin kam es zum teilweisen Verschluss des Magenausgangs. Insgesamt litten 31% der mit Naproxen Behandelten, 26% der mit Celecoxib Behandelten und 19% der mit Plazebo Behandelten an gastrointestinalen Nebenwirkungen.
Die Studie belegt, dass Celecoxib im Hinblick auf endoskopisch sichtbare Ulzera im Magen und Zwölffingderdarm besser verträglich ist als das konventionelle NSAR Naproxen. Selbst mit der höchsten Dosis, die dem Vierfachen der empfohlenen Dosis entspricht, traten gastrointestinale Ulzera nicht häufiger auf als mit Plazebo. Endoskopisch sichtbare Ulzera sind allerdings nur ein Ersatzparameter für Ulkuskomplikationen.
Weniger Ulkuskomplikationen mit Rofecoxib
Ob unter einem selektiven COX-2-Hemmer tatsächlich weniger Ulkuskomplikationen auftreten, wurde in einer prospektiv geplanten, gepoolten Analyse von acht randomisierten Doppelblindstudien (allen Phase-IIb/III-Studien) mit Rofecoxib untersucht. Insgesamt nahmen 5435 Osteoarthritis-Patienten daran teil. Sie bekamen Rofecoxib in einer Tagesdosis von 12,5, 25 oder 50 mg, Ibuprofen (dreimal täglich 800 mg), Diclofenac (dreimal täglich 50 mg) oder Nabumeton (täglich 1500 mg).
Die Studien im Einzelnen waren:
- eine sechswöchige Dosisfindungsstudie,
- zwei sechswöchige Wirksamkeitsstudien gegen Ibuprofen und Plazebo,
- zwei Wirksamkeitsstudien gegen Diclofenac über ein Jahr,
- zwei sechsmonatige endoskopische Studien gegen Ibuprofen und Plazebo,
- eine sechswöchige Wirksamkeitsstudie gegen Nabumeton und Plazebo.
Die Rofecoxib-Patienten nahmen im Mittel täglich 24,7 mg Rofecoxib ein, was der höchsten empfohlenen Tagesdosis für Osteoarthritis (25 mg) entspricht. Die kumulative Inzidenz von Ulkuskomplikationen (Durchbrüche, schmerzhafte Ulzera, blutende Ulzera) für Rofecoxib wurde mit konventionellen NSAR verglichen. Sie betrug über zwölf Monate 1,3% für Rofecoxib gegenüber 1,8% mit anderen NSAR.
Demnach traten in diesem Zeitraum Ulkuskomplikationen mit einer Häufigkeit von 1,33 pro 100 Patientenjahre für Rofecoxib gegenüber 2,6 pro 100 Patientenjahre für nichtselektive NSAR auf. Dies entspricht einem relativen Risiko von 0,51 für Rofecoxib. Dyspeptische Nebenwirkungen betrafen innerhalb von sechs Monaten 23,5% der mit Rofecoxib gegenüber 25,5% der mit konventionellen NSAR Behandelten. Danach näherten sich die Nebenwirkungsraten an. Insgesamt brachen 3,5% der Rofecoxib-Patienten und 4,8% der übrigen NSAR-Patienten die Behandlung wegen Nebenwirkungen ab.
Nur für Hochrisikopatienten sinnvoll
Erfahrungsgemäß tragen Patienten mit chronischer Polyarthritis ohne besondere Risikofaktoren für NSAR-induzierte Ulzera nur ein 0,4%iges Risiko für eine Ulkuskomplikation. Bei einer Halbierung des Risikos ließe sich erst durch Ersatz konventioneller NSAR durch COX-2-Hemmer bei 500 Patienten eine einzige Ulkuskomplikation verhindern. Hier sprechen die hohen Kosten eher gegen die Anwendung der COX-2-Hemmer.
Anders ist die Situation bei Hochrisikopatienten: 75-Jährige mit einer Ulkus- und gastrointestinalen Blutungsanamnese haben ein 5%iges Risiko für eine erneute Ulkuskomplikation unter NSAR. Hier ließe sich bei einer Risikohalbierung bereits durch Behandlung von 40 Patienten mit COX-2-Hemmern eine Ulkuskomplikation verhindern.
Für COX-2-Hemmer muss also neben vergleichbarer Wirksamkeit und besserer Verträglichkeit auch die Kosteneffektivität belegt werden. Auch ein direkter Vergleich mit einer Kombinationstherapie aus konventionellem Antirheumatikum und Magenschutz (Protonenpumpenhemmer oder Misoprostol) wurde noch nicht durchgeführt.
Literatur: Langmann, M. J., et al.: Adverse upper gastrointestinal effects of rofecoxib compared with NSAIDS. J. Am. Med. Assoc. 282, 1929-1933 (1999). Peterson, W. L., B. Cryer: COX-1-sparing NSAIDS - is the enthusiasm justified? J. Am. Med. Assoc. 282, 1961-1963 (1999). Simon, L. S., et al.: Anti-inflammatory and upper gastrointestinal effects of celecoxib in rheumatoid arthritis. J. Am. Med. Assoc. 282, 1921-1928 (1999).
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